Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 3, 1981

wir sie von derjenigen ihrer Nachbarn abhe ben. Im Vergleich zu den Innviertlern kann man geradezu von einem Gegensatz spre chen, der die Innviertier in den Wirtshäusern der Grenzgemeinden von St. Aegidi, Nat ternbach und St. Willibald, Riedau und Neumarkt, Geiersberg und Rottenbach und wie die Berührungspunkte noch heißen mö gen, nicht nur zu hitzigem Gstanzlwettstreit, sondern öfter noch zu blutigen Raufereien herausforderte. ,,Hausruckviertier riegelte enk, d'innviertler prügln enk", hieß es da, und ,,Landla, Bandla, Nudldrucka, wann d'innviertler kemman müaßts umi rucka": solche Trutzgsangln waren meist nur die Ouvertüren zu den handgreiflichen Ausein andersetzungen. Dabei sind die Innviertier die stammesverwandtesten unter den An rainern. Vielleicht lieben sie sich gerade deshalb so stürmisch? Es Ist nicht bekannt, daß es ähnliche Auseinandersetzungen auch mit den Traunviertlern oder Mühlviertlern gegeben hätte. Es liegt nicht an dem allein, daß die Donau oder die Traun die Mütchen der Nachbarn sogleich gekühlt hät te, vielmehr gab es da einfach keine Anläs se, die schon im Gesicht geschrieben stan den. Aufbrausend, auftrumpfend, überspie lend, stets aufgelegt zu Wettkampf und Hetz, das Ist der Hausruckviertier von sei nem Naturell her In der Regel nicht. Dem Hausruckviertel fehlen auch die gro ßen, spektakulären Bräuche, wie sie vom Innviertel mit seinen Midlaoaufzügen, sei nem Maschkeragehen, und vom Salzkam mergut mit Glöcklerlaufen und Faschings treiben bekannt sind. Dafür wurden dort die intimeren Lebens-Haus- und -Arbeitsbräu che besonders gepflegt und in Schwung ge halten. Dennoch sind die Kulturbewegun gen von der Mitte des Landes nach außen, auch ins Innviertel, gedrungen, nicht etwa umgekehrt. Von Linz und Wels aus Ist über Beuerbach, Haag und Vöcklabruck die Goldhaube nach dem Innviertel gewandert und denselben Weg ist nach dem Sprich wort ,,Wer schimpft, der kauft" auch der Landlatanz gegangen. Die heutige Mittellage des Hausruckviertels in Oberösterreich scheint auch auf seine Bewohner ausgleichend und zur Ausgewo genheit erziehend gewirkt zu haben. Keine Superiative des Temperaments und des Le benshungers wie im Innviertel, keine Polari tät zwischen Überschwang und Schwermut, wie in der Musik des Salzkammergutes, aber viel Gemeinsames mit den Viertlern von jenseits der Traun und jenseits der Do nau, nur daß die Traunviertler zwischen Do nau und Voralpen inzwischen wohlhaben der geworden und die Mühlviertier ver gleichsweise konservativer geblieben sind. Seite 17: Bauernpaar aus Eferding In Tracht, Anfang 19. Jahrhundert, nach einem Aquarell von Ludwig Haase dem Älteren (1827-1907), geboren in Lambach. - Oö. Landesmuseum, Inv. Nr. B. A. Nr. 771 Die offene Landesnatur dort, die hochgele gene Hügel- und Waldlandschaft mit ihren langen Wintern da, mögen dazu beigetra gen haben. Wahrscheinlich ist der Mühlviertler von heute dem Hausruckviertier von gestern nicht unähnlich. Dennoch: so wie in allen bewohnten Landstrichen der Erde las sen sich auch die Hausruckviertier nicht über einen Kamm scheren. Die herausra genden Persönlichkeiten sind Bauernführer und Politiker, wie Stefan Fadinger und Jo hann Nepomuk Hauser, der zwar in Kopfing geboren, aber in Natternbach aufgewach sen ist und es als seine Heimat betrachtete, bedeutende Bischöfe, Äbte und Priester, die sehr häufig dem Raum von Waizenkirchen und Grieskirchen entstammten, wir finden unter ihnen Gelehrte, wie den Astronomen Georg von Beuerbach oder den Genealogen Johann Georg v. Hoheneck, Komponisten wie Franz Xaver Süßmayr, Wilhelm Kienzl und Johann Nepomuk David, Dichter wie Johannes Beer, Maurus Lindemayr und Hans Reinthaler. Wir möchten nicht vergessen anzumerken, daß Franz Grillparzer seine nachweisbare Ahnenheimat im Mairgut zu Grillparz bei Waizenkirchen hat. Von dort zog ein Träger des Namens Grillparzer nach Bergheim zwischen Aschach und Feldkirchen, wo drei Vorfahrensgenerationen des Dichters das Binderhandwerk ausübten. Der Großvater Joseph zog nach Wien, wechselte von Mostfässern auf Weinfässer über, wurde selbst Wirt und konnte, wohlhabend gewor den, seinen Sohn sogar studieren lassen. Man will ,,in dem eigenwilligen Naturell des großen Meisters den Typus des verfeinerten Landlerbauernii" erkennen können. So Links: Der Bezirk Grieskirchen - Heimat bedeutender oberösferrelchlscherKirchen fürsten. Porträtfoto von Dr. Franz Maria Doppelbauer, DIözesanblschof von Linz (1889-1908), geboren am 21. Jänner 1845 in Walzenkirchen. Foto: Gangl bunt die Reihe der Namen, so verschieden artig ist der Charakter der Personen, die sie vertreten. Aber ist nicht in dem gefurchten Antlitz des rotgebarteten Fadinger, wie es uns aus dem wahrscheinlich einzigen por trätgetreuen Bildnis entgegenblickt, mehr zu erkennen als ein ,,wildgewordener Bär, der um sich schlägt?" Ist hier nicht Trotz ge paart mit Zweifeln, einer, ,,der nicht leicht Beschlüsse fassen" konnte? Ist er nicht mehr als ein ,,Dickschädel", einer, der sich berufen fühlte, der in höherem Auftrag han delte? Den Stefan Fadinger hat es immer wieder gegeben im Landl und es gibt ihn auch heute noch. Und wer zu iesen versteht, findet auch noch im müde und weise gewor denen Antlitz Grillparzers die Spuren seiner von des Gedankens Blässe noch unbeleck ten, ungebrochenen obderennsischen Vor fahren. Mit Johannes Beer (1655-1700), dem si cher originellsten und wahrscheinlich be deutendsten Dichter des Hausruckviertels, beginnt auch die Reihe der aufschlußrei chen Selbstdarsteller, zu denen in dem be sonderen Sinne eines Darstellers seiner Landsleute Maurus Lindemayr gehört. Nicht alltäglich ist der Fall des dichtenden Bauern, der, noch dazu in Hexametern, seine Umwelt, seinen Hof, seine Arbeit und das Volksleben seines Heimatortes schil dert. Auf Matthias Altmann, Bauer auf dem Niglgut in Damberg, Pfarre Taufkirchen an der Trattnach (1790-1880), trifft dies zu. Im dritten Gesang seines ,,Oberösterreichi schen Georgicons" (erschienen 1845) schildert er ein ländliches Osterfest, zuvor aber, wie sich seine Leute dafür trachtlich herausgeputzt hatten:

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