Historische Kunst Albrecht Altdorfer (zum 500. Geburtstag) Franz Winzinger Albrecht Altdorfer gehört in die vorderste Reihe der großen deutschen Maler und Zeich ner. Neben den ,,Vier Aposteln Dürers", dem ,,lsenheimer Altar Grünewalds" und einigen ,,Bildnissen" des jüngeren Holbein ist seine ,,Alexanderschlacht" der wichtigste deutsche Beitrag zur abendländischen Maierei der Neu zeit. Aitdorfer ist zugleich der Hauptmeister der sogenannten ,,Donauschule", die sich am Beginn des sechzehnten Jahrhunderts, also zur Zeit Dürers, auf dem aiten bajuwarischen Siedlungsgebiet zwischen Lech und Leithe und dem dazugehörigen Aipenraum eigenwüchsig entfaltet. Man hat im Jahre 1980 an seinen 500. Ge burtstag erinnert, doch stehen Ort und Zeit seiner Geburt keineswegs so unumstritten fest, wie man das allgemein anzunehmen scheint. Altdorfer wird zum ersten Mal sichtbar am 13. März 1505 in seinem Eintrag des Bürger buches der Stadt Regensburg, wo es heißt, er sei,,burger worden vnd pflicht getan Pfintztag nach Judica". Dabei wird er ausdrücklich als ,,maier von Amberg" bezeichnet. In seiner ,,teutschen Akademie" von 1675 gibt Sandrart als Heimat des Künstlers Altdorf in der Schweiz an, aber auch Altdorf bei Nürn berg und besonders Altdorf bei Landshut wur den als Geburtsorte des Meisters genannt. Eine Reihe von Umständen deuten aber un mißverständlich darauf hin, daß er in Regens burg zur Welt gekommen war, obwohl sich der Familienname Altdorfer tatsächlich von Altdorf bei Landshut ableiten könnte. Bisher wurde stets mit Recht vermutet, daß der Vater Al brecht Altdorfers der,,maier" Ulrich Altdorfer war, der 1478 das Bürgerrecht in Regensburg erworben hatte, es aber bereits dreizehn Jahre später, 1491, wieder aufgab und völlig mittellos die Stadt verließ. Er war so arm, daß er nicht einmal die geringe Schreibgebühr für seinen Abzug bezahlen konnte. Die Tatsache aber, daß er 1491 die Stadt verlassen hatte, Albrecht aber andererseits später wieder zu zog, spricht deutlich dafür, daß Ulrich tatsäch lich der Vater war. Die enge Verbindung der Familie mit Regensburg geht vor allem auch aus den Vornamen der Kinder hervor. So ist Aibrecht selbst wohl nach Albertus Magnus benannt, der zeitweise Bischof von Regens burg war, denn Albrecht Ist die deutsche Form von Albertus. Die Geschwister hießen Erhard, Aurelia und Magdalena. Erhard und Aurelia sind aber ausgesprochen regensburgische Namen. Erhard war ein bedeutender Bischof, der zugleich wie der heilige Emmeram in Re gensburg wirkte und der prachtvolle Grabstein der seligen Aurelia, die kaum außerhalb der Stadt verehrt wurde, liegt heute noch in Sankt Emmeram. Die Annahme, daß Altdorfer im Jahre 1480 zur Welt gekommen sei, steht dagegen keines wegs fest. Sie geht auf den verdienten Altdor ferforscher Carl Waldemar Neumann zurück, der als erster bereits 1872 In Meyers Allge meinem Künstlerlexicon die erste Zusammen fassung der Nachrichten über das Leben Altdorfers gab. Er nahm an, daß der Meister 1505 bei der Annahme des Bürgerrechts das mannbare Alter von 25 Jahren erreicht haben mußte, wie es vom römischen Recht gefordert wurde, und daß er damit spätestens 1480 ge boren worden sei. Neuere Untersuchungen erwiesen diese Annahme als einen Irrtum. So ist in den Regensburger Regimentsordnungen von 1500 und 1514, welche wichtige verfas sungsrechtliche Einzelbestimmungen enthal ten, ein derartiges Mindestalter nicht vorgese hen. Aus dem Bürgerbuch von 1521 ist ferner zu entnehmen, daß die jungen Erbbürger be reits im Alter von 16 Jahren den Bürgereid schwören mußten. Das Alter von 25 Jahren als Beginn der Handlungsfähigkeit und Mün digkeit wurde vom römischen Recht gefordert, dessen Einfluß sich In Regensburg, Im Ge gensatz zu anderen Städten, aber erst später nachweisen läßt. Zur Zeit der Bürgerauf nahme Altdorfers war es sicherlich noch nicht maßgeblich. Bei der Ermittlung der Geburtszelt des Mei sters ist man also ganz allein auf sein künstle risches Werk angewiesen. Seine ersten si gnierten und datierten Stiche und Zeichnun gen tragen die Jahreszahl 1506. Bei der da maligen Frühreife der Künstier möchte man sie eher einem Zwanzigjährigen zuordnen. Das bedeutet, daß Aitdorfer höchstwahr scheinlich erst einige Jahre nach 1480 zur Welt kam. Überblickt man sein Schaffen und die künstlerischen Tendenzen der Zeit, so kommt man ebenfalls zu einem späteren Ge burtsdatum. Das ist aber für seine Entwicklung von entscheidender Bedeutung, denn in die ser turbulenten Zeit geistiger Umwälzungen kommt es buchstäblich auf jedes einzelne Jahr an. Über die Lehr- und Wanderzeit Altdorfers gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte. Es ist wahrscheinlich, daß er die erste künstlerische ünterweisung in der Werkstatt seines Vaters empfing, von dessen Tätigkeit wir keinerlei Vorstellung haben. Die kleinteilige, miniaturar tige Malwelse seiner frühen Bilder läßt vermu ten, daß er seine Lehrzeit mindestens zeit weise In einer Minaturenwerkstatt zugebracht hatte. Es liegt nahe, dabei an die blühende Werkstatt des Berthold Furtmeyr zu denken, die mindestens von 1470 bis 1501 in Regens burg in Betrieb war und in der umfangreiche kirchliche Prachtwerke mit zahlreichen Per gamentminiaturen angefertigt wurden, wie das große überaus aufwendige fünfbändige Missale für den Saizburger Erzbischof Bern hard von Rohr von 1481, das sich heute in der Münchner Staatsbibliothek (Cod. 15708 -12) befindet. Altdorfers Arbelten, mit denen er 1506 In Erscheinung tritt, sind aber völlig un abhängig von jeder vorausgehenden Kunst übung. Der altertümliche Stil der Werkstatt Furtmeyrs färbt darin keineswegs ab. Altdorfers früheste Arbeiten, die winzigen und primitiven ,,Mondseer Holzschnitte", die si cher vor 1505 entstanden sind, deuten auf das Salzkammergut. Mit Bestimmtheit läßt sich tatsächlich aus seinen Werken die Bekannt schaft mit dem mächtigen Altar Michael Rä chers in St. Wolfgang erschließen. Daß schon frühzeitig die Landschaft des Alpen- und Vor alpenlandes seine künstlerischen Vorstellun gen befruchtet, davon zeugt sein ganzes Werk. Höchstwahrscheinlich ist Altdorfer in den er sten Jahren nach 1500 auch dem jungen Cranach in Wien begegnet, da sich dessen Einfluß gerade in den frühen Zeichnungen Altdorfers mit Händen greifen läßt. Die frühere Forschung (Giehlow, Baldass, Benesch) nahm an, daß Altdorfer frühzeitig mit der kaiserlichen Werkstatt des Jörg Kölderer in Innsbruck in enge Berührung gekommen sei. Man meinte, er habe dort besonders bei der Vorbereitung und Ausführung der ,,Triumphminiaturen" entscheidende Anre gungen für seinen Stil gefunden. Nachdem ich zeigen konnte, daß diese Miniaturen - ein Hauptwerk der Kunst der Dürerzeit-erst nach 1512 in der Werkstatt Altdorfers in Regens burg entstanden sind (Winzinger: A. A. und die Miniaturen des Triumphzuges Kaiser Maximi lians. Jb. d. Kunsthist. Sig. in Wien, Bd. 62, 1966, sowie Faksimilieausgabe. Veröffent lichungen V. der Albertina, Graz 1972/73, 2 Bde), muß die Vorstellung einer früheren Tä tigkeit Altdorfers in der Werkstatt Kölderers aufgegeben werden. Dieser Werkstatt kommt auch keineswegs die Schlüsselsteilung für die Entstehung des „Donaustlls" zu, die man ihr zuschrieb. In Wirklichkeit hat die altertümliche Kunst Kölderers mit dem ,,Donaustil" über haupt nichts zu tun. Altdorfers Form ist in höchstem Maße eine ganz eigene, weitge hend unabhängige Schöpfung. Es ist auch immer wieder versucht worden, aus seinen Werken eine italienreise, beson ders nach Venedig, nachzuweisen. Es gibt aber keinen einzigen sicheren Anhalt für einen solchen Aufenthalt im Süden, besonders nicht für Altdorfers Frühzeit. Für seine zahlreichen antikischen Motive lassen sich die Vorlagen, meist italienische Stiche, fast lückenlos auf zeigen. Altdorfers Darstellung der Stadt Ve nedig von 1513/16 in den Wiener Thumphminlaturen zeigt auf den ersten Blick, daß er diese Stadt bis dahin niemals in Wirklichkeit 35
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2