Historische Kunst Beiträge zur Baugeschichte des Stiftes Schlag! Walter Luger Im 12. und 13. Jahrhundert waren noch viele Gebiete des oberen Mühlviertels von großen Waldgebieten bedeckt. Besonders der nördli che Teil, ,,der Nordwald", war dünn besiedelt und ausgedehnte Waldflächen bedeckten das Land zu beiden Seiten der Großen Mühl. Für die Urbarmachung dieses Gebietes wurde das Prämonstratenserkloster Schlägl von großer Bedeutung, das bis heute einen wirtschaftli chen und kulturellen Mittelpunkt in diesem nördlichsten Teil Oberösterreichs darstellt. Gerade im kirchlichen Leben des Landes ob der Enns besaßen aus Mangel eines Landes bischofs und einer Bischofsstadt mit Domkir che die alten Landklöster eine bedeutende RolleL Schlögls Besitzungen wurden durch Schenkungen und Stiftungen verschiedener Geschlechter immer mehr vergrößert. Ver schiedene Privilegien von geistlichen Institu tionen und weltlichen Fürsten trugen dazu bei, den Bestand des Stiftes zu sichern. Kaihoch von Falkenstein, der Gründer des Klosters, berief zunächst Zisterzienser aus dem Kloster Langheim^ in der Diözese Bam berg zur Rodung und Kultivierung der weiten Waldgebiete. Diese erste Gründung schei terte jedoch an den klimatischen und wirt schaftlichen Schwierigkeiten. Nachdem Abt Theoderich und ein Mönch an Entbehrungen gestorben waren, verließen die Mönche nach siebeneinhalb Jahren Schlägl und kehrten in ihr Mutterkloster zurück. Am 20. Juni 1218 verzichteten Abt Chunderich und der Konvent von Langheim (Chundericus totusque Gonventus monasterii in Langheim) auf alle An sprüche und Rechte in bezug auf das von Kai hoch von Falkenstein gestiftete Kloster^. Nach diesem Verzicht von Langheim übergab Kaihoch in einem neuen Stiftsbrief vom 9. Juli 1218" auf Rat weiser und befreundeter Män ner (de consilio sapientium ac etiam amicorum fundaui coenobium) die zweite Klostergrün dung den Prämonstratensern aus Mühlhau sen in Böhmen^ (assignavi libere et solute Abbati et Gonventus in Milewsk). Diese lag am linken Ufer der Großen Mühl, wo sich Schlägl heute befindet. Vermutlich waren die ersten Klostergebäude aus Holz errichtet, wobei Buchowiecki® für Oberösterreich den Blockbau annimmt. Aus dieser ersten Zeit ist auch ein bemerkenswer ter Steinbau, ein quadratischer Einstützen raum von etwa 7,50 m Seitenlänge erhalten^, der als Krypta bezeichnet wird. Als Bauzeit kommen etwa die Jahre 1220 bis 1230 in Be tracht®. Auch Benno Ulm® und Isfried Pichleri® datleren die Entstehungszeit dieses Raumes in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die massive, etwa 2 m hohe, achteckige Mittel säule auf einer achteckigen, schräg abgefaß ten Basis hat ein romanisches Knospenkapi tell mit einem nach Nordwest schauenden haar- und bartlosen Männerkopf. Sein Blick ist gegen den in der Nordwestecke, 1971 bloßge legten Eingang gerichtet, was wohl als Ab wehrsymbolik angesehen werden kann. Auf einer eingezogenen Deckplatte über spannen vier Gurten in Rundbogen den Raum zu den vier Pfeilervorlagen jeweils in der Wandmitte. Diese Halbpfeiler mit Eckzehen stehen auf mächtigen Sockeln. Durch eine vorkragende dreieckige Platte am oberen Ende der Halbpfeiler ergibt sich eine verhält nismäßig große Fläche, von der Laurenz Schuster annimmt, daß sie zur Aufnahme der Beleuchtung des Raumes diente". Die vier Deckenfelder werden von Kreuzgratgewölben überspannt, die über ein Schalengerüst ge mauert wurden. Ansatzfugen am Mittelpfeiler lassen vermuten, daß sich einst von hier aus zu den einzelnen Ecken Rippen spannten. Doch schon Laurenz Schuster konnte bei Un tersuchungen der einzelnen Grate feststellen, daß hier nie Rippen gewesen sind^®. An der Nordost- und Südostecke befinden sich zwei romanische Fratzen in situ. Sowohl Laurenz Schuster^® als auch Benno Ulm" deuten sie als Samson und Medusa. Diese im Schnitt der Wände eingemauerten Plastiken, jedoch ohne Ansätze für Gewölbestützen, wa ren vermutlich für die nicht ausgeführten Rip pen gedacht. Am Eingang, der vom Nordende des östlichen Kreuzgangarmes in diesen Raum führt, befindet sich in der Südwestecke ein romanisches Kapitell. An der Nordwest ecke befindet sich keine Konsole mehr^®. Viel leicht stammt der bei Grabungen gefundene Männerkopf von dort. An den zum Teil zugemauerten romanischen Trichterfenstern an der Süd-, Ost- und Nord wand, an der jedoch nur eines erhalten geblie ben ist, wurde im Sommer 1960 teilweise der alte Zustand wieder hergestellt. Die beiden Fenster an der Ostwand führen heute in einen rechteckigen gotischen Raum, der beim Er weiterungsbau des Ghores der Kirche in der Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut wurde. Die sen Raum nun überspannt ein gotisches, über einem Schalengerüst gemauertes Gratge wölbe mit tief herabgezogenen Ansätzen. Er besaß nie sakralen Gharakter^®. Der rundbogige Durchbruch vom romanischen in diesen gotischen Raum läßt die Stärke der romani schen Mauer deutlich erkennen. Der heutige Boden des romanischen Raumes ist neu und wurde bei den Restaurierungsar beiten in den siebziger Jahren über den alten gelegt. Bei diesen Arbeiten wurde an der Südwand eine Beisetznische entdeckt, die bis zu diesem Zeitpunkt vermauert war". Diese Beisetznische hat ein Ausmaß von 55 X 55 cm, eine Tiefe von 40 cm und ist vom Boden etwa 90 cm entfernt. Von der Südwest ecke ist sie 1,60 m entfernt. Diese Beisetzni sche läßt den Rückschluß zu, daß sich in die sem Raum an der Ostwand ein Altar befand und hier Gottesdienst abgehalten wurde. Es muß sich daher um einen ehemaligen Sakral raum gehandelt haben. Schon Laurenz Pröll hat diesen Raum für die älteste Kirche gehal ten". Bei der Lage Schlögls an der Grenze zwischen Österreich, Böhmen und Bayern (auch heute bildet der Plöckenstein noch das Dreiländereck) sowie an der wichtigen NordSüd-Verbindung von Österreich nach Böh men wird dieser erste Steinbau auch als Zu fluchtstätte bei feindlichen Einfällen gedient haben, worauf Isfried Pichler bereits hinge wiesen hat". Auch für den Tagesablauf des klösterlichen Lebens dürfte dieser Raum von Bedeutung gewesen sein, vielleicht zeitweise als Kapitelsaal®®. Dieser romanische Raum besitzt heute zwei Eingänge. An der Nordseite befindet sich seit Herbst 1974 eine Stiege, die in den sogenann ten Schulhof führt®i. Auf der Abbildung®® ist zu erkennen, daß sich dort ursprünglich keine Stiege befand. Dieser Eingang war als schiefe Ebene gedacht, um Wein- und Bierfässer leicht herablassen und aufziehen zu können, nachdem dieser Raum unter Propst Mathias Schuemann (1578 bis 1584) als Wein- und Bierkeller benützt worden ist®®. Dieser ,,weinund pierkeller" erscheint im Schlägler Inventar erstmalig 1584®". Im Zusammenhang mit der Umgestaltung zum Bier- und Weinkeller, er behielt diese Funktion bis zum Jahr 1954®®, wird man wahrscheinlich auch einige Fenster vermauert haben, die man bei den letzten Re staurierungsarbeiten zum Teil wieder freige legt hat. Der zweite Eingang in der Südwestecke wird durch einen Spitzbogen abgeschlossen und ist etwa 2 m hoch. Er führt fast eben zum Kreuzgang. Daraus ergibt sich, daß zwischen dem Kreuzgang und dem romanischen Raum nur ein geringer Niveauunterschied ist und daher die Aufschüttung an der Südwand viel geringer war®®. Die alte Sakristei an der Nord ostecke des Kreuzganges®^ war ebenfalls in gleicher Höhe. Allerdings wurde ein großer Teil von ihr ganz zerstört, als man im 15. Jahr hundert diesen neuen Zugang baute®®. Im Winter 1970/71 wurde an der Westwand in der Nordwestecke des romanischen Raumes ein alter Eingang freigelegt®®. Dieser hat einen Spitzbogen, ist etwa 1,40 m breit und hat die selbe Höhe wie der Eingang an der Südwest ecke. In einer Tiefe von etwa 1,20 m befindet sich ein steinerner Türstock im Ausmaß von 1,80 X 0,80 m. Der Anschlag an der Innen seite des Türstockes läßt erkennen, daß sie nach innen zu öffnen war. Vor dem Türstock befinden sich in der Mauer tiefe Löcher für den ehemaligen Balken zum Abschließen der Tür. Außerhalb der Türe sind vier Steinstufen zu
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