Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 1, 1982

/i Vj,. , « \ if jrff ii V I kiMmS •tj' J'i i "5?', V- ^ ii pannonische Machtvakuum gefüllt, das der Untergang der Awaren geschaffen hatte. Priwlnas Herrschaftsbildung um den Plattensee stellt ein typisches ,.Zusammenströmen" der verschiedensten Ethnika dar, die sich Ihm als Ihrem Herrn anschlössen: Slawen aus dem Gebiet nördlich der Donau und aus Karantanien, sowie zahlreiche Bayern sind in seiner Umgebung nachzuweisen. Er und seine Gruppe hatten gute Beziehungen zum fränkisch-langobardischen Friaul. In den sieb ziger Jahren des neunten Jahrhunderts fan den diese Versuche, sicher auch durch die griechische Slawenmission Cyrills und Methods kompromittiert, ein Ende, ohne daß aber ein neuer Slawenstamm entstanden wäre. Pannonien war nun dem mährischen wie frü her dem bulgarischen Druck ausgesetzt und schließlich nicht mehr zu halten, als die Un garn kamen. Andere Slawenfürsten, wie die Vorfahren des Joseph von Stiefern Im niederösterreichi schen Kamptal, nützten die Randlage und entschieden sich wie Priwina gegen die Mäh rer und für die Bayern. Joseph ist 902/03 be zeugt und erhält in einer Freisinger Urkunde die für einen Weltlichen herzogsgleiche Titula tur eines wr venerabilis; sein Gefolge führt slawische oder biblische Namen und wird nicht an den Ohren gezogen, wenn seine An gehörigen Zeugnis ablegen. Sie waren also rechtlich keine Bayern. Die in der RaffelstettenerZoliordnung von 903/05 genannten Rugier sind mit größter Wahrscheinlichkeit die Ange hörigen des kleinen Kamptal-Fürstentums Jo sephs. Schluß Seit der Schlacht von Adrianopel 378 erlebte der Donau- und Ostaipenraum bis an den Be ginn des zehnten Jahrhunderts eine starke, obgleich gegen das raetische Bergiand ab nehmende ethnische Mobilität. Alle Versu che, das Gebiet der raetisch-norisch-pannonischen Provinzen aus sich heraus zu organi sieren, scheiterten binnen kurzem. Es waren im Frühmittelalter stets die Mächte außerhalb des Raums, die ihn auf ihre Weise zu gestalten suchten, wobei es zu Spaltungen und Auftei lungen kam. Die anfänglich vom Süden, von Italien, getragene Organisation und Verteidi gung des Gebiets wichen im sechsten Jahr hundert zunächst einer west-ost-gerichteten Erfassung durch die Franken und schließlich um 600 der Aufteilung zwischen Franken und Bayern einerseits, sowie Awaren und Slawen andrerseits. Der fremde Einfluß blieb jedoch zumeist auf eine mehr oder weniger nominelle Oberhoheit beschränkt. Die Kleinräumigkeit des Ostalpenraums, aber auch die der Donau landschaft des heutigen Österreich erlaubten eine ebenso starke Eigenständigkeit wie Viel falt kleiner ethnischer Gruppen, die vieles vom Erbe der ausgehenden Antike wie der Völker wanderungszeit erhielten. Namengebungen, aber auch Verfassungsformen bewiesen mit unter eine erstaunliche Kontinuität. Stets be saß aber das territoriale, regionale, ja lokale Element die Entscheidung über die Namenbiidung. Dieses konnte umso unbeschränkter wirken, als die hier entstehenden und sich im mer wieder neu bildenden Völker - mit Aus nahme der Langobarden - keine echten, das heißt, kaiserzeitlichen Herkunftsgeschichten besaßen. Die Bayern hatten bei ihrer Kindesweglegung keine derartige Überlieferung mit bekommen; aber auch den Alemannen und Churraetern, Breonen und Karantanen blieb ein solches Angebinde versagt. Ganz zu schweigen davon, daß sich jemand gefunden hätte, die Traditionen eines Zupan von Kremsmünster, eines Techiilnus, Joseph oder Priwina aufzuzeichnen. Die bayerische Stammessage des Hochmittelaiters ist Litera tur, wie sehr auch manche Einzelheiten zu stimmen scheinen. Die Geschichte von der „Rückkehr" der Noriker-Bayern setzt aber das Land, die patria, voraus. Es ist also die Ge schichte des Landes, woraus in unserem Raum Identitätsgefühl und Legitimität zu ge winnen waren. 25

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