Landeskunde Der Museumverein Lauriacum und das Ennser Stadtmuseum Herbert Kneifel Mitteilungen über Funde aus der Römerzeit in Enns und Umgebung reichen bis in das 14. Jahrhundert zurück. Der Mönch Bernardus Noricus aus Kremsmünster erwähnt schon 1321 einen Inschriftstein mit dem Na men SECCiUS SECUNDINUS, eines Vetera nen der II. italischen Legion. Der regulierte Chorherr Franz Kurz in St. Florian berichtet über römische Funde, die um 1750 im Garten des Fürsten Auersperg in der Nähe der Kirche Maria am Anger gemacht wurden. Einige da von verblieben im Schloß Ennsegg, der Groß teil gelangte ins Schloß Vlaschin in Böhmen. Im Jahre 1765 hatten österreichische Sappeure, als sie im Gelände westlich des Friedhofes schanzten, einen Mosaikboden teilweise frei gelegt. Aus dem 19. Jahrhundert erfahren wir in Benedikt Pillweins Publikation, daß im Enn ser Dechantshof eine schöne Terra SigiilataSchale nebst mehreren Münzen aus der Rö merzeit aufbewahrt werde, die auf den Pfarr feldern ausgegraben wurden. Der größere Teil römischer Funde wurde an das Joanneum in Graz abgegeben. Viele römische Altertümerso heißt es dort die man am Eichberg und sonst um Enns herum fand, sind an der St. Laurenzkirche, im Schloß Ennsegg und beim Bürgermeister Johann Baptist Kain zu sehen. Beim Abbruch von Teilen der Stadtmauer ka men römische Ziegel und Steinquader mit Re liefs zum Vorschein. Darüber machte der Ma gistrat dem damaligen Kreisamt schriftlich Meldung. In einem vom Bürgermeister Falk dem Kreisamtpräsidium am 20. September 1847 gefertigten Schreiben heißt es . . der Magistrat zeigt hiermit ehrfurchtsvoll an, daß bei dem weiteren Abbruch der an den Unter nehmer des Lerchenthaier Kasernenbaues überlassenen Stadtmauerteile wieder ein Le gionsziegel gefunden wurde, der sich in der Sammlung des eifrigen Altertumsforschers J. B. Kaln befindet. Außerdem ist im Meierhof des Gastwirtes Vorauer in der Vorstadt Schmidberg unfern des römischen Lagers ein römischer Denkstein nur 1 Schuh unter dem Boden iiegend gefunden worden. Seine Auf stellung an einem zugänglichen Ort scheiterte an dem Eigenwillen des Meierhofbesitzers, weshalb nur eine Zeichnung zum Gebrauch des Nationalmuseum beigelegt wird und zu gleich die Abbildung des Ziegels." Das Ober österreichische Landesmuseum in Linz wurde damals als Nationalmuseum bezeichnet. Das darauf folgende Anerkennungsschreiben des Kreisamtspräsidenten bemerkt, ,,daß die Er werbung und Erhaltung solcher die vaterländi sche Wissenschaft so sehr berührenden Fundgegenstände für das Museum als be sondere Aufgabe zu betrachten sei." Dem Flo rianer Chorherrn und Professor für iateinische Philologie am Linzer Gymnasium Josef Gaisberger sind die ersten wissenschaftiich fun dierten Veröffentlichungen zu danken. Im Jahre 1846 erschien von ihm ,,Lauriacum und seine römischen Altertümer" und 1853 ,,Rö mische Inschriften im Lande ob der Enns", worin er Ennser Inschriftsteine näher bezeich nete. Er hat auch den Fundkatalog aus der Privatsammlung des Ennser Syndikus J. B. Kaln publiziert. Adalbert Stifter und Lauriacum Im Sommer 1851 führte ein Zufall zur Entdekkung des römischen Militärbades. Bei einer Feidbesteliung hatte ein Pferd westiich des Schloßmeierhofes Erdreich durchgetreten. Beim Nachgraben kamen Steinsäulen, die auf Gewölben ruhten, zum Vorschein. Kooperator Wieser machte Meldung an Professor Gaisberger, der mit dem damals in St. Florian weiienden Direktor des K. K. Antikenkabinetts in Wien, Ritter von Arneth, den Fundplatz besich tigte und auch eine Probegrabung anschloß, ihn dann aber, nach Entnahme einiger Säulen und Ziegel, zuschütten ließ. Kein Geringerer als Adalbert Stifter war es, der planmäßige Grabungen durch Fachleute veranlaßte. ,,Als ich am 22. September 1851 ei ner Schulprüfung In Enns beiwohnte", schreibt Stifter in einer Eingabe an den Statthalter, ,,machte ich nahe der Stadt eine Bemerkung, die ich . .. Euer Flochwohlgeboren doch nicht vorenthalten zu müssen glaube. Die Auffin dung eines römischen Bauwerkes bestätigt sich in einem Umfange, der zwar noch nicht si cher ermittelt werden, aber ganz gewiß nicht unbedeutend an Größe so wie alterthümlicher und geschichtlicher Wichtigkeit sein kann. Es ist jetzt davon ein sogenanntes Flypokaustum, eine Unterheiz zu Bädern entdeckt. .. Wie die Säulen liegen auch Estrichtrümer und Ziegel der LEG II außer der Grube herum." Stifter bemerkt hiezu; ,,Leider muß ich hinzufügen, daß die Ausgrabungen nicht in wissenschaftli chem und alterthümiichen Sinne, den die Wichtigkeit der Sache verdient, zu geschehen scheinen." Einige Jahre später - Stifter war in zwischen zum amtlichen Konservator der Denkmaipflege für Oberösterreich ernannt worden - bemerkte er am 7. Februar 1856 an den Schriftleiter Karl Weiß der ,,Mitteiiungen der Centraikommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale" wörtlich: ,,So z. B. bin ich der Urheber der Ausgrabung des Hypokaustum in Enns, besah sie, fuhr so gleich nach Linz zum H. Statthalter, stellte ihm sehr dringlich vor, daß hier die Behörden ein schreiten müssen ... In Folge dessen nahm sich der Statthalter mit seiner gewohnten Energie der Sache an, leitete systematische Ausgrabungen ein, bestellte auf meinen Vor schlag zum Aufseher der Ausgrabungen den Musealcustos Ehrlich, u. erwirkte vom Mini sterium Unterstützung." Die Fundmeldungen mehren sich Bei der Straßenumlegung am Bleicherbach wurden die dabei gemachten 87 Kleinfunde und 75 Münzen in einem Verzeichnis der ho hen K. K. ob der Ensischen Statthalterei ge meldet. Den Findern wurden 20 Gulden aus bezahlt. Der Bürgermeister bat in seinem Be gleitschreiben vom 2. August 1855 um Rück vergütung und wies darauf hin, daß alle Funde Eigentum des hohen Aerares sind und daher am Gemeindeamt abgegeben werden müs sen. Er müsse den Finderlohn sofort ausbe zahlen, nur so könnte der Fundverheimlichung vorgebeugt werden. ,,lch kann diesen unter tänigsten Bericht nicht schließen", fährt der Bürgermeister in seiner Berichterstattung fort, „ohne eines Umstandes zu erwähnen, wel cher nach unserem Dafürhalten der hohen K. K. Statthalterei ein wahres Interesse der Al tertumskunde zur geneigten Würdigung zu unterbreiten können. Auch betrifft die Erbau ung der Eisenbahn am rechten Donauufer, welche nach der bereits volizogenen Ausstekkung im Gebiete der Gemeinde Enns und Lorch gerade jene Stellen berührt, die aller Wahrscheinlichkeit nach manche schätzens werte Überreste des alten Lauriacum und ihrer Schätze bergen und deren Aufdeckung bei dieser Gelegenheit die interessantesten, so gar die wertvollsten Altertumsgegenstände zu Tage fördern werden. Man darf hieran umso weniger Zweifel hegen, als vielfach versuchte Privatnachgrabungen an den bezeichneten Punkten nie ohne Erfolg geblieben, und alte Urkunden und hierauf gesammelte Erfahrun gen dies voilkommen bestätigen. Bei der In angriffnahme des Baues nun, würde es in höchstem Interesse der Altertums- wie der ei genen Landeskunde sein, eine eigene hiezu befähigte und mit den erforderiichen Mitteln ausgerüstete Person aufzustellen, welche am Bauplatze beständig anwesend, die Funde zu überwachen, die erwerbenswerten Gegen stände zu übernehmen am besten geeignet ist, da außerdem eine Verheimlichung, Ver schleppung der kleineren Gegenstände, wor unter oft die kostbarsten enthalten sein kön nen, bei der wahrscheinlich großen Menge der Arbeiter kaum zu vermeiden sein wird." Im Jahre 1867 stieß ein Taglöhner auf Bürger spitalsgrund zwischen dem städtischen Teich und der Fruchtscheune auf Ackerparzelie 1039 auf 2 menschliche Skelette in Ziegelplat tengräbern. In dem von Bürgermeister Pein tinger am 7. Märzd. J. übermittelten Bericht an das Museum Francisco Carolinum werden 2 Ziegel mit dem Stempel der II. italischen Le gion erwähnt und zur Überprüfung einge sandt. Einer von diesen Ziegein, die vom Enn ser Boten überbracht wurden, wird zurücker beten. Es ist beachtenswert, daß der Einsen der, ohne Fachmann zu sein, ziemlich genaue 49
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2