Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 1, 1982

Historische Kunst Albrecht Altdorfer, Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, um 1515/16, Lindenholz, 102 X 116,6 cm, Gemäldegalerie Kassel In seinem Testament gibt Altdorfer an, daß er das ,.Seelgerät" ,,nlt beger noch haben wil". Diese Bestimmung gilt als sicherer Hinweis auf Altdorfers Bekenntnis zum neuen Glau ben. Da er aber in der Kirche des ehemaligen Augustinerklosters, deren Propst und Pfleger er seit 1534 war, bestattet wurde, ist anzu nehmen, daß er bei seinem Tod noch auf dem Boden des alten Glaubens stand. Die Augustinerkirche, die unmittelbar neben seinem Haus in der Oberen Bachgasse stand. wurde 1838 abgerissen. Dabei zerschlug man den Grabstein Altdorfers, offenbar um die in Metall eingelegten Teile zu rauben. Zwei Jahre später wurden zwei Bruchstücke des Grabsteins wieder aufgefunden. Eines davon ist inzwischen wieder verschollen, das andere mit dem Wappen, Namenszeichen und einem Teil der Inschrift, in der er als ,,paumeister" bezeichnet wird, gelangte in das städtische Museum. Jedes Kunstwerk ist zugleich Selbstdarstel lung des Künstlers, aber es wird erst vor dem Zeithintergrund ganz verständlich. Gegen Ende des Mittelalters ist die ganze Welt in Auf ruhr und viele Menschen - auch der junge Luther - erwarten ein nahes apokalyptisches Weltende. Alle alten Ordnungen scheinen sich aufzulösen. Die Kirche, die Hüterin der Offen barung und die Vermittlerin der ewigen Heiiswahrheiten, die für den mittelalterlichen Men schen der sichtbare Ausdruck einer von Gott gegebenen Weltordnung und eines sich im 39

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