Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 2, 1981

Oberösterreich aktuell Musikland Oberösterreich Ein Rundblick über die Musikförderung des Landes Oberösterreich Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck Die großen Nachbarn Ist Oberösterreich wirklich ein Musikland? Der flüchtige Beobachter ist leicht geneigt, diese Frage zu verneinen, wenn er die ober österreichische Musikszene mit den optisch übermächtigen Zentren in Salzburg und Wien vergleicht. Ich sage optisch - denn so eindrucksvoll sichtbar wird ja quasi nur die Spitze des Eisberges, also die berühmten Einrichtungen wie die Festspiele, die Mu sikhochschulen und die großen Sinfonieor chester, zumal jene der Bundeshauptstadt. Es drängt sich die Frage auf, ob denn die op tisch eindrucksvolle Spitze tatsächlich mit der musikalischen Grundsubstanz eines ganzen Landes gleichgesetzt werden kann, oder ob sich bei eingehender Betrachtung aller Phänomene nicht plötzlich ein vielge staltiges, ausgewogeneres Bild ergibt. Man müßte eben, um bei der Bildsprache zu blei ben, den Eisberg umdrehen können. Was Oberösterreich betrifft, wollen wir uns ruhig an ein solches Unternehmen wagen: der geneigte Leser wird mir allerdings hoffent lich verzeihen, wenn ich nur die Darstellung größerer Blöcke versuche, vermischt freilich ab und zu mit besonders schön leuchtenden Musikkristalien. Doch genug von den ,,Bil dern", wir wollen konkret werden. Hauptbereiche der Förderung Oberösterreich leistet sich, so wie andere größere Bundesländer, auch ein ansehnli ches Berufsorchester, das hier den Genius loci im Namen führt, also Brucknerorchester heißt, und sich mit Kosten von 5 33,000.000.- (1981) zu Buche schlägt. Das Land finanziert auch eine lei stungsfähige musikalische Ausbildungs stätte, das Brucknerkonservatorium. Fürein Jahr Konservatoriumbetrieb müssen derzeit ca. 8 30,000.000.- aufgewendet werden. Die Erhaltung beider Institutionen wird all gemein als so selbstverständlich angese hen, daß man versucht ist, deren Bedeutung und Leistungen zu unterschätzen. Doch da von später! Aufregend wird es an der Basis: Das ober österreichische Musikschulwerk hat seit der Einführung eines Landesmusikschulgesetzes im Jahr 1977 einen Aufschwung ge nommen, der auch professionellen Kennern der Szene im In- und Ausland den Atem ver schlägt. Die Anzahl der Zentralschulen stieg seither von 28 auf 40 (1980), die der Zweig stellen von sieben auf 35. Zu den 540 Lehr personen von 1977 stießen in der Zwi schenzeit weitere 460, so daß Ende 1980 das runde Tausend erreicht war; dement sprechend ist die Schülerzahl von 13.800 auf 23.800 gestiegen. Für einen Kultur- und S i Finanzreferenten (und nicht nur für diesen!) wahrlich atemberaubend sind auch die Kosten: einem Gesamtaufwand von S 5,500.000.- (1977) steht Ende 1980 ein solcher von 5 110,000.000.- gegenüber. Dies kommt daher, daß das Land im Gegen satz zu 1977 (14 Landes- und 14 Gemein demusikschulen, sieben Zweigstellen) heute faktisch aliein - nur mehr in Linz gibt es eine ,,Gemeinde"-Musikschule - für die Personalkosten und in erheblichem Maße für den Sach- und Instrumentenaufwand aufkommt. Die Früchte dieser gewaltigen Investitionen sind schon jetzt sieht- und hörbar, werden sich aber bereits in wenigen Jahren in ihrem ganzen Umfang zeigen: dann nämlich, wenn der auf dieser breiten Basis herangezogene Musikernachwuchs zur Spitze drängen und - so hoffen die Mu sikpädagogen - schon rein quantitativ für eine langfristige Entlastung der derzeit pro blematischen Situation bei den Berufsmusi kern und der Ausbildung sorgen wird. Eine sichtbare Anerkennung des ,,oberösterrei chischen" Weges im Musikschulwesen be deutet vorerst die Berufung des oö. Landesmusikschuldirektors Heinz Preiss nicht nur zum Vorsitzenden der österreichischen Konferenz der Musikschulwerke, sondern in der Folge auch zum ersten Mann der euro päischen Musikschulkonferenz. Preiss, der ganz wesentlich zur substantiellen Gestalt des oö. Musikschulgesetzes beigetragen hat, berichtete im April 1981 in Paris vor dem Europarat über die mit dem Modell ,,Ober österreich" erzielten Leistungen. Die positi ven Auswirkungen dieser Musikschul-,,Ex plosion" auf die Infrastruktur des oberöster reichischen Musik- und Kulturlebens sind heute noch gar nicht abschätzbar; ich werde dazu noch Stichworte geben. Um bei den ,,Blöcken" zu bleiben: auch die Erhaltung des Landestheaters (Zuschuß 1981 5 51,000.000.-) stellt in erweitertem Sinne einen wichtigen Beitrag zur musikali schen Grundsubstanz des Landes dar, da sich ja zwei von drei Sparten des Theaters der Musik verschrieben haben. Und schließ lich - das kleinste, aber facettenreichste Quantum kommt zuletzt - sorgt die direkte Musikförderung des Landes Oberösterreich dafür, daß auch die privaten Initiativen des Musiklebens nicht zu kurz kommen. Rund S 10,000.000.- aus freiwilligen Leistungen des Landes tragen dazu bei, daß - von der Blasmusik bis zum Konzertverein, von der Ballettschule bis zu den Sängerknaben, vom Harmonikaorchester bis zum Kon zertchor, vom Jazzklub bis zum Festivalver anstalter-alle Aktivisten (und ihre Zuhörer) einigermaßen ihr Auslangen finden. Diese direkte Musikförderung des Landes macht zwar - in absoluten Zahlen gesehen - den relativ geringsten Teil des Landesaufwan des für die Musikpflege aus, sichert aber nichtsdestoweniger jene vielfältigen Er scheinungsformen musikalischer Aktivitä ten in unserem Land, ohne die unser kultu relles Leben rasch veröden würde. Musikförderung Im Detail: Festivals und Konzerte Wenn wir nun diese Aktivitäten auffächern und einige treffende Beispiele aufgreifen, drängt sich zunächst eine Feststellung auf: Auch was die spektakuläre Spitze des Eis bergs betrifft (um an das eingangs enwähnte Bild anzuschließen!), beginnt Oberöster reich aufzuholen. Schließlich sind hier inter nationale Musikfestivals, wie das Bruckner fest und die in der ganzen Welt besonders beachtete ,,ars electronica", beheimatet, für die in den Jahren 1978 und 1979 Landeszu schüsse von jeweils S 1,750.000.- freige geben wurden. 1980 hat das Land erstmals nicht nur finanziell, sondern auch organisa torisch mitgezogen: mit einer Freiluft-Konzertreihe (,,Musikalischer Spaziergang") und sechs ausverkauften Konzerten war dem sogenannten ,,Brucknerfest im Land" ein guter Start beschieden. Auch 1981 wird es parallel ein ,,Internationales Bruckner fest" und ein ,,Brucknerfest im Land" geben: keine Angst, man steht einander nicht im Weg, letzteres ergänzt ersteres: es finden vorrangig einheimische Ensembles Berück-

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