Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Römischer Meilenstein, errichtet unter Kaiser Caius lulius Verus Maximinus (235-238 n. Chr.) ein Zeugnis einer Stadtverkleinerung der Spätzeit handeln könnte.^s Ein weiterer und wesentlicher Ausbau dürfte zur Zeit Kaiser Caracaiias (211-217) mit der Rangerhöhung zur Coionia erfolgt sein. Das vom Über schwemmungsgeschiebe bedeckte Gräber feld ,,Marktgelände" und das Gräberfeld ,,Mit te" sind vermutlich einfach überbaut worden.^s Die Errichtung der Stadtmauer, die ein unre gelmäßiges Viereck von etwa 90 Hektar umschioß, wird mit der Alemannengefahr in Zu sammenhang gebracht und könnte etwa zur Zeit Caracaiias erfolgt sein."® Diese Mauer war bis zu 140 cm stark, besaß vorspringende Türme und war durch bis zu vier vorgelegte Gräben geschützt."' Sie verlief im Osten im Bereich der Adler- und Roseggerstraße, im Norden entiang der Schubertstraße bis zur Quergasse und im Westen entiang der Bern hardin- und Feldgasse."2 Der Südabschnitt konnte grabungsmäßig noch nicht festgestellt werden, wird aber wohl in der Gegend des Mühlbaches bestanden haben."^ Lothar Eck hart ist für den Hinweis zu danken, daß die Traun mit ihren Nebenarmen für eine Fortifikation im Süden Ersatz geboten haben könnte. Selbstverständlich mußten bei dieser Stadt erweiterung auch neue Grabstätten geschaf fen werden, so daß damals die Gräberfelder ,,Ost" und ,,West" entstanden sein dürften. Der Verlauf der Salzburger-, Eisenhower- und Dr.-Groß-Straße folgt übrigens noch heute der antiken Hauptdurchzugsstraße."" Das römische Wels konnte, da die Siedlung später mehrfach überbaut wurde, archäolo gisch nicht systematisch erfaßt werden, son dern man ist fast ausschließlich auf Zufailsfunde aniäßlich von Bauarbeiten angewiesen. Eine ungefähre Vorstellung mag der Lageplan des römischen Wels geben, der durch Kurt Holter im bereits vorzitierten Städteatlas, Band Wels, auf den letzten Stand gebracht worden ist. Die Stadtfläche wird demnach nach „allgemein verbreitetem römischen Brauch""® von sich rechtwinkelig kreuzenden Straßen durchzogen. Reste dieses Straßenund Mauerwerkes bzw. Teile verschiedenster Gebäude wurden in erhebiicher Anzahl ge funden. Noch immer aber fehlen die Standort bestimmungen des Forums und Kapitols, be züglich deren Existenz nur vage Vermutungen bestehen."® Der Bestand eines Amphitheaters und eines öffentiichen Bades darf angenom men werden."^ Eine Wasserieitung führte von Aschet, also vom Süden her, in das Stadtge biet und ist in zwei Ausbauphasen grabungs mäßig belegt. Im römischen Stadtgebiet beweisen verschie denste Bodenfunde eine rege Handwerkstä tigkeit, wie Töpfer, Fleischer, Zimmerleute, Sattler, Maurer, Hafner, Bronzegießer und Schmiede."® Die mit Feuer arbeitenden Berufe I % - hauptsächiich Metailhandwerker - waren, den Bodenfunden nach zu schließen, im Westteii der heutigen Rablstraße konzen triert."® Verschiedene Magazinbauten konn ten im Nordwesten der Römersiedlung bestä tigt werden.®" Im Laufe des 4. Jahrhunderts muß es zu einem Absinken der Bedeutung des römischen Wels gekommen sein. In der Lebensbeschreibung des hl. Severin wird Ovilabis nicht mehr er wähnt. Über das Schicksal der Stadt ist uns ab dem 4. Jahrhundert bis zum Abzug der Romanen un ter Odoaker wenig überliefert. Als Staatsge bilde hat Noricum ripense im Jahre 488 aufge hört zu bestehen. Sicher aber ist, daß eine Restbevölkerung im Lande blieb und die Sied lungskontinuität über die Völkerwanderung hinaus bewahrte. Allerdings wird man die Stadt, die nicht mehr die erforderlichen Le bensgrundlagen bot und dem Verfall preisge geben war, verlassen und wohl ehereinen Le bensunterhalt auf dem flachen Land gefunden haben. Die Stadtorganisation Das römische Wels wird ais ,,verkehrsgeo graphisch überiegt ausgesuchte frühkaiserzeitliche Siedlung"®' bezeichnet, die, wie ein gangs schon erwähnt, unter Hadrian zum Municipium Aeiium Ovilabis und unter Caracalla zur Coionia Aurelia Antoniniana Ovilabis auf stieg. In seiner Eigenschaft als Chef der provinzialen Zivilverwaltung hat zumindestens zeitweilig®® der Legionslegat hier amtiert. Eine Aufgabe des aiten Sitzes der Statthalterei in Virunum auf dem Zolifeld bei Klagenfurt ist aber nicht eingetreten,®® obgleich wohl ein Teil der Stat thaltereiämter nach dem wichtigen Etappenort Ovilabis verlegt worden sein wird.®" Nach der Aufgabe der Gesamtprovinz Noricum und des Verwaltungszentrums Virunum als Folge der diokletianisch-konstantinischen Heeres- und Provinzialreform dürfte in üfernoricum Ovila bis der Sitz des Zivilstatthalters (praeses) ge wesen sein, während der Militärkommandant des norisch-oberpannonischen Limesab schnittes seine ,,Kommandozentrale"®" in Lauriacum besaß, was aber über eine ,,kom petenzmäßige Vorrangstellung der einen oder der anderen (Stadt) nichts aussagt".®® Die Tatsache, daß die römische Stadt eins war mit einem meist flächenmäßig recht ausge dehnten Landkreis, ist ebenfalls weiter oben schon behandelt worden. Die politische Venwaitung von Ovilabis lag in den Händen begüterter Grundbesitzer, die aus ihrer Mitte die Funktionäre wählten. Sie bildeten einen Gemeinderat (ordo decurionum) von einhundert Mitgliedern.®® Diese ein hundert Stadtvertreter wählten nun aus dem

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