Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 1, 1982

Rechts; Spätgotisches Tafelbild vom Severinaitar in der ehemaligen Kirche San Severin e Sossio In Neapel mit Darstellung des hl. Severin neben Papst Gregor dem Großen, derzeit im Museum Capodimonte in Neapel. Seite 5; Spätgotische Tafel vom gleichen Altar (Neapel, in Besitz des Wittelsbachischen Aus gleichsfonds München), mit Darstellung der Hilfssendung aus Italien nach Norikum durch Maximus und seine Gefährten selben Zeit) an das unmittelbar vorher erzählte ,,ölwunder" anknüpft. Auch sachlich scheint es durchaus sinnvoll, daß die Hilfslieferung aus der Nachbarprovinz für das große Auffanglager Lorch bestimmt war. Wir erfahren davon, daß eine Caritassamm lung (religiosa collatio) durchgeführt worden war. Ein Mann namens Maximus organisierte und leitete den Hilfszug nach Norden. Er mie tete hierfür zahlreiche Träger. Mitten im Winter brach man auf und wagte die gefährliche Alpenüberquerung. Eugippius spricht von ,.toll kühner Verwegenheit", sofort darauf aber von einem Akt ,,unerschütterlicher Hingabe" (intrepida devotio), ob an Gott oder an Severin bleibt offen. So marschierten sie also, die La sten über die Nacken gelegt, und wurden ei nes Nachts in den Alpen eingeschneit. Da er schien ihnen der hl. Severin im Traum und ge bot ihnen, die Reise dennoch fortzusetzen. Plötzlich tauchte ein Bär auf, trabte vor ihnen her und bahnte ihnen den Weg. Wohlbehalten gelangte man schließlich zu Severin. Im Gewand des Wunderbaren wird hier die Not der Romanen (man konnte mit der Hilfe nicht mehr bis zum Frühling warten), die gute Organisation (Sammlung und Transport), die Solidarität zwischen den Provinzen (Binnennorikum half Ufernorikum) und das Ansehen Severins (wenn er rief, war kein Einsatz zu groß) zum Ausdruck gebracht. Gleichzeitig hört man aber auch heraus, daß die gegensei tige Hilfeleistung eben doch nicht im ge wünschten Ausmaß funktionierte. Der erho bene Zeigefinger wird deutlich sichtbar, wenn gesagt wird, das wilde Tier hätte den Men schen eine Lektion erteilt, wie sehr erst sie selbst einander in Liebe beistehen sollten. Sehr wichtig ist Kapitel 30. Es bezeugt, daß Severin über ausgezeichnete Informationen verfügte und auch die Pläne der Germanen kannte. Wir erfahren, daß die Alemannen ei nen nächtlichen Überfall auf Lorch geplant hatten. Kurz zuvor waren ja hier Güterliefe rungen - öl aus Italien und Kleider aus Binnennorikum - eingelangt! Die Bürger von Lorch und die hier weilenden Flüchtlinge hat ten zwar Spähtrupps aufgestellt, diese aber nahmen nichts Verdächtiges wahr. Den Er mahnungen des ,,Gottesknechtes" (servus dei) wollten die Laureacenser aber keinen Glauben schenken. Nur mit größter Anstren gung gelang es Severin, sie dazu zu bringen, die Mauern zu bewachen und ihre Habe im

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