Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 3, 1982

VII. Wenn mir ein kleines Spütterglas zerfällt. Zerbricht ein Stück von unser beider Welt. Ein hochgemuter Bube warf den Stein. Er traf dein Bild und meinte unser Sein. Des Dämons Siegel auf die Stirn gebrannt Trägt er mannsstolz, als gält' es Volk und Land, Als sei ein Gott, der seinem Feind verzeiht. Die letzte Klippe deutscher Männlichkeit. Der Meister aber lächelt unverwandt Und staunt, wie rein das Werk aus seiner Hand Nach sechsmal hundert Jahren glüht und klingt. Und wie ich klage, wenn ein Scheibchen springt. Es wundert ihn dann, daß ich Stück um Stück Zusammenlese als ein großes Glück. Als sei der alte Scherben Goldes wert. Nicht nur das Gleichnis, dem er zugehört. Vor seinem Lächeln schweigt mein Gegenwort. Ich räume kühn die alten Scherben fort Und füge eine neue Scheibe ein. Und seine Tafel leuchtet wieder rein. So tat nach Türkensturm und böser Brunst Manch stolzer Glaser, freilich ohne Kunst. Ihm galt das Bild nicht mehr, zu dunkel war Ihm eure Zeit, die seine groß und klar. Ich aber füge mich in deine Hand. Der Zeit entsprungen, bin ich dir verwandt. Und ob dein Werk in jener Nacht zerbricht, Zerscherbt doch nicht in mir dein Gottgesicht. Ich trag' dein Bild im Aug', dein Wort im Ohr, In meinem Atem deine starke Welt. Mich kümmert nicht, was noch um mich zerfällt. Die Trümmer reden lauter denn zuvor. VIII. Wenn du auch schweigst, mein Wort, durch dich befreit Aus dem Gefängnis sieben stummer Jahre, Steigt als Gesang und manchmal als Fanfare in diese Nacht, durch deine Kunst geweiht. Vom Wahn bedrängt, vom Ekel abgewürgt. Lag ich wie tot. In dem Gespensterreigen Blieb wirklich nur das bittere Verschweigen Und jene Wut, die sich dahinter birgt. Doch bin ich rucht zur Rache aufgewacht. Den Frevlern sendet Gott allein die Zeichen, Schneller, als die Anklagen ihn erreichen. Auf die Verfluchten senkt sich schon die Nacht. Ihr Wahnsinn rührt nicht mehr an meinem Ohr. Weit draußen toben sie, dortwo am Rande Der trüben Welt mit ihrem Feuerbrande. Wir aber rüsten uns zum hohen Chor Und treten kühn aus Spiel und Traum und Klang Verwehter Jahre, aus dem Kreis der kleinen Herrischen Geister zu den großen Reinen, Und fügen uns dem strengen Lobgesang. Denn Gottes Ordnung steigt aus Blut und Haß Und steht vor uns groß wie am ersten Tage Und ist nicht mehr nur alte fromme Sage Und will gelobt sein ohne Unterlaß. Aus Lügen wächst sie, aus der großen Flucht Des Pöbels vor den ewigen Gewichten. Selbst noch den Leugner schreckt sie mit Gesichten, Auch der Vertierte ißt von ihrer Frucht. Kein Rausch gilt neben ihr, kein Selbsterretten, Kein Götterbild und kein Dämonentanz. Die Blinden werfen sich in neue Ketten. Uns schenkt sie wieder Würde, Sinn und Glanz. 91

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