Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 4, 1980

beide, Bürgermeister und Richter, dem Stadtherrn Treue zu geioben und zu be schwören (,,glübde und ayde ze tun"). Bürgermeister, Richter und Rat dürfen fortan aiie städtischen Urkunden mit dem großen oder kieinen Stadtsiegel aus rotem Wachs fertigen und dies für jedermann ver wenden. Mit dieser letzten Bestimmung hat der Kaiser die Stadt gleichsam zum ,,locus credibiiis" (glaubwürdiger Ort) erhoben und sie in gewisser Weise dem Notariat - wie das in Ungarn bei den königlichen Städten schon lange üblich war - an Glaubwürdig keit gleichgesetzt. Die Urkunde enthält end lich das Gebot an alle Stände des Reiches, die Rechte der Linzer zu beachten und sie darin nicht zu beeinträchtigen; sie schließt mit der Damnatio, einer Androhung der kai serlichen Ungnade (,,... unnserswere ungnad zu vermeiden.") bei Nichtbeachtung ihres Rechtsinhaites. Mit der Datierung und der Siegeiankündigung klingt das so wich tige und inhaltsreiche Privileg aus, weiches der Kaiser am Mittwoch nach dem Sonntag Reminiscere in der Fastenzeit im 38. Jahr seines Kaisertums, im 50. Jahr als rö misch-deutscher König und im 32. Jahr als ungarischer König auszufertigen befahl (,,Commissio domini imperatoris propria"). Das Linzer Privileg von 1490 hat im Land ob der Enns klare Verhältnisse geschaffen. Auch wenn die Stadt schon vorher diese Po sition eingenommen haben mag und als er ste Stadt des Landes anzusprechen war - wie unter Aibrecht VI. so ist doch diese Urkunde die erste klare Manifestation des Landesfürsten in dieser Richtung und eine eindeutige Festlegung. Seither wurde der Vorrang von Linz kaum mehr ernsthaft an gezweifelt. Wenn wir uns grundsätzlich zu unserer Stadt bekennen, dann müssen wir auch zu ihrer geschichtlichen Entwicklung stehen, ohne die ihr heutiges Zustandsbild nicht er klärt werden kann. Diese Entwicklung ist durch eine Abfolge von Ereignissen charak terisiert, die von der Keitenzeit bis in unsere Gegenwart herein den ,.Charakter" der Stadt bestimmen und das Besondere dieses Gemeinwesens ausmachen. Den Endpunkt einer der wichtigsten Phasen im geschicht lichen Abiauf der Stadt markiert die vorer wähnte Urkunde von 1490, den eigentlichen Höhepunkt im Spätmittelalter. Das Geden ken an ihn, an die Tatsache, daß Linz vor 500 Jahren den Charakter einer Landes hauptstadt zuerkannt bekam, kann am sinn vollsten dadurch zum Ausdruck gebracht werden, daß man sich bis zu diesem Jubi läumstag bemüht, eine fundierte Linzer Stadtgeschichte zu erarbeiten. Das bedeu tet über die bereits vorhandenen VorarbeiDas große Siegel der Stadt Linz; Die Urkunde von 1490 erlaubt das Siegeln mit rotem Siegeiwachs und enwähnt ein großes und ein kleines Siegel der Stadt. Nach den jüngsten Forschungen kann es sich bei dem großen Siegel nur um jenes mittelalterliche Rundsiegei handein, dem anstelle von den links und rechts der Tortürme befindlichen Ranken je zwei klassische, reich ornamentierte Säulen zuge ordnet sind. Da dieses Siegel erst um die Mitte des 17. Jahrhunderts nachzuweisen ist, wurde es bisher für diese Zeit in Anspruch genommen. Reproduktion nach Alfred Hoff mann, Siegel und Wappen der Stadt Linz, Jahrbuch der Stadt Linz 1935, S. 41 ff., Abb. 6 (Siegel 4) im Das kleine Siegel der Stadt Linz: Die beiden Tortürme werden von zwei Löwen als Wappen tieren gestützt. Nach der Umschrift wurde das Siegel 1492 angefertigt. Ob es zur Zeit der Urkundenausfertigung schon ein kleines Siegel gegeben hat, ist unbekannt. Reproduktion nach einer Urkunde im Archiv der Stadt Linz. Das Siegel aus rotem Wachs in gelber Wachsschaie ten hinaus, wie sie vor allem die Linzer Regesten, die vielen Aufsätze im Historischen Jahrbuch und die Sonderpublikationen zur Linzer Stadtgeschichte darstellen, gezielte Grundlagenforschung auf breitester Basis. Sie bedingt einerseits ein neues Konzept für das wissenschaftliche Arbeiten, dem ein exakter Zeitplan zugrunde Hegen muß, an dererseits aber den Einsatz größerer finan zieller Mittel als bisher. Das wissenschaftliche Großunternehmen kann als mittelfristiges Vorhaben bezeich net werden und sollte nach unserem Ermes sen in folgenden Abschnitten bewältigt wer den: 1. In der Ausarbeitung eines Gutachtens, das alle wesentlichen Arbeitsbereiche be rücksichtigt und deshalb als wichtige Vor entscheidung anzusprechen wäre, weil es bereits realisierbare Bearbeitungsvor schläge enthalten müßte. 2. Bis zum Ende des Jahres 1985 sollten die im Sinne des Gutachtens nötigen Basis arbeiten vorliegen und nach einem entspre chenden Prioritätenplan auch veröffentlicht werden. Eine auf das Jubiläumsjahr hinwei sende Schriftenreihe, die als ,,Forschungen zur Geschichte der Stadt Linz" ausgewie sen sein könnte und den Umfang von meh reren Bänden haben müßte, wäre das Publi kationsorgan für diese Grundlagenfor schung. 3. Die darauf und auf den bereits vorhande nen Arbeiten zur Linzer Stadtgeschichte ba sierende umfassende ,,Geschichte der Stadt Linz", ein mehrbändiges wissen schaftliches Werk, von mehreren Wissen schaftern bearbeitet, sollte sodann in Auf trag gegeben werden. Der für das Gesamt vorhaben zu bestellende wissenschaftliche Beirat hätte für dieses Geschichtswerk den Arbeitsplan (mit Bearbeiternominierung) vorzubereiten. Die ,,Große Geschichte der Stadt Linz" sollte im Manuskript Mitte 1989 vorliegen und hierauf in würdiger Form als Festgabe publiziert werden. 4. Eine etwa zweibändige, volkstümliche Ausgabe der Linzer Geschichte, gleichsam der Succus aus der großangelegten Stadt geschichte, aber gut lesbar und verständlich formuliert, reich bebildert und schön gestal tet, wäre das eigentliche Geschenk der Wis senschaft an die Bevölkerung von Linz. Die ses Werk sollte von einem Bearbeiter in ei nem Guß geschrieben werden und weite Verbreitung bei den Linzer Familien finden. Dieser oben skizzierten wissenschaftsor ganisatorischen Grundüberlegung muß ein Finanzierungsplan entsprechen, der den Erfolg verbürgt. Unseren Vorstellungen ent spräche am besten die Schaffung eines Ju biläumsfonds, der vom Fiskaljahr unabhän-

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