Denkmalpflege Die Ruinen von Alt-St.-Laurenz zu Lauriacum-Lorch/Enns Lothar Eckhart Die archäologischen Ausgrabungen des OQ. Landesmuseums 1960/66 In der Fried hofs- und damaligen Flllal- und Kaplanelklrche St. Laurentius von Enns/Lorch-Laurlacum erbrachten eine Reihe von sakralen Vor gängerbauten, die, beginnend mit dem heidni schen Stadthelllgtum von Lauriacum, einem sogenannten gallorömlschen Umgangstem pel (letztes Viertel 2. Jahrhundert n. Chr. bis 315/20, profaniert noch bis um 370), über zwei frühchristliche Kirchen (,,Basilika I" ab etwa 370, ,,Basilika II" ab Mitte 5. Jahrhundert), über zwei frühmittelalterliche Kirchen („Frühmlttelalterklrche I" ab Mitte 8. Jahrhundert, ,,Frühmittelalterkirche II" ab Ende 10. Jahr hundert), schließlich In den gotischen Kir chenbau von 1285/91 mündet. Die Lorcher Kirchengrabungen offenbaren ein In dieser Dichte bisher unbekanntes, lückenloses, auf einem Keltentempel fußendes christliches Bautenkontlnuum vom 4. Jahrhundert n. Chr. bis zur heutigen Kirche, das ein ebenso lange währendes Kultkontlnuum widerspiegelt - die nie unterbrochene Verehrung der „Lorcher Märtyrer", der Leidensgefährten des am 4. Mal 304 In Lauriacum für seinen Glauben hingerichteten hl. Florian. (Zum ganzen ar chäologischen und kultgeschichtlichen Kom plex vgl. den zweiten Aufsatz des Verfassers In diesem Fleft: ,,Archäologische Zeugnisse des frühen Christentums In Oberösterreich": ebenda und Immer heranzuziehen die Gra bungspläne des gallorömlschen Umgangs tempels, der Basiliken I, II, der Frühmittelal terkirchen I, II und der Gesamtplan, Abb. 2, 3, 12, 16). Der Bedeutung der Grabungsergebnisse ent sprechend, erhoben sich Wunsch und Forde rung, entgegen der ursprünglichen Absicht den archäologischen Befund nicht wieder zu zuschütten, sondern Ihn als Geschichtsdenk mal schlechthin sichtbar zu halten. Das ge schah nach vorhergegangener,,Studienreise zu wichtigen Ausgrabungsstätten Raetlens und Germaniens, an der Vertreter der kirchli chen Behörde, der Grabungsleitung und der Denkmalpflege teilgenommen haben, nach zahlreichen Konsultationen und technologi schen Untersuchungen .. . auf der Grundlage einer Situationsdarstellung des Grabungslei ters . . durch Öffnung des Presbyterlum bodens und Schaffung einer ,,Unterkirche" unter dem Kirchen-Langhaus. Eine solche hat es nie gegeben, sie entstand erst nach und nach In Verbindung mit den Ausgrabungen als Ergebnis umfassender, vom Dachboden bis unter die Langhauspfeiler reichenden Siche rungsmaßnahmen am bedrohlich baufälligen Klrchengebäude^. Die Bauarbelten zum Zwecke der,,Freihaltung und Zugängllchmachung des Im Zuge der Grabungen aufgefun denen gewaltigen Mauerbestandes von VorAbb. 1 Das Presbyterium während der Ausgrabungen gegen Osten. Apsis der Basilika I (II) mit mittlerer Ausnehmung. - Sämtliche Fotos zu dieser Abhandlung: Eiersebner, 00. Landesmuseum gängerbauten der jetzigen Kirche"^ dauerten vom 5. 4. 1965 bis zum 29. 10. 1965 (Einzie hung des neuen Langhausbodens 17.11. 1966 bis Anfang 1967), seine denkmalpflegerlsche Konservierung mit Unterbrechungen vom 3.10.1963 bis 30.11.1963 (Altarregion) und 22. 8.1966 bis 31. 12.1968 (übriger Gra bungsbereich). Die heutige gotische Kirche, die sich im Osten und Norden noch Immer an Tempelmauern anlehnt, umschließt Im wesentlichen sämtli che Vorgängerbauten, die, was den frühchrist lichen Kirchenkomplex anlangt, zu Ihrer Mit telachse symmetrisch liegen; nur der Umgangs tempel griff leicht exzentrisch mit Resten sei ner nördlichsten Region über die KirchenNordmauer hinaus. So Ist, ausgenommen Zo nen ganz Im Osten und Westen, Im Kirchen raum die gesamte Archäologielandschaft der Grabungsjahre 1960/66, soweit erhaltungs möglich und -würdig, welter vorhanden". Im Presbyterium von oben, unter dem Langhaus samt Seltenkapellen bei Begehung zu besich tigen. Am eindringlichsten konzentrieren sich Ver zahnung und Verklammerung des Bautenab laufs zwischen den Mauern des Presbyterlums (Abb. 1): In die zutiefst Nord-Süd strei chende Gella-Ostmauer des Umgangstem pels Ist die Apsis der Basilika I (II) eingesenkt (zwei unterirdische Apsls-Helzkanäle finden an der Tempeimauer Anlehnung), die Ihrer seits von der hufeisenförmigen Innenmauer der Umgangsapsls der Frühmittelalterkirche I (II) überlagert wird, während der Halbkreis der Außenmauer die östliche Tempelumgangs und spätere Basilika I (Il)-Mauer wiederum durchbricht. Es war daher eine der glücklichen Fügungen der Kirchengrabungen 1960/66, daß sie nach Untersuchung der Sakristei Im Presbyterium beginnen konnten, wo die klar trennbar aufeinanderfolgenden Ostmauern der Vorgängerbauten praktisch bereits Im er sten Grabungsjahr eine relative Chronologie boten, die später den Schlüssel zum Ver ständnis des - für sich besehen - ungleich komplizierteren archäologischen Befundes Im Langhaus darstellte. Im Kirchen-Langhaus dominieren die mächti gen Fundamentmauern des einschiffigen Ba silika I-Langhauses - von allen folgenden Kir chen bis zum Beginn der gotischen weiterver wendet-, an denen sich überdies In geringer Höhe aufgehendes Mauerwerk erhalten hat (Süd-, Nord- und Westmauer), was auch bei den Apslsbögen Im Chor der Fall Ist. Zusam men mit dem Basilika I-Langhaus entstand ein unterirdisches Heizsystem, von dessen eher morschem Mauerwerk Im wesentlichen noch zwei einander kreuzende Diagonalka näle zur Dokumentation kamen, die In Im Wege stehende Tempelmauern (CellaWestmauer, westliche Umgangsmauer, Trennmauer zweier Westräume), ohne dlesselben gänzlich zu beseitigen, eingelassen sind (Abb. 2). Die eigentliche Erwärmung des Basilika I-Langhauses erfolgte jedoch nicht vom Fußboden, sondern von den Längswän den aus, die mit Hohlziegeln verkleidet waren, durch die die In den Unterflurkanälen zirkulie rende Heißluft, jetzt direkter wirksam, hochund dann Ins Freie ging. Solche Gewändehelzzlegel bzw. deren Abdrücke Im Mauer mörtel sind noch In der Langhaus-Südostecke und an der Langhaus-Süd- und Nordmauer festgehalten. Außerhalb der Langhaus-Nordmauer ziehen parallel die letzten Steine der Cella-Nordmauer des Umgangstempels, wir befinden uns Im Bereich seines Nordumganges, wobei die Nordumgangsmauer mit der KirchenNordmauer korrespondiert. Im Westen konn ten einige brüchige Quermauern von Tempel kultbecken und ein Stück Beckenboden über leben, gegen Osten zu erreicht man drei Be tonstufen tiefer durch die Wangenmauern sei nes ehemaligen Treppenabganges den Tem pelkeller mit den Ostenden der Süd- und Nordmauer noch In voller Höhe (ca. 2 m) und 43
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