Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 1, 1981

Kapitänspatent erworben hatte, mit einem eigenen Frachtschiff von England nach Südamerika. Nachdem sein Schiff während eines gefährlichen Sturmes gekentert war, galt er als verschollen. Johann Orth wurde 1911 für tot erklärt, aber beharrliche Ge rüchte um sein Überleben sind eigentlich nie verstummt. Die bewegliche Habe des Erz herzogs, das heißt die gesamte Einrichtung aus Schloß Ort, gelangte entsprechend ei ner letztwilligen Verfügung 1912 in einem Berliner Auktionshaus zur öffentlichen Ver steigerung. See- und Landschloß Ort ka men, zum Teil auf Umwegen, wieder in den angestammten ärarischen Besitz. Obwohl Bahn und Dampfschiff schon große Verkehrserleichterungen darsteilten, prie sen die im Gmundner Wochenblatt erschei nenden Verkaufs- und Vermietungsankün digungen von Villen und Wohnungen als wichtigste Ausstattungserfordernisse im mer noch Ställe, Wagenremisen und Keller mit eigenem Brunnen an. Auch die Familie des Königs von Hannover, die 1868 erst mals nach Gmunden kam, suchte solch eine komplette Sommerunterkunft mit allen not wendigen Nebengebäuden. Sie fand sich in der 1838 von einem Grafen Thun-Hohen stein auf der sogenannten Tuschenschanz erbauten Villa. Diese ,,Villa Thun" wurde von nun an das sommerliche Heim für König Georg V. und Königin Marie von Hannover, die mit ihrem Sohn und den Töchtern nach der kriegerischen und politischen Ausein andersetzung mit Preußen im befreundeten Österreich eine neue Heimat gefunden hat ten. Etwa 1825 verewigte 0. F. Schinkel den schönen Ausblick, den diese Villa bietet, in seinem berühmten Bild ,,Der Traunsee". Möglicherweise hatten sogar die Römer die weite Aussicht auf den See und die gesamte Gebirgskette schon gekannt, denn auf ei nem Grundstück unterhalb der heutigen Villa wurden vor einigen Jahrzehnten Funde gemacht, die auf eine intensive Besiedlung schließen lassen. Und noch im Jahr 1860 nennt ein Zeitungsschreiber den Platz der ,, Villa Thun" einen ,,der schönsten Punkte, von welchem man das herrliche Panorama Gmundens überschauen kann . . ." und be dauert nur, daß der Eintritt in den Garten verwehrt ist. Diese Villa wurde also zum Schauplatz hannoveranischen Hoflebens und man muß hinzufügen, daß sich die königliche Familie vom ersten Jahr an engstens in das Gmund ner Leben eingeschaltet hat. Das besondere Anliegen des Königs war die evangelische Gemeinde, ihr gewährte er vom Zeitpunkt ihrer Gründung (Jänner 1869) an neben der moralischen auch eine spürbare finanzieile Königin Marie von Hannover, Fotografie aus dem k. k. Hof-Ateiier Carl Jagerspacher in Gmunden, 1907. - Sammlung Kammerhofmuseum Königin Marie, geb. Prinzessin von Sach sen-Altenburg, starb 1907 in Gmunden; im Andenken an sie heißt die ehemalige Villa Thun ,,Königinvilia". Georg V. von Hannover, Porträtreproduktion aus: König Georg V. von Hannover, von Erich Rosendahl, Hannover 1928. Foto: H. G. Priilinger König Georg ging 1 866 ins Exil nach Österreich und kam 1 868 erstmals nach Gmunden Unterstützung zur Errichtung eines eigenen Gotteshauses in Gmunden. Die Grundstein legung der Kirche fand in feierlicher Form am 7. September 1871 im Beisein des Hannover'schen Hofes statt. Für die Verwirkli chung des von Architekt Hermann Wehrenfennig geplanten Baues setzten sich höch ste Herrschaften bis zum Kaiserhaus mit tatkräftigen Aktionen ein, die finanzielle Hauptlast trug jedoch das Haus Hannover. Aber auch für die vielfachen städtischen So zial- und Kommunalanliegen hatte die kö nigliche Familie stets Verständnis und eine offene Hand, und so war es nur eine Selbst verständlichkeit, daß die Stadt Gmunden ihre Dankbarkeit und Verbundenheit mit ei nigen offiziellen Gesten bewies, so etwa mit der Benennung der Georgstraße zu Ehren des Königs, sie führt vom Kiosterplatz an der evangeiischen Kirche vorbei bis zur Ein mündung der Scharnsteiner Straße. Nach dem Tod König Georgs - er war 1878 in Paris gestorben und wurde in Windsor beigesetzt - trat Kronprinz Ernst August als Herzog von Cumberland seine Nachfolge an. Er vermählte sich im gleichen Jahr mit Thyra, Prinzessin von Dänemark. In Gmun den bezog er alsbald als eigenes Heim die ,,Villa Klusemann". Das rege Hofleben wirkte sich für die wirt schaftliche Situation der Stadt sehr günstig aus, baid gab es die verschiedensten ,,Hof lieferanten" von den Bäckern bis zu den Goidschmieden; viele Privatpersonen fan den im herzoglichen Dienst eine sichere und einträgliche Beschäftigung und auch die an sässigen Handwerkerund Gewerbe wurden von der Hofhaltung entsprechend herange zogen. Der Zuzug königstreuer Hannover aner Familien wirkte sich ebenfalls in vielen Bereichen positiv aus. Durch das Hofieben wurde auch die Bautätigkeit gefördert und so entstand eine gute neue Bewegung in nerhalb des städtischen Lebens. Die Ver bindung zwischen der Hannover-Familie und der Stadt Gmunden verdichtete sich noch mehr, als sich der Herzog entschloß, seinen Wohnsitz ganz nach Gmunden zu verlegen, und daher daran ging, nach den Plänen von Architekt Schorbach das ,,Schloß Cumberland" auf der Höhe ober halb des als Eiszeitrelikt berühmten Krottensees erbauen zu lassen. Die Durchfüh rung des Baues oblag dem herzoglichen Hofbaumeister Wilhelm Rundspaden. Die ses Schloß war ab 1887 Schauplatz großar tiger Familienfeiern, denn zwei Prinzessin nen aus dem Hause Hannover feierten ihre Vermählung in Gmunden. Diese Festtage wurden durch die internationale höchste Adelsbeteiligung für ganz Gmunden zu Er eignissen ersten Ranges- gerühmt von den Zeitungen und bestaunt von der gesamten Bevölkerung. Viele der herzoglichen Familiensituationen wurden vom Hof-Photographen Carl Jager spacher, dervon 1872 bis 1909 in Gmunden wirkte, festgehalten; sie sind zu wichtigen Dokumenten der Verbundenheit dieser ho hen Familie mit Gmunden geworden. Besonders denkwürdig im Sinne der Hannover'schen Familiengeschichte war der März 1913, als der junge Prinz Ernst August seine Braut, die deutsche Kaisertochter Vik-

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