Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 2, 1982

Landeskunde Die Reise Papst Pius Vi. 1782 durch Oberösterreich Georg Wacha „Der Papst kommt!" - Nocti heutzutage, in dem Jahrhundert, In dem der höchste Vertre ter der katholischen Kirche schon verschie dene Erdteile besucht, In dem er auch In Mit teleuropa, z. B. In der Bundesrepublik Deutschland, eine längere Reise absolviert hat, Ist dieser Ausruf ein Signal für viele, für Schaulustige und Andächtige, für Fromme und für Gaffer. Im 18. Jahrhundert war eine Reise des Papstes über die Alpen etwas völlig Unerhörtes. Als Papst Plus VI. die Absicht äu ßerte, erschreckt von den Reformen Kaiser Josefs II., selbst den Weg nach Norden anzu treten, da war dies für seine Zeltgenossen zu erst beinahe unfaßbar. Und nur mit ganz ge ringer Begleitung setzte sich der Zug Im März 1782 In Rom In Bewegung. Durch seinen per sönlichen Charme, durch sein Auftreten glaubte der Papst den höchsten Vertreter weltlicher Macht, den Kaiser des Heiligen Rö mischen Reiches, von seinem Vorgehen ge gen die katholische Kirche, gegen traditionelle Institutionen und Einrichtungen, gegen alte Bräuche und Gewohnhelten abbringen zu können. Über Venedig, Graz und den Semmerlng war der Weg nach Wien gewählt worden. In der Nähe von Neunkirchen hatte Josef II. den Papst auf offener Wegstrecke überrascht, fast könnte man es eine Überrumpelung nen nen. Der Kaiser bot dem Papst einen Platz In seinem Wagen an. Plus VI. nahm zur Rechten Josefs II. Platz - was damals auf dieser Fahrt von Neunkirchen bis zur Wiener Hofburg zwi schen den höchsten Vertretern der weltlichen und der geistlichen Macht auf Erden bespro chen wurde, Ist nicht aufgezeichnet. Wahr scheinlich wurde schon hier die Entscheidung über den Ausgang dieser Reise des Papstes nach Wien gefällt. Josef II. hat es wohl ver standen, den Statthalter Christi auf Erden da von zu überzeugen, daß er als gläubiger Ka tholik Im Sinne einer Verbesserung der Kirche handle, daß es Ihm ernst war mit seinen Wün schen, die Beziehungen zwischen dem Volk und den Vertretern der Kirche zu verbessern und damit beiden Teilen, den üntertanen und auch den Klerikern, den Ordensgeistlichen und den Nonnen eine bessere Verbindung zu ermöglichen. Daß dies zu einer Aufhebung vieler Klöster führte, die nur der vIta contemplatlva gewidmet waren, daß dies aber ande rerseits zu einer Förderung aller Orden, die sich mit Krankenpflege und Schulwesen be faßten, führte, das hatte Auswirkungen auf den Kunstbesitz, auf die Bautätigkeit, auf das ünterrichtswesen und Insbesondere auf den Kultus und die Bräuche von Wallfahrt und Bru derschaftswesen, von Ordensaufnahme bis zur Bestattung. Was uns hier speziell Interessiert, Ist der Weg des Papstes von Wien zurück nach Rom. Es war während des Aufenthaltes In Wien eine 7^"' /7, ,7,, ,y,,/ // ^,/ >/,,,/■■ Unbekannter Meister, um 1782, Papst Plus VI., Kaiser Josef II. und Staatskanzler Fürst Kaunitz, Kupferstich, 8,5 x 5 cm, Besitzer: Dr. Heinrich Reinhart, Eggenburg. - Kaunitz stand als in dieser Zeit in Österreich sehr einflußreiche Per sönlichkeit hinter den Verhandlungen, das Bild nimmt Bezug darauf, daß Kaunitz die Hand des Papstes nicht - wie es üblich war - küßte, sondern nur den Händedruck erwiderte Einladung des bayerischen Kurfürsten an Papst Plus VI. ergangen, nach München zu kommen, daran schloß sich ein Besuch In Augsburg, wo der Papst erstmals In nähere Berührung mit Protestanten kam. Es Ist be kannt, daß beispielsweise 1775 Lessing In Begleitung des Prinzen Leopold von Braunschwelg-Lüneburg In Privataudienz In Rom empfangen wurde. Lessing war ebenso wie den anderen Protestanten das Füßeküssen beim Empfang erlassen worden, er war so be eindruckt durch den ,.feierlichen Anblick des alten, würdigen Mannes", daß er sich diesem devotest nahte und schon die Füße küssen wollte, doch zog Ihn der Papst lächelnd zu rück. Plus VI. soll sich übrigens In deutscher Sprache mit Lessing unterhalten haben.^ Um aber nun von Wien aus den Einladungen nach Deutschland Folge leisten zu können, wählte der Papst die Reiseroute über die Poststraße. Diese führte damals über Linz nach Ried und München. Die erste Übernach tungsstation war Im Stift Melk, dort blieb der Papst vom 22. auf den 23. April 1782. Er be wohnte dabei übrigens dieselben Räume, In denen 1980 die Ausstellung ,.Österreich zur Zelt Kaiser Josefs II." gezeigt wurde, ja er be nützte gerade das Zimmer, In dem der betref fende Abschnitt über den Aufenthalt Plus' VI. In Österreich dokumentiert wurde.^ Am 23. April 1782 traf dann der Papst, ange kündigt vom Vizestaatskanzler Graf Cobenzl, In St. Florian ein. Der Passauer Bischof emp fing Ihn dort zusammen mit den Prälaten der oberösterreichischen Stifte.^ Am 24. April ge gen 9 ühr früh trat der Heilige Vater nach An hörung der Messe und nach nochmals erteil tem Segen die Reise nach Linz an, wo er ge gen 10 Uhr vormittags auf dem Hauptplatz ein traf. Über den Balkon des Rathauses war ein kostbarer Baldachin errichtet worden, der Papst erteilte von dort den Segen und trat dann die Weiterreise an. Als die Wagen In die Gegend von Wels kamen, ließ der Papst die Vorhänge zuziehen, es war Ihm ausführlich mitgeteilt worden, daß sich nach Erlassung des Toleranzpatentes gerade In diesem Gebiet eine größere Zahl von Per sonen zum Protestantismus bekannt hatte. Er wollte hier nicht öffentlich In Erscheinung tre ten. Als der Wagenzug vor dem sogenannten Sonnenstelnschen Haus In Wels vorgefahren war, da hat es der dortige Stadtpfarrer, Herr Anton Wolfsegger, doch erreicht, daß auf seine Bitte hin Papst Plus VI. den Wagen ver ließ und vom Fenster des Hauses aus der ver sammelten Menge den Segen erteilte. Ein Chronogramm, das die Erinnerung an dieses Ereignis festhielt, wurde damals an dem Hause angebracht: saLVs hVIC DoMVI faCta est In IngressV pll VI et eXCepIt ILLVM gaVDens VIr nobILIs los.d.sonnenstein." Wie wenig präzise die Reise geplant war, geht daraus hervor, daß Abt Amand Schickmayr am 23. April 1782 aus Maxihaid den Schaffner des Stiftes Lambach verständigte, daß es durchaus möglich wäre, der Papst könnte In Lambach Quartler nehmen. Der Prälat war dabei sichtlich nicht genau Informiert. Daß es sich nur um eine Vermutung handelt, geht aus dem Wortlaut des Schreibens hervor. Es Ist von der Segenerteilung In Linz die Rede, dann heißt es welter:,,Diese Hin- und Herrelse wird so vlll Zelt hinwegnemben, daß mir nicht un glaublich vorkommt, daß seine Heyligkhelt vlllelcht auch Lambach zur Nachtstation aus wählen dürften, es Ist solches jedoch nur eine flüchtige Muthmaßung, legallter weiß hievon In dieser Stunde noch nichts." Der Abt gibt je denfalls Auftrag, daß sich der Küchenmeister mit hinlänglichen Vorräten eindecke. 41

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