Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 1, 1982

Historische Kunst gesehen haben kann, denn er stellt z. B. San Marco mit zwei gotischen Spitztürmen dar. Aitdorfer blieb sein ganzes Leben lang der Stadt Regensburg eng verbunden. Schon 1508 tritt er ais ,,Siegeibittzeuge" bei der Besiegelung einer Urkunde auf, die von der Stadtverwaltung ausgestellt wurde. Ein Jahr später leistet die Stadt einen Beitrag von 10 Gulden für eine ,,Gemäidetafel" Altdorfers, die in dem Chor des romanischen Kirchieins Weih St. Peter - südlich vor den Mauern der Stadt - aufgestellt wurde. Er muß als Künstler sehr rasch zu hohem Ansehen gekommen sein, denn schon kurz danach empfängt er den Auftrag zu seinem größten Werk, dem mächtigen Sebastianaltar für das Augustinerchorherrenstift St. Florian in Ober österreich, dessen Mensa am 26. April 1509 eingeweiht wurde. Der Stifter, der sehr kunst verständige Propst Peter Maurer, wird den Maier mit Bedacht gewählt haben. Aitdorfers Ruhm war also schon weit über die Mauern der Stadt hinaus gedrungen. So ist es auch verständiich, daß erstmalig 1512 Kaiser Ma ximilian ihn zu seinen umfangreichen künstierischen Unternehmungen mit heranzog. Der Kaiser muß ihn besonders geschätzt haben, da er ihm neben Dürer die meisten Aufträge erteilte, insgesamt mindestens 200 verschie dene Arbeiten. Dem Kaiser war seine Mitarbeit so wichtig, daß er seinem Hofhistoriographen Stabius Haus und Garten in Regensburg schenkte, damit er dort wohnen und Aitdorfer beraten konnte. Den wichtigsten Teil dieser Arbeiten bilden die goldgehöhten Pergamentminiaturen zum ,,Triumphzug Kaiser Maximilians", die in der Aibertina in Wien neben den dort aufbewahr ten Dürerzeichnungen zum kostbarsten Besitz dieser einzigartigen Sammlung gehören. Ich konnte nachweisen, daß sie in der Werkstatt Aitdorfers In Regensburg mit mehreren Hel fern ausgeführt wurden. Von der ganzen Folge von ehemals 109 Blättern hat sich nur etwa die Hälfte - 59 Pergamente - erhalten, von denen ungefähr ein Drittel eigenhändig von Aitdorfer gemalt wurden. Sie bilden einen Höhepunkt der gesamten deutschen Kunst der Dürerzeit. Besonders in den von Aitdorfer gemalten Schlachtenbildern, die bereits sein Hauptwerk ,,Die Alexanderschlacht" vorbereiten, eilt er aller künstlerischen Entwicklung der Zeit weit voraus. Aitdorfer muß damals bereits eine angesehe ne, leistungsfähige Werkstatt besessen ha ben, da ihm sonst der Kaiser sicherlich nicht so bedeutende Aufträge hätte zukommen lassen. Auch hier zeigt sich eine Beziehung zur Minia turmalerei. Diese Arbeiten für Maximilian bilden den wich tigsten und folgereichsten Einschnitt in die künstlerische Entwickiung Aitdorfers. Die Be rührung mit der geistigen Welt des Kaisers und seiner humanistischen Ratgeber, die Zusam menarbeit mit Dürer, besonders beim ,,Ge betbuch", nicht zuletzt auch die Besonderheit der Aufgaben, denen er sich zuchtvoll unter ordnen mußte, haben einen entscheidenden Wandel seines Stiles verursacht. Der,,Sturm und Drang" der Jugend, das Leidenschaft lich-Ungezügelte, der Rausch und Über schwang seines ersten Schaffens, all das, was sich in seinen frühen Zeichnungen so hinrei ßend offenbart, beruhigt sich. Die ausfahren den Bewegungen seiner oft unproportionier ten Gestalten machen stillen, behäbigeren Fi guren Platz, die in einer wirklicheren Weit beheimat sind. Wie hoch Aitdorfers Kunst ge schätzt wurde, zeigt sich auch darin, daß er 1515 für einen Altar für die nahe bei Regens burg gelegene Marienwallfahrt in Scheuer, für die Hans Leinbergerdie Figuren schnitzte, die beachtliche Summe von 80 Gulden erhielt. Diese Erfolge ermöglichten es ihm bereits 1513, also acht Jahre nach seiner Ankunft in Regensburg, ein großes Patrizierhaus ,,sambt dem Thurm vnd Hofstetten... an Sand Veytspach bey den Augustinern" zu erwer ben. Es steht heute noch in der Oberen Bach gasse und nimmt sich selbst für jetzige Ver hältnisse sehr stattiich aus. Fünf Jahre später, 1518, kauft er bereits ein zweites Haus, ,,mit Hofstatt und Garten am Eck im Spiegel", das er 1522 wieder abgab. Dazu hören wir von der Erwerbung von Wein gärten in Dechbetten und unterhaib von Do naustauf. 1532 erwirbt er ein drittes Haus mit Garten am Westrand der Stadt, das er umbaut und in dem er stirbt. im Auftrag der Stadt hatte Aitdorfer bereits 1512 die Entwürfe für einen Goldgulden gelie fert und 1517 den Vorhang für den ,,Heiltumsstuhl" gemalt. Auch später erhält er immer wieder Aufträge der Stadt. Bereits 1515 er scheint er als Mitglied des Ausschusses der ,,Wildwercherwacht" und zwei Jahre später wird er Mitglied des Äußeren Rates. In seiner Eigenschaft erscheint er eng mit den Ereignis sen verbunden, die 1519 mit der Austreibung der Juden und mit der Errichtung der Wallfahrt zur ,,Schönen Maria" zusammenhängen. Ei nen Tag vor dem Abriß der Synagoge hält er den altertümlichen Bau in zwei höchst selte nen Radierungen fest. Im Auftrag der Stadt malt er die Kirchenfahne für die Wallfahrtska pelle zur,,Schönen Maria", illuminiert die Ab laßbulle und wird außerdem mit einer Wun derdarstellung für die Kapelle und anderen Arbeiten betraut. 1520/25 erscheint er in den Listen der Besitzer des ,,Hansgrafenamtes", von dem die Kaufleute und Handwerker über wacht wurden. 1525 zählt er zu den neun Mit gliedern des Äußeren Rates, die das Stadt oberhaupt, den Kammerer und den Inneren Rat wählen. Ein Jahr später wird er selbst Mit glied dieses Inneren Rates und Stadtbaumei ster. Seine Bauphantasie, die sich besonders in dem Paiast des Münchner Susannenbildes so hinreißend offenbart, hat er aber niemals verwirklichen können. Wir wissen nur von nüchternen Zweckbauten, von einem Wein stadel und einem Schlachthaus sowie einem Marktturm, die er für die Stadt baut. Im Ange sicht der drohenden Türkengefahr erhält er 1529 den Auftrag, die Stadtbefestigung ,,Osten-Pastey", ,,Kreuz-Pastey" und ,,Eisengred" zu verstärken. 1525 wird er als Verwalter des Ingolstädter Seelhauses genannt. 1527/28 nimmt er drei mal an den Verhören gegen die Wiedertäufer teii, die in dieser Zeit mit großer Grausamkeit verfolgt und meistens verbrannt wurden. Im September des gleichen Jahres schlichtet er als Ratsmitglied verschiedene Streitigkeiten. Aitdorfer war 1528 selbst zum Kammerer ge wählt worden. Es war das höchste Amt, das die Stadt zu vergeben hatte, weil seit hundert Jahren kein Bürgermeister mehr gewählt wur de. Er wehrt sich gegen diese Wahl, weil er für den Herzog Wilhelm von Bayern ein großes Werk zu fertigen übernommen habe, welches bald zu liefern sei. Im folgenden Jahr (1529) gewährt ihm die Stadt,,Befreiung von den Ge schäften", damit er sein ,,Werk" für den Her zog vollenden könne. Dabei handelt es sich um die „Alexanderschlacht". Seine enge Verbindung zu Kaiser Maximilian, dem er jahreiang mit seiner Kunst gedient hat te, läßt vermuten, daß Aitdorfer in den Wirren, die die Ordnung der Stadt, besonders im Jahre 1513, bis in die Grundfesten erschütterten, ein Parteigänger des Kaisers war. Die alte Ver bindung zum Hof und sein weltweites Anse hen veranlaßten den Stadtrat im Jahre 1535, Aitdorfer als Gesandten nach Wien zu schikken, um die beim Römischen König in Un gnade gefallene Stadt durch mündliche Vor sprache zu entschuidigen und um ein Ent schuldigungsschreiben zu überreichen. Es handelt sich vor allen Dingen um den ernsten Vorwurf, daß die unter kaiserlicher Herrschaft stehende Stadt sich heimlich wieder in Ver handlungen mit dem Herzog von Bayern ein gelassen habe, sowie um zwei Augustiner prediger, die der lutherischen Lehre anhingen und die deshalb auf Befehl des Kaisers aus der Stadt verwiesen werden sollten. Aitdorfer erhielt unter dem 9. Februar 1535 vom König einen ,,gnädigen Abschied", wobei dieser der Stadt zugleich seine Zufriedenheit bezeigte. Am 17. Juli 1532 starb Anna, die Frau Aitdor fers. Sechs Jahre später, am 12. Februar 1538, schied Aitdorfer, etwa 55 Jahre alt, selbst aus einem reicherfüllten Leben. Das zwanzigseitige Testament mit ausführlichem Nachlaßverzeichnis läßt erkennen, daß Alt37

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