Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Kunsthandwerk in Weis Goldschmiede - Zinngießer - Kartenmaier Georg Wacha Soll ein namhafter Künstler aus Wels in der Kunstgeschichte genannt werden, so denkt man wohl zuerst an den bedeutenden Ba rockmaler und Freskanten Wolfgang Andreas Heindl. In den Augen seiner Zeitgenossen zählte er allerdings kaum zu den Virtuosen seines Faches, da ihm auch die Schulung bei einem Italiener fehlte. Er blieb durch seine bürgeriiche Stellung, zuerst als Hausmeister des Kremsmünsterer Stiftshofes in Wels, dann als Welser Gastwirt auf einem festgegründe ten Boden für die Ausübung seiner Tätigkeit. Sicher war er den zeitgenössischen ,,Akade mikern", wie etwa den beiden Altomonte, un terlegen, er erhielt auch z. B. in Spital am Pyhrn oder in Wilhering nicht die Großaufträge für die Freskendekorationen der betreffenden Kirchen, er konnte sich aber in den Klosterkir chen von Passau, Niederaltaich und Metten gegen seine Konkurrenten behaupten. Die volkstümliche Komponente seiner Kunst war bedeutend und es liegt wohl darin begründet, daß er sich gerade in bayerischen Klöstern mehr in Szene setzen konnte, suchten doch die oberösterreichischen Privaten noch den Abglanz der Wiener Hof kunst. Im Jahre 1757 - im gleichen Jahr, als in St. Pölten Daniel Gran beigesetzt wurde-, trug man auch in Wels den bürgerlichen Maler Wolfgang Andreas Heindl zu Grabe.1 Auf dem Gebiet der Bildhauerei im Wels der Barockzeit war Joseph Ignaz Mähl, geboren als Sohn des Bildhauers Leopold Mähl in Linz 1713, der bedeutendste. Fünf Jahre bemühte er sich, die Mitbürgerschaft in Wels zu erwer ben, 1742 trat er eine Stelle als Hausmeister im Salburgschen Palais an, konnte sich erst später wieder eine neue Existenz aufbauen und starb in Wels am 30. April 1779 als bürger licher Bildhauer.2 Aber nicht mit Malern, Bildhauern oder Baumeistern^ soll sich dieser Beitrag beschäfti gen, er ist der Tätigkeit der wenig beachteten Kunsthandwerker gewidmet, die durch die Metallbearbeitung, den Druck, durch das Schnitzen von Holzmodeln zum Kunstleben der Zeit Wesentliches beigetragen haben. Es ist erstaunlich, wie vergänglich das Wirken der Goldschmiede ist. Man kann zwar aus Rechnungen eine Unmenge von Nachweisen über ihre Tätigkeit gewinnen, nur wenige Ob jekte haben aber die verschiedenen Einschmelzungen, Plünderungen, Abgaben etc. und insbesondere den Wandel des Ge schmacks überstanden. Von den Welser Goldschmieden wußte man zuerst Verschie denes durch die Notizen von Pater Bernhard Pösinger (1877-1921)." Dieser war Professor für Geschichte und Geographie am Stiftsgym nasium in Kremsmünster und betreute von 1907 bis 1921 das reiche Archiv des Stiftes, das damals in neuen Räumen untergebracht wurde. Pösingers Auszüge aus den Kamme reirechnungen, lange Zeit als Manuskript im Stift gehütet, wurden 1961 veröffentlicht.^ Zu den dort zusammengetragenen archivalischen Nachrichten über Goldschmiede und darunter über zahlreiche in Wels tätige Meister sind inzwischen Nachweise aus den Pfarren des Bezirkes Wels hinzugekommen.® Auch die in den vergangenen Jahrzehnten erschie nenen neuen Bände der ,,österreichischen Kunsttopographie", die oberösterreichische Stifte und Pfarren behandeln, haben die Grundlage für die Arbeit erweitert. Allerdings muß darauf hingewiesen werden, daß gerade bei den Goldschmiedearbeiten der Einfluß der süddeutschen Städte vorherrschend war, daß man also besonders von Augsburger Händ lern Objekte für den eigenen Gebrauch oder für Geschenkzwecke ankaufte. Selbstver ständlich wurde anderes in der Landeshaupt stadt bestellt,^ es will aber auch beachtet sein, daß z. B. zwischen Lambach und den Gold schmieden in Gmunden eine enge Beziehung bestand.® Gelegentlich ist so etwas auch zwi schen Kremsmünster und Gmunden zu be merken.® Über die erste Blütezeit des Weiser Gold schmiedehandwerks liegt eine ausführliche Darstellung vor.i" Darin wird die erste Nen nung eines Goldschmiedes Fricz aus Wels 1398 vermerkt, ferner werden die Meister Hans, Pernhart, Lienhard an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert angeführt. Ein Ge wölbe in der Schmidtgasse hatte von 1507 bis 1533 Meister Kunz Guglweit inne. Gold schmied Hans Schaur starb 1542, auf ihn geht ein kleines Siegel der Stadt Wels zurück, wa ren doch diese Handwerker auch als Siegel schneider tätig." Mitglieder der Familie Than ner, die Goldschmiede Balthasar Hültz, Chri stoph Puechberger, Wolfgang Albersperger sind hier anzuführen, Bernhard Khnoll war ausdrücklich Goldschmied und Wappen schneider. Von besonderer Bedeutung ist aber die Tätig keit des Welser Goldschmiedes Heinrich Vor rath, der am 7. August 1589 als Goldarbeiter aus Lübeck zum Mitbürger in Wels aufge nommen worden ist. Er wohnte zuerst in der Vorstadt, ab 1597 kann er im Haus des Hans Grueber in der Schmidtgasse seinen Wohn sitz nehmen. Seine Steuerleistung steigt bis auf 14 Gulden an, was im Vergleich zu den früher genannten Goldschmieden auf einen erheblichen Umsatz schließen läßt, erreichten doch diese meist nur 12 Gulden Steuerlei stung, während z. B. ein Uhrmacher bis zu 28 Gulden versteuerte. Daß die reichen Handels herren selbstverständlich jährliche Steuern von 40,60, ja 100 Gulden zu entrichten hatten, nimmt daneben nicht wunder. Seit 1610 war Heinrich Vorrath im Besitz eines Stadthauses, wo durch fast hundert Jahre weiterhin Gold schmiede nachzuweisen sind. Wahrscheinlich ist der ,,alte Vorrath Goldschmied" etwa am 20. Juni 1626 gestorben, da die Lichtamts rechnungen in Wels am 22. Juni 1626 das Ausläuten für ihn vermerken. Die Abstammung von Heinrich Vorrath aus Lübeck ist dadurch bewiesen, daß dort unter den 22 damals gleichzeitig tätigen Gold schmieden auch ein Heinrich Vorrath genannt wird, der 1587 bereits verstorben war. Es könnte sich um den Vater des späteren Welser Meisters handeln. Der Weg, den dieser von Lübeck nach Wels genommen hat, ist dadurch festgeiegt, daß am Ende des 16. Jahrhunderts ein Heinrich Vorrath in einem Verzeichnis der Augsburger Goidschmiede, Silberarbeiter, Juweliere und Steinschneider enthalten ist. Was macht aber die Tätigkeit gerade dieses Mannes so bedeutsam? Es haben sich zwei wichtige Werke von seiner Hand erhalten. Zwar fehlt derzeit der urkundliche Nachweis, doch hat der Abt des Stiftes Kremsmünster Theoderich Hagn,^® der selbst zwischen 1851 und 1858 Archivar in Kremsmünster war, den Namen des Goldschmiedes und das Jahr 1596 der Herstellung von den Einbänden der Codices millenarii in Kremsmünster publiziert, woraus man annehmen darf, daß ihm noch eine derartige Quelle vorlag. Die Forschung hat jedenfalls seine Zuweisung als richtig an genommen. Die Bibliothek des Stiftes Kremsmünster ver wahrt zwei Handschriften, die nach einem be geisterten Ausruf anläßlich der Jahrtausend feier 1777 mit dem Namen ,,Codex Millenarius" bezeichnet werden. Der Codex Millenarius Maior^® ist eine Evangelienhandschrift, die der Zeit um 800 entstammt und seit dem Beginn des 11. Jahrhunderts in Kremsmün ster nachweisbar ist. Die älteren Einbände - Restaurierungen werden im 12. und 14. Jahr hundert erwähnt - sind um 1532 den Edelme tallsammlungen der Türkenhilfe zum Opfer gefallen, die ersten und letzten Blätter der al ten Pergamenthandschrift sind dadurch si cherlich stark beschädigt worden, denn man hat die fehlenden Seiten am Ende des 16. Jahrhunderts aus Papierblättern ergänzt und erneuert." Der Einband besteht aus Holz, ro tem Leder, Silber, ist teilweise vergoldet und emailliert. Er hat ein Format von 34 x 22 cm. Die getriebene und ziselierte Silberplatte der Vorderseite zeigt in einem nachgotischen Ar chitekturgerüst in der Mitte unter einem fla chen Kielbogen die große Figur des Christus Salvator im Segensgestus mit der Erdkugel. Zu beiden Seiten stehen untereinander die vier Evangelisten mit ihren Attributen, jeder ein geöffnetes Buch in Händen. In den äußersten Ecken der Platte liegen die Wappen des Stif49

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