Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 3, 1981

Kulturzeitschrift Von allen Landesteilen Oberösterreichs ist das Hausruckviertel in seinen Grenzen und seiner Wesenheit wohl am schwersten zu erfassen. Der Topograph Georg Matthaeus Vischer bestätigte ihm in seiner 1669 in Kupferstich vollendeten „Karte von Ober österreich", daß es Obst und Schmalz liefe re, womit er sagen wollte, daß es gesegne tes Bauerniand sei. Seine Fruchtbarkeit wird sogar in einem nüchternen Lexikon - Hand buch der historischen Stätten Österreichs (Aifred-Kröner-Veriag) - angeführt, wenn beim Schlagwort ,,Hausruckviertei" als Schlußsatz zu lesen ist, daß es für Ober österreich besonders durch seinen land wirtschaftlichen Reichtum von Bedeutung ist. Es fehlt dieser liebenswürdigen Landschaft jedoch die geographische und historische Profiiierung, wie sie dem innviertei, Mühiviertei, Saizkammergut in hohem Maße ei gen ist. Es hat auch nie einen lobpreisenden Dichter gefunden, wie das Mühiviertei in Adalbert Stifter. Es wurde auch kaum von bekannten Maiern besucht, wie wir sie auf Schritt und Tritt im Saizkammergut finden. Auffallend ist in der landeskundlichen Fach literatur die enge Verzahnung mit dem Traunviertei. Seine Grenzen waren und sind eigentlich nur nach Norden (Donau) und Westen (innviertei) eindeutig. Ohne Histori kern und Volkskundlern ins Handwerk reden zu wollen, möchte sich die Redaktion an die Praxis vieler historischer Landkarten halten, die den Eindruck ,,Hausruckviertei" meist nördlich der Traun-Ager-Linie anord nete. Die Mitarbeiter dieses Heftes haben es sich nicht so einfach gemacht. Sie versuchten, die nach wie vor bestehenden landeskundli chen Fragestellungen zu erörtern, im end gültigen Gesamtbild sollte jedoch für unsere Leser der Eindruck geschaffen werden, daß dieser Landesteii besuchenswert ist. ihn zeichnet eine stille Schönheit aus. Wer oberösterreichische Landesgeschichte und oberösterreichische Landeskultur im Ur sprung erleben will, wird dem Hausruckvier tel begegnen müssen. Ob es tatsächlich ,,Kernland und die Keimzelle Oberöster reichs" ist, wird allerdings nie endgültig be antwortet werden können. Helga LItschel beginnt die Serie der Ab handlungen mit einem Porträt des ,,Haus ruckkreises", in dem sie alle Facetten des Themas anschneidet. Aus reicher Orts kenntnis formuliert sie eine bildhafte Vor stellung über diesen oberösterreichischen Landesteil - geschrieben mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen. Franz 0. Lipp ergänzt dieses Porträt, indem er die Bewohner - die Hausruckviertier - in ihrem historischen Herkommen und kultur historischen Werdegang vorstellt. Diese Studie knüpft an die Tradition eines Wilhelm Heinrich Riehl an, als die Volkskunde noch als Kulturgeschichte betrieben worden ist. Mit archivalischer Akribie stellt Alois Zauner die ,,alte bayerisch-österreichische Grenze im Hausruckkreis" dar. Den Lesern wird be wußt gemacht, wie tief die politische Ge schichte zu allen Zeiten in den Alltag einge griffen hat. Eine Grenze mitten durch unser Heimatland! Wer kann sich das heute noch vorstellen? Landschaftliches Zentrum des Hausruck viertels ist der Hausruckwald mit dem Göbelsberg (801 m) als höchster Erhebung und seinem 1765 entdeckten Braunkohlen vorkommen. Der Kohlenbergbau am Haus ruck hat dazu beigetragen, daß Oberöster reich neben seiner Agrarstruktur stets auch als ein Land früher Industrialisierung be trachtet werden muß. Hans Preinfalk, im Kohlengebiet beheimatet, als moderner Volkswirtschaftler ausgebildet, beschreibt den ,,Kohlenbergbau im Hausruck". Ohne diese Skizze wäre ein Heft über das Haus ruckviertel unvollständig gewesen. Wolfgang Pöttinger, in seinem Hauptberuf Kunstschmied, versucht in zwei Gedichten literarisch nachzuholen, was viele Dichter unseres Landes bisher versäumt haben: das ,,Hausrucklandl" poetisch zu verherrli chen. In den Fachsparten sind auch die Kapitel ,,Denkmalpflege" und ,,Historische Kunst" auf das Schwerpunktthema abgestimmt. Gunter Dimt vom 00. Landesmuseum stellt das neue Bauernkriegsmuseum im Schloß Beuerbach vor, das in diesem Sommer nach langjähriger Arbeit der Öffentlichkeit über geben werden konnte. Günther Kleinhanns, Mitarbeiter des Landeskonservators für Oberösterreich, beschreibt die ,,Schlösser im Hausruck". Beide Abhandlungen eröff nen landeskundliches Neuland. Es wird uns bewußt gemacht, wieviel Schönes in unse rem Heimatland unbekannt, wieviel landes kundliche Forschungsarbeit noch zu leisten ist. In der Sparte ,,Kunst der Gegenwart" stellt der bekannte Kunstkritiker Walter Beyer, unseren Lesern bereits bekannt, eine Künstlerin vor - Elfriede Trautner-, die mit gutem Recht als ,,bedeutend" apostrophiert wird. Ihr Schaffen ist nicht leicht zugänglich. Es vollzieht sich abseits von den lauten We gen des heutigen Kunstbetriebes. Es ist je doch von bleibender Tiefenwirkung. Einen aktuellen Anlaß - 120jähriges Jubi läum - nützte der bekannte Zeithistoriker Harry Slapnicka, auf den historischen Wer degang des oberösterreichischen Land tages aufmerksam zu machen. Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck dankt die Redaktion für seinen Beitrag ,,Umweltschutz und Energie", in dem mutig und offen auf eine Problematik eingegangen wird, die für uns alle von brennender Aktuali tät ist. Für die Literaturbeilage hätte sich wahr scheinlich auch ein Vertreter des Hausruck viertels finden lassen. Die Redaktion griff jedoch gerne einen Vorschlag von Aldemar Schiffkorn auf, der an eines der größten dichterischen Talente erinnern will, das Oberösterreich besessen hat - Bruno Am mering aus Ried im Innkreis -, den der Sol datentod mit 21 Jahren am 28. Dezember 1944 für immer verstummen ließ. Sein schmales Werk, das er hinterlassen hat, verdient der Vergessenheit entrissen zu werden. Die Redaktion dankt allen Mitarbeitern, für bewährte Mithilfe in der Bildausstattung Al fred Marks vom 00. Landesmuseum, und hofft, daß dieses Hausruckheft im ganzen Land Oberösterreich positiv aufgenommen wird.

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