Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Burg und Burgvogtei Wels Kurt Holter Die Burg Wels ist ein historisches Denkmai, dem für die Landeswerdung des heutigen Bundeslandes Oberösterreich erhebliche Be deutung zukommt. Es ist nicht nur das hohe Alter, das diesen Platz vor vielen anderen auszeichnet. Mit Sicherheit war die örtlichkeit schon zur Römerzeit in den städtischen Be reich einbezogen, wenn auch die Untersu chungen, die gelegentlich der Innenrestaurie rung vorgenommen worden sind, keine greif baren Ergebnisse erbracht haben. Zweifellos ist das Burggelände seit Jahrhunderten immer wieder umgewühlt worden, so daß keine ein deutigen Feststellungen über das Alter der mächtigen Mauern möglich waren, die den Kern des heutigen Baues bilden. Wenn in einer alten Welser Chronik davon die Rede ist, daß vor mehr als zweihundert Jahren in unmittelbarer Nähe ein großer Schatz an römischen Gold- und Silbermünzen gefunden wurde, so gibt dies für die Topographie nur neue Rätsel auf. Immerhin sollte nicht verges sen werden, daß ein ähnlicher Bericht auch über die Burg in Steyr, das Schloß Lamberg, vorliegt, ein Bau und eine örtlichkeit, für die man eine römische Vergangenheit mit mehr oder weniger Berechtigung immer wieder ver neint hat. Die erste sichere Nachricht über das frühmit telalterliche Weis berichtet aus dem Jahre 776 von einer Rechtshandlung, die von dem bairischen Großen Machelm in dem ,,Castrum", das ,,Weles" genannt wird, vorgenommen wurde. Es handelt sich dabei um eine Liegen schaft, die anscheinend unmittelbar an der Nordost-Grenze des heutigen Bezirkes Wels gelegen war, einer Gegend, die späterhin im Randbereich der mit Wels In näherer Bezie hung stehenden Gebiete lag. Uns interessiert vor ailem, was mit dem „Castrum" gemeint war, denn die früher sehr geläufige Auffas sung, daß es sich dabei um die Burg selbst ge handelt haben müßte, ist heute weitgehend aufgegeben worden. Erich Trinks, einer von den äiteren, unvergessenenen Welser Histo rikern, hat nachgewiesen, daß der Ausdruck ,,Castrum" zu der Zeit, zu der er mit Wels in Beziehung gebracht bzw. gebraucht wurde, vor allem für die bairischen Bischofsstädte verwendet wurde. Das war nun Wels damals sicher nicht, ja wir müssen bei kritischer Ab wägung aller Quellen feststellen, daß wir nicht in der Lage sind, für die damalige Zeit in Wels eine ,,Burg" nachzuweisen. Vielmehr liegt es nahe, den heutigen Begriff einer Burg besser nicht für das zu verwenden, was mit jener Textstelle gemeint sein könnte. Es bietet sich vielmehr an, die große Umwallung, die über den Fundamenten der römischen Stadtmauer errichtet worden ist, mit diesem Ausdruck in Verbindung zu bringen. Demnach müßte Wels in der späten Agilolfingerzeit, also um 776, mit -Sr-f ^ -TT ^. Totenbildnis Kaiser Maximilians I Zittau, Städtisches Museum. - Foto: Helga Födisch diesem Wall eine wichtige Funktion zur Siche rung der Traunlinie gehabt haben, über die, wie wir nach den in den fast gleichzeitigen Gründungsnachrichten für das Kloster Kremsmünster gemachten Angaben anneh men können, eine dichte Besiedelung noch nicht hinausgereicht hat. Rund hundert Jahre später, im Jahre 885, wird von einer ,,curtis" in Wels berichtet. Darunter ist ein Wirtschaftshof zu verstehen, dem eine gewisse zentralörtliche Bedeutung zugemes sen werden kann. Lag diese „curtis" an der Steile der heutigen Burg? Wir wissen es nicht, wir haben keine sicheren Möglichkeiten, eine Identifizierung vorzunehmen. Andererseits ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß Beziehungen vorhanden waren, weil wir die Geschichte dieses damais königiichen Be sitzes durch die späteren Jahrhunderte verfol gen können. Ein weiteres, vielleicht größeres Areal, das für einen landwirtschaftlich be stimmten Eigenbetrieb geeigneter war, könnte sich in der Gegend des späteren Bürgerspitals und bei der abgekommenen, aber in ihrem Mauerwerk bis auf den heutigen Tag erhal tenen Georgskirche nächst der Almgasse vermuten lassen, doch fehlen auch dort für eine sichere Identifizierung schiüssige Bewei se. Wenn aber im späten 9. Jahrhundert in Weis Königsbesitz der Karolinger anzuneh men ist-eine Urkunde von 888 beweist diesso ist mit Sicherheit zu vermuten, daß zu die sem Besitz auch der Bereich der heutigen Burg gehört hat. Es ist außerdem nicht auszuschiießen, daß man dort, an einem durch Wasserläufe im östen und Süden geschütz ten Piatz, eine Befestigung angelegt hat, die freilich nicht als Steinburg, sondern der dama ligen Zeit entsprechend als Holzbau mit Palii saden vorzustellen wäre. Bei Grabungen un ter Gilbert Trathnigg wurde an der Westseite der Burg ein Spitzgraben angetroffen, der auf eine derartige frühe Anlage hinweisen könnte. Eine Datierung dieses Grabens iiegt allerdings nicht vor. Nach dem Ende der Karolingerzeit ging in un serem Land ein erheblicher Teil des ehemali gen Königsbesitzes an die örtlichen Machtha ber, in diesem Falle an die Gaugrafen, über, die in Lambach einen wichtigen Stützpunkt er richtet haben. Wir können die Entwickiungen, an denen auch der Komplex der Burg Wels teil hatte, aus den Quellen des 11. und 12. Jahr hunderts einigermaßen verfolgen. Die Burg Wels wird darin allerdings nie erwähnt. Die ursprünglich agiloifingischen und später karolingischen Besitzungen zu beiden Seiten der Traun in der Umgegend von Wels müssen in der späten öttonenzeit weitgehend an die Lambacher Grafen übergegangen sein, ob wohl ein königliches öberrecht bestehen blieb. Wir können dies aus dem Wortlaut der soge nannten Lambacher Gründungsurkunden entnehmen. Sicher waren die Lambacher Grafen die maßgebiichen Träger der seit der gleichen Zeit einsetzenden intensiven Ro dungstätigkeit und sie vermochten dadurch erhebliche Eigenbesitzungen zu gewinnnen. Ein Mittelpunkt für diesen Vorgang scheint die ,,Burg" Wels gewesen zu sein, wobei wir frei lich auf Rückschlüsse von Nachrichten aus späterer Zeit angewiesen sind. Spätestens in diesem Zeitabschnitt muß auch die Trennung der Komplexe ,,Burg Wels" und ,,Markt bzw. später Stadt Wels" vor sich gegangen sein. Die Besitzgeschichte verläuft etwa noch ein Jahrhundert paraliel, trennt sich aber dann in zunehmendem Maße. Wir können daher von nun an auf eine Schiiderung der Entwicklung des ,,Zentralortes" Wels verzichten und dür fen bei dem agrarischen Mittelpunkt bleiben, als welcher sich mindstens seit 1200 der Komplex ,,Burg Wels" nachweisen läßt. Daß er aus der vorerwähnten ,,curtis" des 9. Jahr hunderts abzuleiten wäre, iiegt wohl nahe. Die Besitzgeschichte läßt sich anhand der an deutend erwähnten Quellen in Kürze etwa fol gend schildern: Mit verschiedenen Bannrech11

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