V. Heute ertrag ich deine Einfalt nicht. Zu still bist du, und deine Bilder schreiten Arglos wie schöne Kinder durch die Zeiten, Wir aber stehen mitten im Gericht. Von eurer Gottgewißheit keine Spur in unseren Gebeten. Eure Qualen Verhauchen schön in blanken Opferschalen, Und euer Tag geht nach der Himmelsuhr. Ihr seid noch Fischlein in des Meisters Netz, Oft seine Hunde, immer seine Knechte. Der Dieb, der Mörder und der Ungerechte, Selbst noch die Lügner dienen dem Gesetz. Die Welt geteilt in Finsternis und Licht, In Heilige und Wasserspeier. Beiden Entrückt das ferne Zauberland der Heiden. Ach, unsere Not erreicht euch Sichere nicht. Leer steht das Haus, die Brüder sind zerstreut. Wir bergen nur und hüten, was sie schufen. Wie es ein Restchen Pflicht und Scham gebeut. Denn Stiefel hallen auf den Marmorstufen. Sie sammeln Reste und sind stolz, wenn sie Die Meister nennen, sie, die armen Erben, in Sälen ohne Herz und Melodie. Und tun ihr Tagwerk wie an tauben Scherben. Sie gehn mit leeren Seelen um, darin Nicht HölT, nicht Himmel hallen, nur die Leiber Regen sich tierisch, kaum mehr Zeitvertreiber; Bis sie verflüchten ohne Spur und Sinn. Sie weinen nicht, wenn Gott sie fallen läßt. Sie schaudern nicht vor ewigen Gefahren. In diese Leere stürzen die Barbaren, Und Blut und Brand, der Wahnsinn ist ihr Fest. VI. Vergib mir, Meister Eberhard! Ich höre Dich oft wehklagen, und ein altes Buch Erzählt von Mord und Feuersbrunst und Fluch, Von manchem Zweifler an der reinen Lehre. Ein Galgen stand vor deinem Werkstattfenster, Nie war er leer, oft waren's ihrer zwei. Aus dürren Auen gellte Hexenschrei, Um Klostertürme kreischten die Gespenster. Der Pfaffen Habsucht und der Ritter Saufen. Ein feiler Papst, ein Kaiser, der nicht gilt. Kaum wo im Land ein Mann mit blankem Schild. Der Himmel selbst um Pfennige zu kaufen. Vom alten Rausche heiligen Überschwanges Ein Restchen nur, den Edlen zugezählt. Und wenn ein Stern vom Sommerhimmel fäUt, Ist er euch Künder nahen Unterganges. Dennoch: Ihr baut an hohen Kathedralen Und zwingt die Fratzen noch in edle Fron. In euren Bogen schwingt kein Klageton, Und eure ungerührten Maler malen Als sei nichts in der Welt, denn Gott alleine. Des Einzigen Menschsein und Martertod. Denn sie verschweigen Brand und Pest und Not Und klingen hell und reden wie die Steine. Schon bin ich euer, bin aus gleichem Holze, Kein Schwärmer um den Traum der alten Zeit. In unserer letzten Gottverlassenheit, Bin ich der Sichere, bin ich der Stolze. Das Große schau' ich groß, das Kleine klein. In eure reine Kindheit sink' ich ein. Mein Lied rück' ich an deine Scheiben hin. Ich bin uralt und wieder Anbeginn. 90
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