Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 4, 1980

der Kulturzeitschrift Oberösterreich 4/1980 Karl Kleinschmidt Karl Kleinschmidt lebt seit 1973 in der Mühlviertler Ortschaft Reichenstein in einem alten Haus an der Waldaist, das er ge meinsam mit Helga Aichinger nach gemeinsamen Vorstellun gen renoviert und wohnlich gemacht hat. Er hat sich dorthin in die Stille zurückgezogen. Ein Jahr später -1974 - beendete er seine aktive Laufbahn als Beamter des Magistrates der Lan deshauptstadt Linz. Von 1952 bis 1974 war er Leiter des litera rischen Referats im Kulturamt der Stadt Linz. Er hat für das li terarische Linz unendlich viel geleistet. Viele Dichtertalente verdanken ihm Entdeckung und Förderung. Er benötigte bei Erfüllung seiner Amtsaufgaben keine Dienstvorschrift, son dern handelte stets in seinem Amt als Denker und Dichter mit Verantwortung für die Allgemeinheit. Er hat in Linz viel be gründet. Routine war ihm bei Erfüllung seiner Aufgaben stets fremd. Als Dichter hat sich Karl Kleinschmidt nie vorgedrängt. Seine Prosa ist knapp, seine Lyrik in Sprache und Form zum Letzt möglichen verdichtet. Deshalb liebt er auch so sehr das japani sche Haiku, Volkslieder, Sonette. Stets besitzt in seiner Dich tung das Gedankliche einen bevorzugten Platz. Kunstkritiken, Buchbesprechungen werden bei ihm zu Dichtungen ausge feilt. Erinnert sei an seine Abhandlung ,,Helga Aichinger - Versuch eines Künsüerporträts" im Heft 3/78 unserer Zeit schrift. Geboren wurde Karl Kleinschmidt 1913 in Ybbs an der Donau. Sein Studienweg - Kunstgeschichte, Germanistik, Philoso phie an der Universität Wien und Privatstudium über asiati sche Literatur -beweisen, daß er ein Lernender war, der nie an die Nützlichkeit, sondern stets nur an das geistige Gewicht seiner Aus- und Fortbildung gedacht hat. In einem Heft, das dem Schwerpunktthema ,,Die Landes hauptstadt Linz" gewidmet ist, verdient Karl Kleinschmidt Beachtung. Q. W. Zur folgenden Übertragung Es wäre sinnlos, den vielen Versuchen einer Übertragung der Sonette Shakespeares eine jüngere anzufügen, wollte man nicht unter anderen Voraussetzungen an ein solches Unter fangen gehen. Dieser große Zyklus, schon unter Zeitgenossen als ein schwieriges Wagnis angesehen, hat immer wieder zur Auseinandersetzung gereizt. Autobiographisches und Dich tung sind hier unauflöslich verquickt, zeitgeschichtliche An spielungen nicht immer deutbar. Rätsel und Fragen genug. Man sollte nicht alle lösen wollen. Das Geheimnis, das diese Dichtung umschließt, ist höherer Art, als daß es durch Namen und Daten entschleiert oder vertieft werden könnte. So wie es ist, ergreift es uns, öffnet und verbirgt sich zugleich. Es macht uns zu Zeugen, es schließt uns in seinen Kreis und hält uns doch in der Distanz der Scheu. Daß die Sonette auf uns gekommen sind, verdanken wir ei nem Raubdruck, der mit all seinen Mängeln doch den Kern nicht versehrt, das dunkle Licht dieser Verse nicht vernebelt hat. Er hat nur äußere Züge zu Chiffren gemacht und nur das Greifbare verspiegelt. Das sprachliche Gefüge ist mit allen Manierismen, die hier Ausdruck sind, mit allen schönen Härten und Verflechtungen nachzubilden. Wir können auf Klischees und pseudopoetische Aufweichungen verzichten. Die jüngsten Kommentare haben viel Licht ins Dunkel ge bracht und doch das eigentliche Dunkel nicht künstlich erhellt. Der Bedeutungswandel von Wörtern und Fügungen, beson ders aber die Überlagerung mehrerer Bedeutungen da und dort sollten nicht Verlegenheit, sondern Anreiz schaffen. Es ist längst keine Frage mehr, daß solche Überlagerungen ein for males Prinzip, eine Ausdrucksmöglichkeit, also gewollt sind. Bedeutungen ,,schwingen zusammen". Mehrfach deutbare Stellen sind nachzugestalten und nötigenfalls in alternativen Fassungen darzubieten. Man sollte möglichst treu, aber nicht sklavisch verfahren, Zeitkolorit und Tonfall treffen, ohne nachzubeten. Das ist ein Teü der Forderungen, die den Ver such erst rechtfertigen. Darum also auch Varianten einzelner Zeilen oder Strophen.

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