Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 3, 1981

Waizenkirchen, Gasthof „Zum Weißen Lamm", Wiiheim-Klenzl-Stüberi: Der am 17. Jänner 1857 in Waizenkirchen geborene und am 3. Oktober 1941 in Wien verstorbene Kompo nist Dr. Wilhelm Kienzl, Hauptwerke die Opern ,,Der Evangelimann" (1895) und ,.Kuhreigen" (1911), im Kreise seiner Waizenkirchner Freunde. Foto: Gangl Grieskirchen und Eferding das Gepräge, bis Regen, Schnee und Sonnenhitze nach 200 Jahren Bestand die Farben gänzlich ver blassen ließen. Ein Phänomen stellt die sogenannte ,, Volksgotik" im Raum Prambachkirchen - Eferding dar. Nirgends sonst-außer in eini gen Tiroler Tälern - hat man an den ,,Zier leisten" und ornamentalen Fiächenfüilungen der Gotik solange festgehalten wie im Raum von Eferding. Teilweise bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts! Ob da nicht mehr dahintersteckt als einfaches Behar ren? Der Unterschied dieser ,,Eferdinger Volksgotik" zu den seit dem 18. Jahrhundert ringsherum aufblühenden Nelken-, Tulpenund Rosenmalereien, zu den seither, wenn auch zunächst noch zaghaft einsetzenden figuralen Darstellungen besteht in der strengen Geometrie und ,,Abstraktion" der Ornamente, die uns an den ,,Eferdinger"- Möbeln entgegentreten. Es gibt jedoch eine Parallele, die uns wei terhelfen kann: das Hausruckviertier ,,Landl" in seinem mehrfach abgeleiteten und verstandenen Wortsinn ist die Heimat des,,Land/a"-Tanzes, jener Form des süd deutsch-österreichischen Ländlers, die auf naturalistische Figuren, wie sie den Steirertanz auszeichnen, verzichtet und sich ge wissermaßen ,,bildfrei", d. h. ohne irgend weiche Wünsche oder Leidenschaften, ausdrücken zu wollen, auf das rhythmische Schreiten, Drehen, Hüpfen, ,,Wischen", Stampfen und ,,Paschen" beschränkt. Die choreographische Darstellung des ,,Landla" hat große Ähnlichkeit mit den geometri schen Figurationen der typischen Möbelma lerei des alten Schaunberger Ländchens. Wer je diesen Tanz noch in seiner überlie ferten, unverdorbenen Form in glücklicher Stunde erlebt hat, dem mag wahrhaftig ein Blick auf den Grund der Seele dieses Volkes gegönnt gewesen sein. Der Hausruckmeister gibt seine überkom menen Grundsätze und Haltungen nicht leicht preis: das hat er in dem Jahrhundert zwischen 1525 und 1626 bewiesen, zwi schen dem ersten und dem zweiten Bauern krieg: beide Aufstände nahmen vom Haus ruckviertel ihren Ausgang, der erste von 1525 in St. Georgen im Attergau, der zweite, 1625, durch das Frankenburger Würfelspiel. Schlachtfeld war in beiden Fällen das Haus ruckviertel, aus dem auch der erwählte An führer Stefan Fadinger stammte. Franken burg - Beuerbach, wo sein erster Sieg über den verhaßten Herberstorff errungen wurde, Linz, das ja geographisch dem Hausruckviertei zuzuordnen ist^°, in dessen Mauern Fadinger auf den Tod verwundet wurde, bis zur Schiacht im Emlinger Holz, wo sich die Bauern ,,wie die Büffel wehrten, die auf sich hauen, stechen und schlagen ließen, ohne sich dabei zu rühren" - so berichtete Gene rai Pappenheim seinem Kurfürsten Maximi lian von Bayern. Pinsdorf und Wolfsegg wa ren die letzten Stationen des verzweifelten Versuches der obderennsischen Bauern, mehr Gerechtigkeit und Glaubensfreiheit zu erstreiten. Es ist kein Zufall, daß das Haus ruckviertel der Hauptschauplatz dieser Kämpfe war, bei denen, alles in allem, mehr als zehntausend Bauern ,,Leib und Bluet" hingegeben haben. Das Maß an Unfreiheit und Unterdrückung, an Eingriffen in die per sönliche Freiheit, an Zehent und Robotpfiichten, das Ungleichgewicht zwischen Herren und Untertanen, heute kaum mehr verstellbar, macht die ungeheure Anstren gung der Bauern erst verständlich. Noch mehr ins Gewicht als der Tribut am Schlachtfeld fiel der Aderlaß, den das Viertel durch die Vertreibung der Unbeugsamen und der Mißliebigen, aber auch durch die mehr oder weniger freiwillige Abwanderung begabter und aufgeschlossener Menschen in ein wenigstens geistlich freieres Land hinnehmen mußte. Die Zahl der Oberöster reicher, die im Laufe des 17. und 18. Jahr hunderts auswanderten, wird auf ungefähr 40.000 geschätzt. Hauptziel war das Fran kenland, das Gebiet um Nürnberg, Ansbach, Bayreuth, besonders die Grafschaf ten Hohenlohe, öttingen und Gastell. In vie len Matrikenbüchern der evangelischen Gemeinden dieser Landschaften findet man Hinweise auf die ,,Ländler". Die zu Hause auf ihren Höfen oder in ihren Pointen und Sölden sitzen blieben, waren vielleicht wirk lich die Unentschlosseneren, die Beharren den, die stärker mit dem Heimweh Kämp fenden und dadurch auch notwendigerweise die Treuer am Althergebrachten Festhal tenden. Es ist ja keineswegs so, daß mit dem letzten Auswanderer auch der letzte Prote stant das Land verlassen hätte, vielmehr gab es einen nicht unerheblichen Kryptoprotestantismus, der sich erst nach dem To leranzpatent Kaiser Josefs II. im ganzen Landl von Scharten, Thening, Wallern bis hinunter nach Attersee, Rutzenham und Regau offen bekennen konnte. Der durch Glaubenwollen und Lebenmüssen hervor gerufene Zwiespalt, der nicht nur die Prote stanten, sondern auch die katholisch Ge bliebenen oder Wiedergewordenen betraf, schuf, nach Friedrich Heer, ,,eine tiefe Ver sehrung des Gewissens und als Folge da von eine von Gewissensopfern belastete Doppelhaltung", die in Österreich noch im mer nicht verschwunden sei, da sie stets neu genährt wurde. Vorsicht und Mißtrauen dem Neuen und Fremden gegenüber ist gewiß auch eine Komponente im Wesen der Landlerbauern. Wir gewinnen noch ein schärferes Bild von der Wesensart der Hausruckviertier, wenn

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