Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 2, 1981

Eugen Jochum gilt als einer der bedeutendsten Bruckner-Dirigenten. Unter seiner Leitung wurden erstmals Bruckners Symptionien (Nr. 1 bis 9) auf Schaiipiatten eingespieit. Er verfaßte aucfi einen Rechen schaftsbericht ,,Zur interpretation der Fünften Symphonie von A. Bruck ner". Im Brucknerhaus dirigierte Jochum bisher die Symphonien Nr. 3, 4, 8 und 9. Foto: P. Wurst Theodor Guschibauer ist seit 1975 Opern- und Orchesterchef in Linz und erhieit ais solcher den Titel Generalmusikdirektor für Oberösterreich. Als Chef des Linzer Brucknerorchesters setzt er sich für das Werk des oberösterreichischen Meisters besonders ein, nicht nur in Linz, sondern auch bei seinen internationalen Konzertreisen ins Ausiand. Foto: P. Wurst rakter und damit auch das Werk Bruckners in einem realistischeren, anekdotengerei nigten Licht erscheinen ließen. Der Wunsch nach einer wissenschaftlichen Brucknerbetrachtung unter einem weniger allgemein gehaltenen und vor allem auf die Musik gerichteten Blickwinkel hatte im Rahmen des ,,Internationalen Bruckner festes 1980" ein zweites Bruckner-Sympo sium zur Folge, das sich mit den ,,Fassun gen der Bruckner-Symphonien" beschäftig te. Auch dieses Symposium wurde von Flofrat Dr. Franz Grasberger vorbereitet und geleitet und brachte interessante Ergeb nisse. Das Problem der verschiedenen Fassungen ein und desselben Werkes erhebt sich bei keinem anderen Komponisten in so spezifi scher und zwingender Fragestellung wie bei Anton Bruckner. Es beginnt bereits bei der Definition des Begriffes ,,Fassung" (was ist nur eine Verbesserung, Änderung, was kommt einer Neuschöpfung gleich?) und ufert in der verwirrenden Fülle von Unterbe griffen wie Ur-, Erst-, Neu-, Best-, Original-, Letzt-, authentische Fassung und derglei chen aus. Natürlich gibt es auch Idealfas sungen und seit dem Linzer Symposium so gar eine synthetische Fassung. Zumindest im Falle der dritten, vierten und achten Symphonie setzte sich die Ansicht durch, daß es sich bei den verschiedenen Fassun gen um wertfrei nebeneinander existierende Formen dieser Symphonien handelt. Höhepunkt dieses Symposiums, das sich mit dieser Veranstaltung auch an ein breite res Publikum wandte, war die Gegenübersteliung der ersten und dritten Fassung der dritten (,,Wagner"-)Symphonie im Großen Saal des Brucknerhauses. Außerdem wur den beide Fassungen in eigenen Konzerten aufgeführt. Parallelaufführungen dieser Art hat es übrigens bereits im Brucknerfest 1974 gegeben, als die beiden Fassungen der achten Symphonie gespielt wurden, dann 1978, als ebenfalls die erste und dritte Fassung der dritten Symphonie auf dem Programm standen, und weiter 1979 mit der Gegenüberstellung der,,Linzer" und ,,Wie ner" Fassung der ersten Symphonie. Im Brucknerfest 1981 schließlich werden die Fassungen Nr. 2 und 3 der dritten Sympho nie zu vergleichen sein (siehe Übersicht 1). Die Zusammenarbeit des Brucknerhauses mit der Kommission für Musikforschung der österreichischen Akademie der Wissen schaften über deren Leiter Hofrat Dr. Franz Grasberger hat noch ein weiteres Ergebnis gezeitigt. 1978 wurde das Anton-BrucknerInstitut Linz (ABIL) gegründet, das eine ge meinschaftliche Einrichtung der LIVA und der Akademie ist und darüber hinaus von vier Linzer Geidinstituten gefördert wird. Das ABIL hat trotz seines kurzen Bestandes kräftige Aktivitäten in Form von Publikatio nen gesetzt. Bisher liegen vor: der erste Band eines Brucknerjahrbuches sowie im Rahmen der Schriftenreihe ,,Anton Bruck ner- Dokumente und Studien" eine Unter suchung über Anton Bruckner und die Wie ner Hofmusikkapelle, um deren Vizehof kapellmeisterstelle er sich 1877 beworben hatte (siehe Abbildung), eine weitere über Bruckner und seine Wiener Umwelt und schließlich ein Band über Bruckners musi kalische Entwicklung in den Jahren 1843 bis 1855 und seine Studien beim Ennser Musi ker Leopold von Zenetti (siehe Übersicht 5). Das ABiL hat inzwischen auch eine lokale (also nicht nur geistige) Heimstätte im Brucknerhaus gefunden: Ein Archiv und ein

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