Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Historisches industriebiid aus Weis: „A. PiobergerWw., Gerberei seit 1545, Firma-inh. Wiih. Ploberger, Robert Biedermann, KammerPhotograph Weis, Ob.-Öst." Demnach biieben im 19. Jahrhundert die An sätze zur Industriaiisierung der Stadt sehr ge ring. Erst vor dem Ausbruch des Ersten Weit krieges läßt sich eine bedeutendere Industriaiisierungsweiie erkennen. Eine erste Periode der Umgestaltung der ge werblichen Produktionsbedingungen setzte durch die Manufaktur im 18. Jahrhundert ein. Durch den Großbetrieb der Linzer Woilenzeugfabrik nahm Oberösterreich damals in nerhalb der Kronländer der Habsburgermon archie eine hervorragende Position ein. Das Unternehmen beschäftigte in den Sechziger jahren des 18. Jahrhunderts im Verlagswesen bis zu 60.000 Personen, vorwiegend als Spin ner oder Weber, wobei im Fabriksgebäude selbst kaum mehr als 2000 Beschäftigte ge zählt wurden. Infoige der Priviiegierung der Manufaktur - bestimmte Woiienzeuge durften innerhalb der Habsburgermonarchie nur von der Linzer Fabrik erzeugt werden - und deren dominierender Position in der oberösterreichi schen Wirtschaft konnten sich andere Be triebe nur sehr schwer durchsetzen. Deshalb fand das Manufakturwesen in Weis erst sehr spät Eingang. Unter Joseph II. wurden eine Reihe von gewerbefördernden Maßnahmen erlassen, die eine Fülle von Anreizen für Ma nufakturgründungen bildeten. Das Toleranz patent, die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Vollendung des Prohibitivsystems und die Aufhebung von Klöstern erleichterten ge meinsam mit der Freigabe der Erzeugung bis her monopolisierter Betriebe die Errichtung von gewerblichen Unternehmen. Im Jahre 1788 gründete Graf Johann Piiati von Tassul im Schloß Lichtenegg eine Tombakfabrik. Noch langsamer als die Metallverarbeitung fand die Textilerzeugung in Wels Eingang. Erst nach der Jahrhundertwende, als in Öster reich eine dritte große Gründungsperiode von Baumwoilmanufakturen einsetzte, die den Übergang von der Manufaktur zur Fabriksin dustrie einleitete, entstand hier ein Betrieb. Im Jahr 1807 gründete der aus Vorarlberg stam mende Samuel Vogel in der Prenzmühle eine Kotton- und Musselinfabrik. Mit dem Eindringen der Fabriksindustrie setzte im Vormärz der Niedergang der Linzer Wollenzeugfabrik ein, als deren Nachfolger kleinere Betriebe von weitaus geringerer Be deutung entstanden. Mit dem Aufkommen der ersten Maschinen verlor aber auch Oberöster reich seine Produktionsvorteile gegenüber anderen Kronländern. Das Fehlen von um fangreichen Steinkohlenlagern - die Elektrizi tät als Energieträger erlangt erst vor und nach dem Ersten Weltkrieg Bedeutung -, die späte Verkehrserschließung und damit der lang same Ausbau der Infrastruktur sowie eine eklatante Schwäche auf dem kommerziellen Sektor führten im 19. Jahrhundert zu einem 1 i Oben: Historisches Industriebiid aus Wels: Ver waltungsgebäude der Lederfabrik ,.Adler", Entwurf Arch. Aichinger u. Schmid, Wien - Ausführung R. u. J. Weixelbaumer Rechts: Historisches Industriebild aus Wels: Robert Pfeiffers Nfg. Maschinenfabrik, Kupferund Kesselschmiede. Auf Rückseite des Fotos vermerkt: ,,Dle Fa. R. Pfeiffer wurde 1863 als Molkerelmaschinenfabrik neu errichtet und gehörte zum bereits 1636 bestehenden Kupfer hammer" 42

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