Der Hausruckkreis — Land der Klöster und Rebellen Helga LItschel Im Maßstab von „sechs geographischen deutschen Meilen" zeichnete der Linzer Graphiker Ignaz Kindlinger nach den Dar stellungen des k. k. General-Quartiermeisterstabes eine Karte des Hausruckkreises, die etwa um 1810, jedenfalls vor Herbst 1812 entstanden ist, denn auf Kindlingers Plan scheint das Distriktskcmmissariat Linz samt der Stadt Linz noch beim Hausruck kreis auf. Ab Herbst 1812 gehörte Linz näm lich gemäß einer,,Allerhöchsten Weisung" kuricserweise zum Mühlviertel. Ignaz Kind linger vermittelte mit seinem ,,Prospekt für den Hausruckkreis" ziemlich korrekte In formationen: Danach bildet die Donau die Grenze des Hausruckviertels im Norden, im Westen verläuft die ,,Granitz" von Engelhartszeil bis zum Mondsee entlang dem ,,Inn-Kreis" und dem ,,Salzburger-Kreis", und im Osten trennt die Traun ab Steyrermühl das Traunviertel vom Hausruckkreis. Doch was auf den ersten Blick korrekt und stichhaltig anmutet, läßt bei näherem Be trachten Zweifel aufkommen, so daß letzt lich nur die Donau als unverrückbare Grenze bestehen bleibt; die Linie entlang dem ,,Inn-Kreis" und dem ,,SalzburgerKreis" hingegen erfuhr etliche Korrekturen, und gar die Traun wird einer Rolle als Grenz fluß keineswegs gerecht: zu sehr greifen hier die Erscheinungen der Landschaft, der Kultur und des Volkstums ineinander über, zu viel Gemeinsames verbindet hüben und drüben. Im heutigen politischen Sinn umfaßt das Hausruckviertel die Bezirkshauptmann schaften Vöcklabruck, Grieskirchen, Eferding, Wels-Land und die Statutarstadt Wels. Auch diese Einteilung entspricht nicht ganz der geographischen Situation, denn einer seits reicht der Bezirk Wels-Land in das Ge biet südlich der Traun hinein, andererseits breitet sich der Wahlkreis ,,Linz und Umge bung" auf ,,hausruckviertlerische" Siedlun gen, wie Wilhering und Orte in der Welser Heide, aus. Wer von der Landschaft des Hausruckvier tels spricht, denkt zunächst an den Haus ruck selbst, der jedoch nur einen geringen Teil des nach ihm benannten Viertels ein nimmt. Aber der Hausruck ist es wert, als Landschaft beachtet zu werden: wenn man - etwa an einem heiteren Sommer- oder vergoldeten Herbsttag - auf der Luisenhöhe bei Haag am Hausruck steht und gegen Osten blickt, erlebt man eine Landschaft, die selbst harte Gemüter weich zu stimmen vermag: nichts ist hier grob oder gar bedroh lich, der stete Wechsel von Hügel und Tal, von Wiese, Acker und Wald kennt keine schroffen Übergänge, alles scheint ganz na türlich und voli Harmonie zu sein. Landschaftliche Mitte des Hausruckviertels ist der Hausruckwald mit einer Waldfläche von 26.000 ha. Im Bild der von Haag am Haus ruck (504 m) erreichbare wunderschöne Wald lehrpfad ,,Symbrunn". Foto: Schachermaier Von Haag und vor allem von Wolfsegg aus vermag man den Hausruck für sich zu ge winnen, denn einerseits führen von hier die Wege hinunter nach Weibern und Grieskir chen, anderseits in die in sich gesammelte Landschaft rund um Thomasroith und Ampflwang, die mancherorts von einer erre gend mystischen Atmosphäre erfüllt ist, und hinüber nach Neukirchen und Frankenburg, das schon am Rande des Kobernaußer Waldes liegt. In dieser Bannmeile finden sich auch die höchsten Erhebungen des Hausrucks: der 801 Meter hohe Göbelsberg und der 777 Meter hohe Hobelsberg - wahre Paradiese für Spaziergänger und Waldläufer. Dessenungeachtet sollte man nicht die Nie derungen am Rande des Hausrucks ver gessen: Ein Nachmittag im Trattnachtal, am Innbach oder am Redlbach kann zum un vergänglichen und geliebten Erlebnis wer den. Der Hausruck ist eben keine Gebirgs landschaft, mag er auch in schneereichen Wintermonaten Skifahrer anlocken, son dern eine geruhsame Landschaft für Wan derer und Reiter, konturiert durch die Wan delbarkeit der Voralpen. Diese Szenerie kann sich allerdings jäh verändern, etwa wenn ein Gewitter vom Westen heranzieht oder andauernde Regenfälie die Wasser adern in Wildbäche verwandeln. In solchen Stunden gibt sich der Hausruck urtümlich und ungebändigt, und man versteht, warum sich seine Bewohner noch heute Sagen von Geistern, Kobolden und der Wilden Jagd er zählen. Im letzten jedoch endet alles sanft: in der Welser Heide. Sie steilt sich als eine Land schaft vor, der Geheimnisse fremd sind, die das Einfachsein schätzt. Kaum jemand würde auf den Gedanken verfalien, in Marchtrenk, in Hörsching oder Pasching ei nen Urlaub lang Quartier zu beziehen -, aber Adalbert Stifter siedelte eine seiner Er zählungen in dieser Gegend an, und das ist kein Zufall: Stifter wußte ganz genau, wel che Bedeutung dem Landstrich zwischen Lambach und Linz zukommt: hier ist man dem ehemaligen Erzherzogtum ob der Enns viel näher als etwa im Salzkammergut oder im Mühlviertel. Dem Ursprung nahe weiß man sich auch im sogenannten Landl. Historiker behaupten, daß das Landi - gemeint ist das Gebiet zwi schen der ehemaligen bayerischen Grenze im Sailetwald und der Welser Heide einer seits und der Donau und dem Hausruck an derseits - die Keimzelle Oberösterreichs bildet, und tatsächlich herrschten die Schaunberger, das mächtigste Geschlecht, das hierzulande residierte, wie Landesfür sten, und die Ruinen ihres Ansitzes nächst Eferding gelten als oberösterreichische Landesburg. Das Wesen der Landschaft im Landl erfaßt man am raschesten, wenn man von Linz nach Beuerbach unterwegs ist: zu erst das Eferdinger Becken - breit und flach, der ideale Obst- und Gemüsegarten vor den Toren der Landeshauptstadt, dann folgt, knapp nach Eferding, der erste, jäh aufstei lende Hügel, und schließlich geht es hinauf und hinunter, Kurve reiht sich an Kurve, der Szenenwechsei von Tal und Höhe vollzieht sich zuweilen so schnell, daß man Mühe hat, ihn mit einem Blick zu erfassen. Die bedeu tendste Erhebung im Landl ist der Mayrhoferberg, von dem aus man ins Tal der Aschach gelangen kann. Das Aschachtal, eingeschlossen von einer herrlichen Wald kulisse, hat noch jeden entzückt, der ihm begegnet ist. Wie vielfältig, ja zwiespältig sich die Land schaft im Hausruckviertel präsentiert, er fährt man rund um Vöcklabruck. Gleich ei nem Januskopf wendet die Stadt nach Nor den ein Antlitz dem Hausruck zu, nach Sü den hingegen grüßt sie den nahen Attersee und Mondsee und damit-wenn auch nicht im historischen Sinn - das Salzkammergut. Die Beschreibung der ,,Salzkammergut seen im Hausruckviertel" sei einem Cice rone der Biedermeierzeit übertragen: ,,Die Farbe des Attersees ist meergrün. Er ist
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