Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Die Weiser Minoriten im Mittelalter (1280-1554) Walter Aspernig Während der Ausbau der ehemaligen landes fürstlichen Burg In Wels zu einem musealen und kulturellen Zentrum seinem Abschluß entgegengeht und die wiederhergestellte Burg Kaiser Maximilians I. In Kürze mit der diesjäh rigen Landesausstellung „Tausend Jahre Oberösterreich" der Öffentlichkeit präsentiert wird, hat der Welser Musealverein sein Au genmerk einem weiteren, für die Stadtge schichte und Denkmalpflege ebenso wichti gen Sanierungsprojekt, dem Welser Mlnorltenkomplex, zugewandt. Angeregt durch das Gedenken an den 800. Geburtstag des Or densgründers Franz von Assisi, wurden 1982 erste Gespräche mit den zuständigen Stellen der Stadt geführt. Die Verantwortlichen zeig ten größtes Verständnis für dieses Anliegen, zumal die In der profanierten MInorltenkirche untergebrachte städtische Feuerwehr voraus sichtlich Im Jahr 1985 In eine Im Planungsstadlum befindliche neue Flelmstatt übersiedeln soll. Bis dahin muß vor allem auch über die künftige Verwendung von Kirche und Kloster nachgedacht und entschieden werden, wobei die günstige Lage In unmittelbarer Nachbar schaft von Rathaus und Stadtplatz sicherlich viele Möglichkeiten eröffnet. Um die einstige Bedeutung der Minoriten für die Stadt Wels wieder stärker Ins allgemeine Bewußtsein zu rücken, hielt auf Initiative des Musealvereines Frau Dr. Herta Hageneder einen bemerkens werten Vortrag zum Thema ,,Dle Minoriten In Oberösterreich", Helmut Grassner gab einen Überblick über ,,700 Jahre Minoriten In Wels" (Welser Zeltung 1982 Nr. 19 und 21), den er auf Grund der einschlägigen Arbelten von Univ.-Prof. Dr. Kurt Holter und Museumsdlrektor Dr. Wilhelm Rieß zusammengestellt hatte. Meine Aufgabe Ist es nun, diese bereits be kannten Ergebnisse, durch neue Erkenntnisse ergänzt und erweitert, zusammenzufassen, wobei Ich mich allerdings auf die Geschichte des Welser MInorltenklosters bis zu seiner er sten Aufhebung Im Jahre 1554 beschränke. Noch zu Lebzelten des hl. Franz von Assisi begann die rasche Ausbreitung des Franzis kanerordens, der durch sein neues Verständ nis für die Sorgen und Nöte der schutzbedürf tigen Mitmenschen und sein gelebtes ArmutsIdeal In einer Zelt des gesellschaftlichen Um bruches Vertrauen und Hilfe anbieten konnte. Äußerst karg sind die Nachrichten vom ersten Auftreten der Minoriten In den babenber gischen Ländern. Wahrscheinlich trafen die ersten Minderbrüder In der Reglerungszelt Herzog Leopolds VI., also noch vor dem Tode des hl. Franziskus (gestorben 1230), In Öster reich ein, finden aber erst In einer päpstlichen Bulle des Jahres 1234 Ihre erste Erwähnung. Die frühen Gründungsdaten vieler Niederlas sungen In den Ordenschroniken der Barock zelt erwiesen sich allerdings zumeist als Erfin dungen, die dem Wunsche entsprangen, das Entstehen der Klöster möglichst nahe an die Lebenszelt des Ordensgründers heranzufüh ren. Auch das für den Welser MInoritenkonvent chronlkal überlieferte Gründungsjahr 1230 Ist eine solche Verfälschung. Albere (II.) von Pol helm (gestorben 1253), der In der Provlnzlalchronlk der Minoriten als Stifter des Welser Klosters bezeichnet wird, spielte zwar beim Entstehen und Ausbau des Landes ob der Enns In spätbabenberglscher Zelt eine bedeu tende Rolle, hat aber mit der Gründung des Welser MInorltenklosters nichts zu tun. Die spärlich vorhandenen verläßlichen Nachrich ten lassen diese erst In der Zelt um 1280 an nehmen. Um diese Zelt schenkte Abt Heinrich von Lambach (1264-1286) die damals diesem Kloster zugehörige Marlenkapelle In Wels an die Minderbrüder. Diese Kapelle, die anläßlich Ihrer Weihe 1171 erstmals genannt wird, aber als Kristallisationspunkt eines frühen Sledlungskernes noch wesentlich älter sein dürfte, Ist Im Neubau der MInorltenkirche aufgegan gen. Eine Grabung vor allem Im Bereich des Chores der MInorltenkirche könnte helfen, diese für die Stadtentstehung äußerst wichtige Frage zu klären. Wer hat nun Lambach dazu bewegen, mit obi ger Schenkung einer MInorltennlederlassung In Wels, die die alten Orden wohl als Konkur renz empfinden mußten, entscheidende Starthilfe zu leisten? Wenig erfreut jedenfalls war der Kremsmünsterer Chronist „Bernardus Noricus", der diese Übergabe zu Unrecht als ,,widerrechtlich" bezeichnete, well er wohl eine Schmälerung der Rechte seines Klosters als Patronatslnhaber der Welser Stadtpfarre befürchtete. Wir dürfen wohl mit mehreren Förderern der Minoriten schon In dieser Anfangsphase rech nen. Sicherlich hatte der Passauer Bischof, In dessen Diözese Wels damals lag, ein gewich tiges Wort mitzusprechen. Nun war von 1280 bis 1283 Welkart von Polhelm Bischof von Passau, der In der Überlieferung ebenfalls Im Zusammenhang mit der Gründung des Welser MInorltenklosters genannt wird. Die Polhelmer selbst, die wohl Anfang des 13. Jahrhunderts ihren Stammsitz nach Wels verlegt haben, werden der Tradition zufolge schlechthin als die Gründer des Welser Konvents angesehen. Wenn auch der sicherlich beachtliche Anteil der Polhelmer an der Gründung des Welser MInorltenklosters nicht genau feststellbar Ist und konkrete Leistungen für das Kloster erst im 15. Jahrhundert nachweisbar sind, so wer den Ihre engen Verbindungen zu den Minori ten schon aus einer Urkunde von 1283 sicht bar, derzufolge sich die Polhelmer „aput eccleslam minorum fratrum in Welsa" versam melten, um eine Stiftung an Ihre damals noch Im Zisterzienserkloster Wllhering befindliche Familiengrabstätte durchzuführen. In einem (noch später genauer besprochenen) Schrei ben des Welser MInorltenguardlans Christoff DIchtl werden sie 1544, also lange vor der Zelt barocker Ausschmückungen, ausdrücklich als Erbauer des Gotteshauses bezeichnet. Wann diese gotische MInorltenkirche In Wels errich tet wurde, Ist ebenfalls nicht genau bekannt. Die oben erwähnte ,,ecclesla" von 1283 ist entweder noch mit der erwähnten Marlenka pelle Identisch oder es stand zu dieser Zelt be reits das schlichte flachgedeckte Langhaus. Dieser einschiffige hallenartige Bau, der groß genug war, um die gesamte damalige Stadt bevölkerung aufzunehmen, wurde durch ei nen urkundlich mehrmals (1356, 1419, 1427) belegbaren Lettner vom Chorraum getrennt. Die Stilmerkmale des heute noch erhaltenen frühgotischen Chores mit seinen mächtigen Strebepfeilern lassen dessen Neubau aller dings erst um oder nach 1300 annehmen. Das Langhaus erhielt seine heutige, über den Chor hinaufragende Form mit Stichkappentonnen gewölbe und spätbarocker Scheinfassade erst nach Umbauten des 17. und 18. Jahrhun derts. Neben den Polhelmern unterstützten sicher lich auch die Bürger der Stadt und vor allem der Stadtherr die Gründung nach Kräften. Wenn das MInorltenkloster auf ehemals Lam bacher Grund errichtet wurde, so konnte dies sicherlich nur mit Willen und ausdrücklicher Zustimmung des Stadtherrn erfolgen, zumal der Lage an der Stadtmauer besondere stra tegische Bedeutung zukam. Gerade damals galt Wels als eine der Hauptfestungen des Landes. Ihre militärischen Aufgaben hatten hiebel offensichtlich wiederum die Polhelmer zu leiten, von denen wir Welkart und Relnprecht von Polhelm In der Funktion als ,,Hauptmann zu Wels" zu Beginn des 14. Jahrhunderts antreffen. Der Stadtherr war zur Gründungszelt kein ge ringerer als König Rudolf I. von Habsburg, der nach dem Sieg über König Ottokar von Böh men die an die Wittelsbacher verpfändete Stadt Wels Ende 1279 auslöste. Seine Bezie hungen zum MInorltenorden waren schon seit Jahren sehr eng. Wir wissen, daß die Bettel mönche Rudolf von Habsburg In seinem Kampf gegen Ottokar massiv propagandi stisch unterstützten und damit den österrei chischen Adeligen, Rittern und Bürgerschaf ten die Gewissensentscheidung des Partei wechsels von Ottokar zu Rudolf erleichterten. Mit seinem Wohlwollen konnten sicherlich auch die Welser Minoriten rechnen. Auch später unterstützten Angehörige des Hauses Habsburg die Minoriten Immer wieder und bedachten sie In Ihren Testamenten. So bestimmte etwa Bianca, die Gemahlin des 21

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2