Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 2, 1981

Steyr als Mittelpunkt traditioneller Musikpflege Steyr hat nicht nur eine zentrale Funktion im österreichischen Eisenwesen, sondern war auch auf kulturellem Gebiet stets ein Mittelpunkt traditioneller Musikpflege. Die vor 1000 Jahren erstmals genannte ,,Styraburg", die Residenz der reichen Otakare, war Stätte regen musikalischen Lebens, das vor allem durch Spielleute getragen wurde. Archivalisch kann eine musikali sche Betätigung erst im Spätmittelalter auf dem Gebiete der Kirchenmusiknachgewiesen werden. Vor allem in den der Stadt benachbarten Klöstern Garsten und Gleink wurde viel musiziert. Die Mönche aus Garsten übten großen Einfluß auf die Musikpflege in der Steyrer Stadtpfarrkirche aus, die schon mit einer Orgel ausgestattet war. Eine Blütezeit des Orgelbaues und der Musikpflege waren die letzten Jahrzehnte des 16. und die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. Der Orgelbauer und Organist Paul Peurl, der bis gegen 1625 in Steyr wirkte, gilt als Urheber der Deutschen Variationen-Suite. Bekannt waren in der Eisenstadt auch die Werke des Tondichters Orlando di Lasso (1532 bis 1594). Auch die nichtsakrale Musik wurde stets in der Eisenstadt gepflegt. Steyr war eine der hervorragendsten Städte des Meistergesanges in Österreich. Von den 34 bekannten Meister singern in Steyr wären vor aUem Severin Kriegsauer und Nikolaus Lindtwurm zu nennen. Kriegs auers Weisen fanden sogar in Nürnberg Anklang. Nikolaus Lindtwurm führte durch 14 Jahre mit Genehmigung des Rates sieben Singschulen durch. In einem Straßburger Meisterlied aus dem Jahre 1597 wurden die Steyrer Meistersinger überaus gelobt. Träger der späteren Musikpflege war vor allem der Stadttumermeister, den drei bis vier Gesellen und einige Lehrlinge unter stützten. Sie besorgten gemeinsam die Musik bei Eestlichkeiten der Bürgschaft, beim Empfang des Landesfürsten, Eröffnung des Jahrmarktes, Bürgermeister-, Richter-, Rats wahlen usw. Bekanntester Stadtturnermeister war Ferdinand Sertl, auf den die Stiftung der Pfarrkirche zu Christkindl zurückzuführen ist. Höhepunkte der Musikgeschichte der Stadt Steyr ist die Gründung des Theaters in der ehemaligen Klosterkirche der Zölestinerinnen in der Berggasse, wo neben Sprechstücken auch Opern zur Aufführung gelang ten. Die Hausmusik fand eifrige Pflege in den mit Franz Schubert befreundeten Familien Koller, Paumgartner und Dornfeld. Vor allem Silvester Paumgartner soll ein hervorragender Cellist gewesen sein. Das Mitglied des Chores der Stadtpfarrkirche, Johann Michael Vogl, wurde später als k. k. Hofopernsänger und Schubertinterpretberühmt. 1838 kam es zur Gründung des ,, Vereines der Musikfreunde in Steyr". Schon in den Jahren 1843 bis 1845, als er noch Schulgehilfe in Kronstorf war, kam Anton Bruckner mit Steyr in Verbin dung, eine Bekanntschaft, die in späteren Jahren noch enger werden sollte. So komponierte er in den Sommermonaten 1885 im Steyrer Pfarrhof das Scherzo zu seiner 8. Sinfonie, dem das Trio und das mächtige Finale folgte. Im September 1894 war der große Tonmeister zum letzten Mal in Steyr. 1898 setzte Steyr als erster Ort der österreichisch ungarischen Monarchie Bruckner ein Denkmal. Die Musiktradition der Stadt wird heute von vielen Chören und Musikensembles in ver dienstvoller Weise hochgehalten, und das Programm des Jahres auf dem musikalischen Sektor braucht keine Vergleiche zu scheuen. p. r.

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