Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 2, 1981

Die Hochzeit zu Sankt Gilgen Solches befiel mich mit Macht auf dem Hochzeits fest zu Sankt Gilgen, Als ich zu Gast war am See und Zeuge der würdigen Feier, Da sich Elmauer, der Knecht, mit Maria Radauer vermählte, die auf dem Hofe gleich ihm in der Wirtschaft als Magd sich verdingte. Beide ursässig im Gau um den lieblichen See von Sankt Wolfgang: Hat es zur Stunde noch Sinn, so dacht ich, Idyllen zu feiern Unter dem Schicksalsgewölk verängstigter Völker und Staaten, Da um Vergleich und Besitz sich die Massen voll In grimm befehden. Immer nur gierig nach Macht und nach Beute des äußeren Lebens? Heißt jetzt die Losung nicht Kampf und Verhöh nung jeglicher Eintracht, Gilt nicht Beharrung als feig und Versöhnung als klägliche Schwäche? Sind nicht die Seelen durchwühlt von der Gier nach jähem Erfolge, Flattert nicht Haß als Panier auf den Gräbern ver stoßener Liebe, Züngelt nicht Mordgier ins Licht und mißtraut nicht der Bruder dem Bruder? Mögen die Schwätzer und Schreier und Straßen propheten der Masse Weiter nur Regungen schmähn, deren Wert sich doch niemals erkennen. Nur aus der Fügung und Einsicht in weise Gesetze des Daseins Schwingt sich die Seele empor in den siegreichen Einklang des Ganzen. Immer auch bleibst du, Idyll, als ein Sinnbild har monischen Strebens, Menschlicher Würde gesellt und damit auch der wahren Erfüllung. Solches befiel mich mit Macht auf dem Hochzeits fest zu Sankt Gilgen, Als ich zu Gast war am See und Zeuge der würdigen Feier, Da sich Elmauer, der Knecht, mit Maria Radauer vermählte. Die auf dem Hofe gleich ihm in der Wirtschaft als Magd sich verdingte. Beide ursässig im Gau um den lieblichen See von Sankt Wolfgang. Doch diesen Zeichen zum Trotz und all ihrer wüsten Verstörung Preis ich den Sinn des Idylls als Bekennung wahr haftigen Lebens, Tiefer von Weisheit erfüllt als das Spiel von der Machtgier des Daseins, Treuer auch allem gesellt, was Natur für uns Men schen entscheidet. Näher auch allem gerückt, was noch edlere Werte entfaltet. Unverstand hat dich geschmäht, o Idyll, als ein Glück nur im Winkel Hat dich rührselig genannt als die Zuflucht verzär telter Seelen, Die sich den Taten entziehn und in ärmlichen Träumen lustwandeln. Mehr ihrer Selbstsucht vertraut als gemeinsamem Hochziel der Menschheit. Stemengast. Neue Gedichte, 1937.

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