Meine Steizhamer-Kreuze Wolfgang Pöttinger Wenn über vergangene Perioden der Volks kultur geschrieben wird, berichten davon und darüber sicher sehr Berufene, aber (naturge geben) zumeist nicht unmittelbar am ,,Ge schehen" Beteiligte: Historiker, Fachexperten, Volkskundler, Schriftsteller, eben mit der je weiligen Materie vertraute Personen. Aber auch In der noch lebendigen Volkskultur der Jetztzelt wird In der Regel von schreibkundi gen Personen (aus Berufung und Beruf, aus Liebhaberel und Leidenschaft) über die Schöpfungen anderer Menschen geschrie ben - über deren Werkstücke, angewandte Techniken, ja manchmal sogar über die Ge stalter selbst. Nur In seltenen Fällen erhal ten Kulturschaffende Gelegenheit, schriftlich selbst zu Wort zu kommen. Die Schriftleitung dieser Zeitschrift bot mir ein klar begrenztes Thema an. Ich sagte dankend und gerne ,,Ja"! Das von mir zu behandelnde Thema lautet: ,,Meine Steizhamer-Kreuze". Da nach einem geflügelten Wort das ,,Werk" den Meister loben soll, und, was In jenem Lied zwar verschwiegen wird, sicher nicht umge kehrt, möchte Ich mich textmäßig nur auf das Wichtigste beschränken, dafür den Blldtell et was umfangreicher gestalten. Der hier näher zu beschreibende Grabkreuz typ Ist keineswegs der,,einzige", der In unse rer Werkstätte sozusagen das ,,Licht des Le bens" erblickte, deshalb nenne Ich vollstän digkeitshalber und telegrammstilartig vorher die ,,Halbmonstranzen", die ,,stark kreuzformbetonten Pöttingerarbeiten", die ,,Fünferund Kugelspaltungskreuze" und natürlich als ,,Spitzenleistung" die Inzwischen weltbekann ten Monstranzgrabkreuze. Es sei aber offen zugegeben, daß sich die Thematik meiner so genannten ,,Steizhamer-Kreuze" für das Thema ,,Volkskunst aus Oberösterreich" am besten eignet. Nun aber möchte Ich Sie nicht mehr länger auf ,,dle Folter der Neugierde spannen", sondern sofort beginnen: Darf Ich gleich aus meinem (beim OLV-Verlag Linz erschienenen) zweiten Buch ,,Geformtes Schmiedeelsen" einen Ab schnitt zitieren: Die Steizhamer-Kreuze Dieser Name könnte ein wenig verwirren. Kreuze dieser Art sind ja alle Pöttlnger-Entwürfe und somit Pöttinger-Kreuze. Wie kam es dann zu diesem Namen? Ursprünglich hatten wir (damals gehörte der Betrieb noch meinem Vater) jedes neue Modell fast Immer nach der ersten Kundschaft bzw. nach jenen benannt, denen das Grabzeichen aufgestellt wurde. Zum Beispiel H.-L.-Kreuz hieß Huber Linz (= Kreuz). So war es auch, als die oö. Landes regierung etwa 1954 für die Mutter unseres Heimatdichters (Franz Stelzhamer) ein eigens Wolfgang Pöttinger bei der Arbelt In seiner Werkstatt an einer lebensgroßen Marienfigur. Foto: M. Köpf dafür entworfenes handgeschmiedetes Kreuz setzen Heß. Unser ,,Franzi" hat einmal In einem Gedicht erwähnt, daß er einstens In der Nähe seines vielgeliebten ,,Müadals" Im ,,Freithof" (Fried hof zu Schlldorn) begraben sein möchte. Um diesem seinem Wunsch ein Stück näher kommen zu können, mußte man vorerst dem ,,Müadar ein passendes Gedächtnismal set zen. Daß man hinsichtlich des Entwurfes zu dem damals noch sehr jungen Gesellen W. Pöttinger soviel Vertrauen hatte und nicht, wie ursprünglich geplant. Irgendein histori sches Grabkreuz kopierte, sollte offenbar be lohnt werden. Dieser Entwurf hatte nämlich so eingeschla gen, daß wir gleich zwanzig solcher Kreuze hätten machen können. Da wir aber ohne Ir gendwelche Abwandlungen und Varlanten die Erzeugung einer relativ so hohen Stückzahl schon damals ablehnten (es sollen Pöttlnger-Kreuze ja niemals Massenware werden), waren wir gezwungen (dies aber mit Freude), jährlich einen neuen Entwurf auch In diese Richtung zu machen. Ein neuer Grabkreuztyp war somit geboren. Es gibt zurzeit rund 18 verschiedene Haupt entwürfe für Steizhamer-Kreuze, wie gesagt, aber mit zahlreichen Varlanten. Zum Beispiel: mit Dachl - ohne Dachl - mit Namenskasten - ohne Namenskasten - mit Rosette - mit Fuß verzierung - mit Türl - ohne Türl - mit Spin delblume - ohne Spindelblume usw. Zum Unterschied von den Monstranzkreuzen verzichten Steizhamer-Kreuze fast auf jede Symbolik, sie strahlen lediglich Frieden aus, und wirken (In einer neuen Chrlstllchkelt) fast ein klein wenig heiter, lebensbejahend, wie barocke Bauernschränke. Der Himmel Ist ja allen Menschen guten Willens verheißen, da her findet die allzu große, fast heidnische Trauer In unserem schönen Heimatland weni ger Anklang als beispielsweise jener Trost, der aus tiefem zuversichtlichem Glauben und starker Liebe zu unseren Mitmenschen und unserem Land erwächst. Soweit der Text aus meinem Buch ,,Geform tes Schmiedeelsen", welches nicht nur In Osterreich weite Verbreitung fand, so daß schon bald eine zweite Auflage gedruckt wer den mußte. Inzwischen gibt es an die 30 ver schiedene Stelzhamer-Kreuz-Modelle, so wohl mit verborgener, als auch mit offenkundi ger Symbolik. Da Ich die hohe und gleichzeitig so urwüchsige Dichtkunst unseres zweifellos unübertroffe nen Franz Stelzhamer aufrichtig bewundere, bin Ich glücklich darüber, daß wir damals durch die Namensgebung bei diesem Grabkreuztyp den großen Heimatdichter Oberösterreichs ehrten. Denn mit jedem neuen StelzhamerKreuz wird nicht nur ein kleines Denkmal für unsere Kundschaften geschaffen, sondern auch das Andenken an den großen Poeten unserer Heimat gepflegt und bewahrt. Es Ist das Wort ,,wlr" gefallen - damit sind ge meint, mein Vater, der damalige Firmeninha ber Ferdinand Pöttinger, und Ich. Papa hatte ja zusammen mit meiner Inniggeliebten Mutter bereits Im Jahr 1921 unsere Firma (In schwie rigster Zelt) gegründet. Daß er auch 17 Jahre lang Landesinnungsmeister und fast ebenso lang Vorsitzender der Meisterprüfungskom mission Im Schlosserhandwerk war, sei aus Dankbarkelt Ihm gegenüber erwähnt. Wenn Ich In weiterer Folge das Wort ,,wlr" bzw. Im betrieblichen Zusammenhang das Wort ,,uns" verwende, so Ist die derzeitige Firmenleitung In Zusammenarbeit mit unserer tüchtigen Be legschaft gemeint, ohne deren gekonnte Mit hilfe eine so große Anzahl von geschmiedeten Arbelten gar nicht denkbar wäre. Denn vom kleinsten Leuchterl angefangen bis zum gro ßen Tor, vom Glockenzug bis zum gediegen geschmiedeten Geländer wurden (ab einer gewissen Qualitätsstufe) die Wünsche unse rer Kundschaften zur vollen Zufriedenheit
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