Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 1, 1982

i: Links: Funde aus Frauengräbern in Auhof bei Perg, 9./10. Jahrhundert, Brosche und Schmuckplatte mit Evangelistendarstellung, Schloßmuseum Linz. - Foto: Gangl Rechts: Sogenannter ,,karolingischer" FlechtI*', bandstein von der Martinskirche in Linz, Stadtmuseum Linz. - Foto: Michaiek Die Redaktion dankt dem Kunsthistorischen Museum Wien (Dr. Oberleitner), dem Stadt museum Linz (Dr. Ruprechtsberger) und dem Oö. Landesmuseum (Dr. Reitinger, Pertlwieser) für kollegiale Hilfe bei Bebilderung dieser Ab handlung der Ortsname ,,zu den Dudleben" vor. Es handelt sich dabei entweder um einen Hinweis auf einen einzigen Angehörigen oder auf eine Kleingruppe des Stammes, der sonst In Süd böhmen wie am ukrainischen Bug siedelte und von den Awaren viel zu leiden hatte. Die Gren zen Karantaniens sind nicht überall leicht zu bestimmen: im Westen und Nordwesten schloß das Land an Bayern an, im Norden reichte es bis ins Bergland des heutigen Nie derösterreichs, wobei die Schwarza ein Grenzfluß gewesen sein dürfte. Die Ostgrenze bildete das Bergsystem, das von der nieder österreichischen Buckligen Welt mit seinen Ausläufern bis zur mittleren Mur reichte und als mons Predel, als ,,Grenzberg", wenn auch erst aus der Ungarnzeit, überliefert wird. Welche Teile Nordsloweniens noch dazuge hörten, ist schwer zu sagen; im Südwesten bildeten die Karnischen Alpen die Grenze. Die Böhmen folgen als nächstes Volk im Ordinatio-Katalog. Stärker als die 817 noch nicht genannten Mährer bleiben sie außerhalb des Donau- und Alpenraums. Das Donautal war noch 853 von Böhmen durch die Barriere des ,,Nordwalds" so sehr getrennt, daß König Ludwig der Deutsche hier - zwischen Naarn und Alst - Land schenken konnte, ohne eine Grenze festlegen zu müssen. Am Ende der Karolingerzeit kommen die Böhmen regelmä ßig an die Donau, um hier Handel zu treiben. Die Awaren und Slawen östlich Bayerns werden in einem Atemzug genannt; das ist auch gut zu verstehen, da sie auseinander und gegeneinander entstanden sind. Das späte awarische Volkstum und seine Sprache stel len aber schwierige Probleme dar. Möglicher weise gab es drei verschiedene Völker, die seit der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhun derts nacheinander den Awaren-Namen führ ten und damit eine Übung fortsetzten, die bis in die außerpannonische Geschichte dieser ,,Skythen" zurückreichte. Das Ende der Awa ren kündigte sich im letzten Jahrzehnt des achten Jahrhunderts in einem selbstmörde24 rischen Krieg aller gegen alle an, während die fränkischen Armeen die Offensive ergriffen. So kam es schließlich zum spurlosen Ver schwinden der Awaren. Man war so lange heidnischer Awar, als man Herr sein konnte, gleichgültig, ob man türkisch, slawisch, ger manisch oder romanisch sprach oder sonst ein Idiom verwendete. Hörte das Herrenda sein auf, wurde man christlicher Slawe, Bayer, Walche oder abhängiger awarischer Bauer, obwohl diese Existenz die geringste Aussicht auf Dauer hatte. Wer aber sein Herrendasein retten wollte, ging rechtzeitig zum äußeren Feind über. Beispiele dafür enthält sowohl die literarische wie die urkundliche Überlieferung der Zeit. Bis tief zurück in die Epoche der Awa ren reichen etwa die Verhältnisse, die eine Königsurkunde des Jahres 832 an der nieder österreichischen Erlauf beschreibt. Hier leben Slawen, hier befindet sich aber auch ein Platz, ,,der seit alters Harlungenburg" heißt. Woher kommt dieser Name, noch dazu in unmittelba rer Nähe zu Pöchlarn-Bechelarn, wo 853 ein Harlungenfeld bezeugt wird? Die Härtungen gehören zum gotisch-erulischen Sagenkreis um König Ermanarich, dem sie in tragischer Weise zum Opfer fallen. Harlungenberge gibt es im gesamten deutschen Sprachraum, an der Erlaufmündung aber liegt die älteste Er wähnung. Sie galt jedoch ihrerseits schon ,,seit alters", wurde also bereits vor dem Ende der Awarenzeit gebraucht. Die Beschreibung des Reichs Ludwigs des Deutschen endet mit den Slawen im Osten beziehungsweise östlich Bayerns. Schon im agilolfingischen Herzogtum lebten Slawen im heutigen Oberösterreich, genauer im Traungau. Hier wurde 777 die Gründungsurkunde von Kremsmünster ausgestellt, in deren ech tem Teil die älteste bekannte 2upan-Nennung vorkommt. Der lopan (Zupan) Physso war der Anführer einer slawischen Kleingruppe, die wahrscheinlich vor den Awaren geflohen und um 750 auf bayerisches Gebiet übergetreten war. In den entsprechenden Darstellungen und Handbüchern wird meistens darauf hin gewiesen, Kremsmünster sei zur Slawenbe kehrung gegründet worden. War davon 769 bei der Stiftung von Innichen an der Karantanengrenze ausdrücklich die Rede, so fand man es hingegen 777 im bayerischen Traungau offenkundig nicht nötig, heidnische Sla wen zu bekehren. Ebensowenig läßt hier die zeitlich nächste Quelle noch slawisches Hei dentum erkennen. Im Jahre 827 war ein Techilinus zusammen mit seinen Söhnen und mehr als zwanzig Leuten vor dem zuständigen Gra fen erschienen, um die Grenze zwischen dem Siedlungsgebiet seiner Gruppe und dem der Freisinger Grundherrschaft schiedsgerichtlich festlegen zu lassen. Dabei handelt es sich um den Freisinger Stützpunkt Puchenau am lin ken Ufer der Donau oberhalb von Linz und um das Feld zwischen dem Ort Puchenau und dem Pöstlingberg. Die Angehörigen beider Gruppen gelten als Adelige. Einerseits werden sie ausdrücklich so genannt, andrerseits konnten nach dem Bayerngesetz bloß Adelige als rechtskräftige Zeugen auftreten. Häufig berichten die Quellen von freien slawi schen Siedlern, die sich im fränkisch-bayeri schen Awarenland niedergelassen hätten, und zwar zusammen mit Bayern und ohne sie, in menschenleeren Räumen und in solchen, woraus sie ihre einstigen awarischen Herren erst vertreiben mußten. Die zweifellos bedeu tendste slawische Stammesbildung erfolgte außerhalb des Donauraums an March und Thaya. Die erste Konsolidierung des Mäh rerreichs geschah unter Moimir I. (zirka 830-846). Dadurch wurden aber Leute wie Priwina von Neutra zur Abwanderung ins frän kisch-bayerische Ostland, genauer nach Pannonien, gezwungen. Nach ersten Schwie rigkeiten bei der Eingliederung Priwinas und seines, wohl beachtlichen, Gefolges wurde ihm und danach seinem Sohn die Verwaltung des wohl 828 von den Bayern erworbenen Pannoniens übertragen. Fast vier Jahrzehnte lang, von 838/40 bis gegen 876, blieb so das

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2