Kunst der Gegenwart Kunst und Industrie in Linz Impulse einer Achsenbildung im kulturellen Gesichtsfeld der Landeshauptstadt Peter Baum Von allen österreichischen Städten verfügt Linz seit den frühen fünfziger Jahren zweifel los über die stärkste und fruchtbarste Achsen bildung zwischen Kunst und Industrie. Die Tatsache, daß Oberösterreichs Landeshaupt stadt das Zentrum der österreichischen Stahlund Schwerindustrie ist und dieses Bundes land darüber hinaus auch auf privatem Sektor auf ein außergewöhnliches Potential an gut gehenden Unternehmen und Betrieben hin weisen kann, markiert den notwendigen und begünstigenden Hintergrund für eine Entwick lung im hier aufgeworfenen Sinn. Sie führte bis heute zu kunstfördernden, letztlich im Inter esse beider Partner gelegenen Maßnahmen von unterschiedlicher Art und Gewichtung, wobei angesichts der momentanen wirtschaft lichen Regression nur zu hoffen bleibt, daß die inzwischen da und dort eingetretene künstleri sche Enthaltsamkeit nicht zu einem von per manenten Nachteiien gekennzeichneten Zu stand auf iängere Sicht werden möge. In ihrer Summe haben die von Linz ausgegan genen kunstorientierten initiativen, Aktionen und Veranstaltungen jedenfalls dazu geführt, daß diese Stadt in den seither verstrichenen drei Jahrzehnten in breiten und maßgebenden Kreisen des in- und Auslandes zunehmend an kulturellem Ansehen gewann und von vielen im Sinne einer fruchtbaren Partnerschaft von Kunst und Wirtschaft assoziiert wird. Die Industriemetropoie an der Donau konnte sich dadurch vor allem zwischen 1970 und 1980 einen von Dynamik und künstierischer Aufgeschlossenheit gekennzeichneten Goodwiii sichern und ein Teamwork praktizie ren, das zu den erfreulichsten Beispielen öf fentlich-privater Partnerschaft in Österreich zähit. Eine-zeitweise überaus facettenreiche und aufgeschiossene- Kooperation dieser Art ist über kurzfristige Opportunismen hinaus (die es selbstverständlich auch gibt) mit dem stets angebrachten Versuch der eigenen Standortbestimmung gleichzusetzen, mit ei ner Hinwendung an die übergeordneten Sinn fragen des Lebens. Freilich, eines sollte man sich gerade angesichts der positiven und er freulichen Beurteilung der Sachlage vor Au gen halten: die Initiativen zu dieser Partner schaft werden immer nur von einigen wenigen begeisterungsfähigen und fachlich versierten Mitbürgern aufgegriffen, die bei der Durchset zung ihrer Pläne und Vorstellungen nicht nur verständlich zu argumentieren, mitzureißen und zu überzeugen haben, sondern oft auch gehörige Querschläge in Kauf nehmen müs sen, ganz abgesehen von der in Kunstdingen ohnedies permanent erforderlichen Bereit schaft, oft und oft gegen den trägen Strom zu schwimmen. Daß kultureller Einsatz und künstlerisch weit ausholendes Wollen einiger weniger jedoch Rudolf Hoflehner: Eisenplastik. - Foto: Neue Galerie der Stadt Linz immer wieder und zweifellos öfter als an derswo von den politischen Parteien ange nommen und in den entscheidungsbefugten Gremien von Stadt und Land gedeckt (bezie hungsweise mitfinanzierend abgesegnet) werden, ist das Besondere der Situation in Linz und Oberösterreich. Darauf können sich alle Verantwortlichen schon einiges zugute halten, ganz abgesehen davon, daß auch junge Traditionen dieser Art (und um eine sol che handelt es sich im Falle dieser Partner schaft) in kluger Abwägung von künstlerischer Effizienz und Kosten verpflichten. (Den Re chenstift ausgerechnet dort am gravierend sten einzusetzen, wo es um die Existenz und Entwicklungsfähigkeit heutiger Kunst- und Ausdrucksformen geht, entspräche letztlich einer verantwortungslosen Selbstaufgabe.) Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit und eine ins Detail gehende präzise Chronologie erheben zu wollen, soll hier der Versuch un ternommen werden, jene Faktoren aufzuzähien, welche die zur Debatte stehende Entwick lung begünstigt und bestimmt haben. Daß da neben zahlreiche andere förderliche Um stände hinzukamen, die von der Bereitstellung von Arbeitsräumen und Materialien für Plasti ken, über praktische Mitarbeit an Projekten bis zum überzeugenden persönlichen Engage ment von Generaldirektoren, führenden Indu striemanagern, Beamten und Politikern reich ten, versteht sich angesichts einer zeitweise außerordentlichen Wirksamkeit von selbst. Im Sinne einer Denkpause scheint es ange bracht, sich daran zu erinnern, daß der fakti sche und symbolische Grundstein für die ünzer Aktivitäten im Umfeld von Kunst und Indu strie ausgerechnet zu einer Zeit gelegt wurde, die alles eher denn dafür prädestiniert schien. Als 1954 der ein Jahr zuvor gegründete Kultur ring der Wirtschaft Oberösterreichs beschloß, ein Atelierhaus für Künstler zu bauen, gab es nämlich noch Schul- und Wohnungsnot, eine krasse Unterversorgung im Straßennetz und zahlreiche andere Nachwirkungen des Krie ges, an deren Beseitigung aile Menschen in teressiert waren. Für Kunst und kulturelle Be lange einzutreten, hieß daher stets von neuem aufzuklären und dahingehend zu überzeugen, daß der wirtschaftiiche Wiederaufbau allein der konkreten geschichtlichen Situation nicht gerecht werden würde und daß er ohne sein Pendant im Geistigen und Kulturellen Stück werk bliebe. Das mit Signaiwirkung ausgestattete Projekt eines Linzer Atelierhauses am Römerberg, das neben der bereits 1947 gegründeten Neuen Galerie der Stadt und den am Beginn der fünfziger Jahre reaktivierten Künstlerver einigungen (alien voran der ,,Maerz") nach seiner Verwirklichung zu einer der wichtigsten Keimzellen im Bereich der zeitgenössischen 53
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