Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 3, 1981

Rechts: Die mächtige Architektur des Kraftwer kes Marchtrenk. Foto: Lang eignet, persönlichkeitsbestimmte, selbst verantwortliche Menschen heranzubilden und neigt immer mehr zur Anonymität, zur Steuerung der Masse durch die Mode. Das heilige Ziel ist das dauernde Wachstum des Bruttonationalproduktes. Hier wird sicher lich angesetzt werden müssen und es be darf eingehender kritischer Untersuchun gen der Volkswirtschaftler, inwieweit ein dauerndes Wachstum notwendig ist. Eine weitere Frage ist die bisher ziemlich kon stante Relation zwischen Wachstum des Bruttonationalproduktes und des Energie bedarfes. Bisher konnte festgestellt werden, daß der Energiebedarf eine Zuwachsrate hatte, die etwa gleich hoch war als jene des Bruttonationalproduktes. Es muß von fast jedem Fachmann bestätigt werden, daß dies sicherlich kein ehernes Gesetz ist. Neue Technologien der Energieerzeugung sowie der Energieanwendung können dieses Ver hältnis durchaus verringern. In teilweiser Erkenntnis der aufgezeigten Umstände sind nun die Konsequenzen, die die Menschen ziehen, sehr unterschiedlich. Die eine Gruppe glaubt, in einem Zurück zur Natur das Heil zu sehen, sie vertritt einen generellen Stop der industriellen und wirt schaftlichen Entwicklung. Die andere Gruppe ignoriert die Probleme und glaubt, eine stetige Entwicklung im bisherigen Sinne befürworten zu können und zu müs sen. Ein besonderes Problem stellen auch die wachsenden Bürgerinitiativen dar. Auf der einen Seite sind sie bestimmt ein zu be achtendes Signal für unsere Gesellschaft, auf der anderen Seite können sie keines wegs die politische Entscheidung in einem Staat ersetzen, da sich die Bürgerinitiativen allgemein nur mit Detailproblemen und we niger mit ganzheitlichen Fragen einer Ge sellschaft befassen. Die Lösung dieser komplexen Problematik kann weder der Pessimist noch der euphori sche Zweckoptimismus des Fortwursteins sein, vielmehr bedarf es einer gesamt heitlichen Behandlung im Rahmen von Langzeitprogrammen und sicherlich auch des Mutes, unangenehme Tatsachen klar auszusprechen und Lösungswege zu su chen, die zunächst weder bequem noch po pulär sein können. Wenn wir uns zur Demo kratie bekennen, so wird es nicht möglich sein, von ihr dauernd nur zu fordern, man wird auch bereit sein müssen, für diese De mokratie etwas zu geben. Kurzsichtige De taillösungen und mangelnde Demokratiebe reitschaft gefährden schließlich nicht nur die Wirtschaft des Staates, sondern letztlich auch eine gesellschaftspolitische Struktur. Für die objektive Beleuchtung dieser Pro blematik in unserem Lande ist die Tatsache von Bedeutung, daß in Österreich eine ein deutige, auf gesetzlicher Basis formulierte Verklammerung der Begriffe Umweltschutz und Energie nicht besteht. Wohl aber erfolgt bei der Formulierung von Fragen der Ener giepolitik bzw. der Energieversorgung eine Einbeziehung der Umwelt und des Umwelt schutzes. Ebenso sind die Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwendung bestimmter Energieträger bekannt. Gesamtemissionen in Österreich 1978 in 1000 t durch Brenn- und Kraftstoffverbrauch' a) nach Verbrauchersektoren: Stromerzeugung^ 0,3 82,7 0,4 Industrie 7,9 126,3 2,5 Verkehr 1000,3 16,5 36,8 Kleinverbraucher^ 103,8 73,3 14,6 Summe 1112,3 298,8 54,3 b) nach Energieträgern: feste Brennstoffe 108,0 76,9 14,2 Mineralölprodukte 1004,3 221,9 40,1 Erdgas ~ ~ Summe 1112,3 298,8 54,3 1 WIFO IV/1980, ,,Energieprognose bis 1990". 2 Einschließlich Fernwärme. 3 Haushalte, Gewerbe, Landwirtschaft, Verwaltung, Dienstleistungen. Staub Auch bei der Wahl von Brennstoffen für großtechnologische Umwandlungspro zesse (z. B. kalorische Kraftwerke), bei der technischen Auslegung der Systeme (z. B. Emissionen) und der Standortwahl (z. B. Kraftwerke, Leitungen) wird auf Aspekte des Umweltschutzes von den jeweiligen Entscheidungs- und Maßnahmeträgern Be dacht genommen. Eine Einschränkung bei der Wahl des Energieträgers aus Gründen des Umweltschutzes ist aber - mit Aus nahme der Ablehnung der Kernenergie, die jedoch auf einer anderen Entscheidungs ebene erfolgte - noch nicht ausgesprochen worden. Entsprechend der,,indirekten" Berücksich tigung des Umweltschutzes im Rahmen der Energiepolitik wird auch der Umweltschutz größtenteils ohne Betonung der Energie be handelt. Die mehr auf Emissionsbestim mung, -beurteilung und -dimensionierung bzw. -reduktion orientierte Umweltpolitik schließt in ihrer inhaltlichen Differenzierung und ihren verschiedenen normativen Aus sagen die Einrichtungen der Energieversor gung ein, eine spezielle Befassung aber fehlt. Verdeutlicht wird diese isolierte Behandlung der Aspekte der Energie und der Umwelt durch die unterschiedliche Interessenslage der diese Belange wahrnehmenden Instan zen. Während die Interessenslage der die Energieversorgung betreibenden Instanzen durch die vorgegebene Aufgabenstellung beeinflußt wird, bleibt der Umweltschutz ausschließlich ,,kontrollierende" Instanz. Ein weiterer Grund für das Fehlen von Verklammerungselementen auf beiden Seiten ist neben anderen Gründen die in beiden Fällen ungünstige gesetzliche Grundlage. Durch die Kompetenzverteilung bei Energie und Umweltschutz auf Bund, Länder und Gemeinden - fallweise auch überregionale Institutionen - ist eine umfassende und in tegrierte Inhalts- und Vollzugsbestimmung erschwert. Ein Ausweg aus dieser Situation wird vielfach dadurch erreicht, daß die Be treiber von Energieversorgungsanlagen bei Planung und Vorbeantragung entsprechen der Lizenzen umfassende Raumordnungs gutachten oder spezielle Fachgutachten zu Umweltschutz, Naturschutz etc. erstellen lassen. Ohne entsprechende Gesetzes grundlage, ähnlich wie in der Bundesrepu blik Deutschland, wird in Österreich speziell bei Großmaßnahmen versucht, eine Ab grenzung aller potentiellen Konfliktbereiche durchzuführen. Diese Strategie wird begünstigt und geför dert durch die inhaltliche Ausweitung des Begriffes Umweltschutz, der heute neben der traditionellen technischen/administrati ven Orientierung um die human-ökologi sche - man könnte sagen präventive - Di mension und um gesellschaftspolitische Aspekte erweitert wurde. Besonders Fragen in diesen neuen Umweltbereichen haben letztlich in Österreich zu einer Ablehnung

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