Landeskunde Als die Technik Geschichte machte Kulturausflüge zu technischen Denkmalen und Sehenswürdigkeiten der Vergangenheit in Oberösterreich Wolfgang Sperner Wenn man von Aigen im Mühlviertel zur tschechischen Staatsgrenze fährt, zweigt am Böhmerwaldkamm nahe dem Zollamt eine kleine Straße von Trautwald nach Sonnen wald ab, die ein schmales Rinnsal säumt. Farn, Gras und Walddickicht überwuchern den unscheinbaren ,,Straßengraben", der heute kaum mehr als Rest des einst berühm ten Schwarzenberg-Schwemmkanals zu er kennen ist. Und doch handeit es sich hier um die letzten Spuren eines Bauwerks, das in die Geschichte des österreichischen Verkehrs wesens eingegangen ist. Der in den Jahren zwischen 1789 und 1791 im Auftrag des Fürsten Schwarzenberg ange legte Schwemmkanal hatte die Aufgabe, die Urwälder um den Plöckenstein und den Drei sesselberg besser für den Holzhandel nutzbar zu machen. Die Idee zum Transportweg eines Schwemmkanais hatte der einstige Forstbur sche des Fürsten, der aus Kaisching in Süd böhmen stammende Josef Rosenauer. Mit 1200 Arbeitskräften schuf er den 52 Kilometer langen, im Durchschnitt an der oberen Lichte 2,77 Meter breiten und etwa 87 Zentimeter tiefen Schwemmkanal, der in 925 Meter Höhe nördlich des Dreisesselberges begann, dabei durch einen mehr als 459 Meter langen Tunnel beim einstigen Forsthaus Hirschberg vorbei führte - womit er der erste unterirdische Ka nal-Tunnelbau Europas war - und schließlich in den Zwettlbach und weiter in die Große Mühl mündete. Jährlich wurden hier bis zu 25.000 Kiafter Hoiz aus dem Böhmerwaid über die Donau bis Wien und weiter in die Welt trans portiert: Holz, mit dem Schiffe für die Nordsee, Telefonmasten in Italien und Eisenbahnschwelien in Osteuropa erzeugt wurden. Als im Jahre 1888 die Mühlkreisbahn eröffnet wurde, verior der Schwarzenberg-Schwemm kanal an Bedeutung. Was blieb, ist die Erinne rung an ein Bauwerk, das Teil der Geschichte des österreichischen Ingenieurwesens ist und dessen Spuren man heute noch oberhalb Ai gen sehen kann. Nicht weit von Aigen entfernt, lohnt im Hasla cher Webermarkt ein Besuch von Österreichs erstem Webereifachmuseum. Hier rückt die technische Entwicklung des Webereiwesens mit Unter- und Oberschläger-Webstuhl, Ka stenmangel mit Göpelantrieb aus dem Jahr 1823 und Jacquard-Maschine nahe. Beson ders sei auf eines der ersten Modelle der Semperschlagmaschinen verwiesen, mit dem die Lochkarten für die Jacquard-Maschinen hergesteilt wurden. Es stammt aus dem Jahre 1740 und ist faktisch eine der ersten Pro grammiermaschinen der Welt und somit ein Vorläufer unserer heutigen Computer. Wie man Tabakpfeifen herstellte, zeigt die im nahen Heimatmuseum von Haslach enthal tene Pfeifenmacherei des Meisters Singer aus Interessanter kulturgeschichtlicher Beleg für die weite Verbreitung des historischen Sensenhandels: Heimathaus Freistadt, bäuerliches Bett aus Hirschbach, am Fußende aufgeklebter kolorierter Stich mit Darstellung der Verladung von Sensenfässern, 1. Viertel 19. Jahrhundert. - Foto: Lackner, Freistadt Sarleinsbach, mit dessen Tod dieses alte Handwerk im oberen Mühlviertel ausstarb. Ein Denkmal militärischer Technik blieb mit der Schwedenschanze bei Bad Leonfelden erhalten. Genau dort, wo auch heute ein Ei serner Vorhang - der Tschechoslowakei - verläuft, wurde während des Dreißigjährigen Krieges 1641 bis 1645 unter Leitung von Kon rad Balthasar von Starhemberg auf Befehl des Kaisers ein einst 1700 Meter langer, hausho her Erdwall gegen die heranrückenden schwedischen Truppen errichtet. Heute erin nern ein Denkmal und eine Nachbildung von Palisaden, Wall, Brustwehr und Blockhaus an dieses einstige Bollwerk. Oberösterreich hat auch im Eisenbahnwesen Geschichte gemacht. Im Jahre 1832 wurde die erste Schienenbahn des Kontinents, die Pfer deeisenbahn Linz - Budweis eröffnet. Heute gibt es noch interessante Objekte und Schau stücke. So blieb in Kerschbaum bei Freistadt ein Stationsgebäude der Pferdebahn erhalten, das um 1839 erbaut wurde. Aber auch an der Straße Freistadt - Linz kann man seitab Teile der einstigen Pferdebahntrasse erkennen, ebenso in Linz-St. Magdalena (die Pferde bahntrasse), ferner unter anderem das se henswerte Verkehrsmuseum in Bad Wimsbach-Neydharting (1835 war die Strecke von Linz nach Gmunden verlängert worden), so wie in den bemerkenswerten eisenbahnge schichtlichen Sammlungen im Schloßmu seum Linz. Im Juli 1982 wurde ein 42 Kilometer langer ,,Pferdebahn-Wanderweg" eröffnet, der dem Verlauf der alten Trasse weitgehend folgt und von Unterweitersdorf über Neumarkt, Kefermarkt, Freistadt, Waldburg und Rainbach nach Leopoidschlag führt. Heimathäuser sind wahre Fundgruben für technisch Interessierte. So sei etwa auf die Geschichte der Leinölgewinnung und der Zinngießerei verwiesen, die man im angese henen Heimathaus Freistadt erleben kann. Dieses Heimatmuseum ist in dem fünfzig Me ter hohen Bergfried des einstigen landesfürst lichen Schlosses Freistadt romantisch unter gebracht. Eine idyllische Fahrt entlang der Waldaist von Pregarten nach Gutau führt zur verfallenen Burg Reichenstein, einst Sitz der Wallseer und der Ritter Haim. Hier hat der frühere Volks schuldirektor Ignaz Höllhuber in der alten Volksschule nahe der Burgruine ein entzükkendes kleines Museum eingerichtet. Mit lie bevoll gebastelten Modellen einstiger Donau dampfer und aiter Lokomotiven, vor allem auch mit einem metergroßen, voilautomatischen Sägewerk. Zu den originellen Details dieser Sammlung gehört ebenso, wie das Ent stehen alter Ofenkacheln gezeigt wird. In der Greinburg, die blickbeherrschend über dem idyllischen Donaustädtchen Grein auf ragt, wurde ein Schiffahrtsmuseum eingerich tet, in dem der technisch interessierte Besu cher eine eindrucksvoll gestaltete Übersicht über das Schiffahrtswesen auf der Donau, dem Inn, der Enns, der Salzach und der Traun erhält, unter anderem erstaunlich präzise nachgebildete Schiffsmodelle. Besonders sei auf ein Modell in einer Tischvitrine verwiesen, das eine technische ,,Sensation" der Vergan genheit zeigt: einen ,,fahrbaren Fall" aus dem Jahre 1790, mit dessen Hiife einst dem Traun fall ausgewichen wurde. Man legte einen Schiffskanal neben dem unpassierbaren Flußstück an und ließ die Schiffe auf bewäs serten Holzbohlen flußabwärts gleiten, im Heimathaus Perg sei vor allem auf die Schaustücke des einstigen Handwerks der Mühlsteinbrecher verwiesen. Granit und der besonders harte Perger Sandstein wurden schon früh abgebaut und die Mühlsteinhauer, schließlich die Mühisteinfabrikanten trugen wesentiich zum Wohlstand der Perger Bür gerschaft bei. Im Jahre 1872 hatten übrigens vier Mühisteinfabrikanten die ,,Erste österrei chische Fabriksgesellschaft für Erzeugung deutscher Mühlsteine zu Perg, Fries, Burghoizer und Gomp." gegründet. Eine Sägeuhr, die sich entlang eines Zahn radstabes selbst,,abzieht", ist eines der tech nisch bemerkenswerten Schaustücke des Heimatmuseums Mauthausen, das im einsti gen Schloß Pragstein an der Donau eingerich tet wurde. Die Sägeuhr ist Teii der beachtli chen Uhrensammlung des Heimatmu35
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