Das Steyrer Kripperl, das letzte Stockpuppentheater Österreichs. Wie immer um die Weihnachtszeit öff net in der alten Eisenstadt Steyr in Ober österreich auch in diesem Jahr das ,,Steyrer Kripperl" seine unscheinbare Tür den schaulustigen Kindern und den volkskundlich Interessierten von nah und fern. Dieses ,,Steyrer Kripperl", wie es im Volksmund heißt, geht vermutlich auf Marionetten- und Krippenspiele zu rück, die schon im 14. Jahrhundert exi stierten. Urkundlich wird ein derartiges Puppenspiel das erste Mal in den Steyrer Ratsprotokollen des Jahres 1759 er wähnt. Völlig anders als bei sonstigen Krippenund Hirtenspielen erinnert das ,,Steyrer Kripperl" heute nur mehr mit seinem Namen an einen religiösen Inhalt und Vergangenheit. Mit einer bunten Folge von bewegten Handwerksszenen und Darstellungen aus dem bürgerlichen Le ben ist es ein Abbild des lebendigen kleinstädtischen Alltags. Aus vielerlei Wurzeln, wie den mittelalterlichen geistlichen Weihnachtsspielen, dem Krippenbrauchtum mit seinem Höhe punkt, der barocken Schaukrippe und dem Repertoire der wandernden Pup penspieler entstand der Typus der süd deutschen Spielkrippe; dieser wurde in der Biedermeierzeit mit weiteren weltli chen Szenen angereichert, nahm den Hanswurst der Wiener Stegreifkomödie auf und starb in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bis auf das ,,Stey rer Kripperl" aus. Dieses wanderte in der Umgebung und in der Stadt weiter hin herum, von einem Gasthof in den anderen, nahm noch Szenen und Perso nen aus der Lokalgeschichte auf und wurde mehrfach verkauft, bis es vom heutigen ,,Verein Heimatpflege" vor dem Untergang gerettet wurde und eine beständige Heimstatt im Innerbergerstadel, einem ehemaligen Lagerhaus der ansässigen Eisenhandelsgewerkschaft und heutigem Stadtmuseum, fand. Die Bühne des heutigen Puppenspieles besteht aus drei Teilen: Der Unterbühne mit der Weihnachts krippe, der Mittelbühne mit den Ar beitsstätten der Handwerker und der Oberbühne mit vielen Bürgerhäusern, Links: Das kunstvoll gearbeitete schmiedeeiserne Aushängeschild, der Nachtwächter mit Horn, Hellebarde und Laterne, weckt die Sehnsucht nach dem alten Krippentheater, in dem für viele die Kindheit wieder lebendig wird. Unten: Mit seiner fünf Meter breiten und drei Meter tiefen Bühne stellt das Steyrer Kripperl das größte und letzte Krippentheater im deut schen Sprachraum dar. deren Türen beim Spiel geöffnet wer den, um so dem Besucher in das Treiben im Hausinneren Einblick zu gewähren. Außerdem ist eine kleine, durch den Vorhang getrennte. Hintergrundbühne zur Darstellung von ländlichen Szenen vorhanden. Wird dieser Vorhang hoch gezogen, erscheint entweder die Wald landschaft des nahen Dambergs oder die winterlich verschneite Barockkirche Christkindl. Gespielt wird nüt ca. 20 cm großen, handgeschnitzten sogenannten Stock puppen, jede einzelne individuell ge staltet und liebevoll bekleidet, welche von einem aus vier bis fünf Personen bestehenden Ensemble von der Rück seite der Bühne aus in Bewegung gesetzt werden. Die ältesten Puppen weisen ba rocke Züge auf, woraus geschlossen werden kann, daß sie im 18. Jh. oder noch früher entstanden sind. Als Grundlage für die Stegreifdialoge dient die mündüche Textüberlieferung. Be gleitet werden die kindlich-naiven Sze nen aus dem Handwerker- und Bürger leben von volkstümlichen Weisen und Gesängen. Jedes Jahr zwischen dem ersten Advent sonntag und Mariä Lichtmeß entzücken Vorstellungen jung und alt. Da werden auf der Bühne, die durchaus Alt-Steju-er Lokalkolorit trägt, Geschehnisse der Weihnachtszeit und Episoden aus dem früheren Steyrer Handwerksleben wach, und so mancher Ruf des Entzükkens gilt den urwüchsigen Szenen, wie der des,,Bäcker-Nazis", des „LiachtlAnzünders" oder des ,,Nachtwäch ters". Auf diese Art ist das ,,Steyrer Kripperl" auch heute noch ein höchst lebendiges Stück Theatergeschichte. Spielzeiten: jeweils am Sonntag, in der Vorweihnachtszeit auch an Samstagen. Kartenvorverkauf und nähere Auskünfte: Fremdenverkehrsverband Steyr, Rathaus, 4400 Steyr, Tel. 0 72 52/23 2 29. 29
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