Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 4, 1980

Hier kurz der Ablauf der Ereignisse: Die 1672 vom Linzer Handelsmann Christian Sindt gegründete Fabrik zur Herstellung von Wollstoffen und Zeugen geht 1716 an das Wiener Soldatenspital und Große Armenhaus über, wird 1722 von der Orientalischen Gompagnie über nommen. Johann Michael Prunner errichtet den Neubau des Hauptgebäudes. 1754 wird die Fa brik verstaatlicht, 1 850 als letzter Zweig des Un ternehmens die Teppichfabrikation eingestellt. Die neu gegründete Tabakfabrik übernimmt einen Teil des Areals, das Hauptgebäude wird Kaserne. Nach dem Krieg hausen Kriegsgefangene, Hei matvertriebene, Bombengeschädigte und Flücht linge in der alten Wollzeugfabrik. 1948 wird der Verkauf des Gebäudes an die Austria-Tabakwerke vom Ministerrat genehmigt. 1957 soll das nunmehr private Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden, einer Berufung der AustriaTabakwerke gibt das Bundesministerium für Un terricht 1958 nicht statt. 1963 wird der Abbruch wegen abbröckelnden Deckenputzes verfügt. Am 1. Februar 1964 erscheint in den ,,Oberöster reichischen Nachrichten" ein Aufsatz unter dem Titel ,,Die Wollzeugfabrik und die Demolierer von Linz". Am 14. März 1964 wird ein Aufruf des Vereines Denkmalpflege in Oberösterreich zur Rettung der Linzer Wollzeugfabrik veröffentlicht. Am 16. April 1964 richtet die Freiheitliche Partei einen Antrag an den Bürgermeister, der Gemein derat möge direkte Kontakte mit den AustriaTabakwerken zur kurzfristigen Rückstellung des Abbruchvorhabens beschließen. Am 25. April 1964 wird als Bilanz eine Summe von 1385 Zuschriften für die Linzer Wollzeugfabrik erstellt. Am 23. Juni 1964 wird bei einer Aussprache bei Landeshauptmann Dr. Gleißnerdie Demolierung der Wollzeugfabrik bis Neujahr 1965 aufgescho ben. Am 15. September 1964 erstellt Prof. Dr. Ing. Friedrich Baravalle ein statisches Gutachten über die tragenden Wände, Decken und Dächer der ehemaligen Fabrikskaserne. Am 30. November 1964 faßt die ÖGBLandesexekutive in Linz den Beschluß, daß zur Existenzsicherung von 700 Beschäftigten der Tabakfabrik der Abbruch der Fabrikskaserne er folgen muß. Am 16. Dezember 1964 wird bei einer neuer lichen Besprechung bei Landeshauptmann Dr. Gieißner die Entscheidung über die Wollzeug fabrik bis Juni 1965 verschoben. Weitere Gutach ten (Prof. Rainer, Prof. Hubatsch) werden einge holt. Am 10. Februar 1965 nimmt die ,,NationalZeitung" in Basel für die barocke Fabrik in Linz Stellung. Im November 1965 verweist das Bundesministe rium für Unterricht als oberste Denkmalschutz behörde im Berufungsverfahren den Akt mit dem Auftrag an die Landesregierung zurück, diese seile selbst eine Sachentscheidung treffen. Am 29. November 1965 wird in einer Betriebsver sammlung der Tabakwerke eine Resolution be schlossen, wonach der Ausbau der Tabakfabrik nicht durch den Schutz der Fabrikskaserne be hindert werden soll. Am 29. Jänner 1966 nimmt der Landesverband Oberösterreich der Zentralvereinigung der Archi tekten fürdie Wollzeugfabrik Stellung und schlägt vor, die Abbruchkosten für eine notdürftige Sa nierung aufzuwenden, um erst dann Zukunfts pläne ausarbeiten zu können. Am 26. Februar 1966 nimmt die Bauvenwaltung der Stadt Linz zum Thema Stellung und stellt sich gegen die Argumentation der Architekten. Im März 1966 wenden sich die Austria-Tabakwerke als Eigentümer gegen den Bescheid des Unterrichtsministeriums mit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Am 24. Juni 1966 veranstaltet der 00. Museal verein mit dem Verein für Denkmalpfiege eine Diskussion über die Linzer Wollzeugfabrik mit einem einleitenden Referat von Univ.-Prof. Dr. Hans Sedlmayr. Anfang Juli 1966 richten die Nationalratsabge ordneten der ÖVP an den Unterrichtsminister eine Anfrage wegen der Rettung bedeutender Bauwerke, so des alten Borromäums in Salzburg und der ehemaligen Wollzeugfabrik in Linz. Am 11. Jänner 1967 erklärt Unterrichtsminister Piffl-Percevic auf eine schriftliche Anfrage ver schiedener SPÖ-Abgeordneter, daß die Beseiti gung der Wollzeugfabrik kulturell nicht zu ver antworten wäre. im Jänner 1967 spricht der Betriebsrat der Austria-Tabakwerke bei Bürgermeister Aigner vor und erinnert diesen an den gültigen Abbruch bescheid für die Wollzeugfabrik. Am 27. Jänner 1967 stürzt in der Linzer Wollzeug fabrik eine Decke ein. Im Februar 1967 ist das Unterrichtsministerium bemüht, von den Austria-Tabakwerken das Grundstück der Wollzeugfabrik zurückzukaufen. Es wird erwogen, diese zur Pädagogischen Aka demie des Bundes auszubauen. Im November 1967 wird von einer Abtragung des Flügels an der Gruberstraße gesprochen, wobei die Fassade der Wollzeugfabrik erhalten werden soll. Am 13. Dezember 1967 stellt Peter Kubovsky eine eigenwillige Dokumentation der Wollzeug fabrik in der Galerie MAERZ vor. Im Jänner 1968 kommen die Linzer Architekten Dr. Arndt und Dipl.-Ing. Taferner zu dem Ergeb nis, daß die Woilzeugfabrik für verschiedene Zwecke geeignet ist. Im März 1968 beauftragt das Magistratspräsi dium die Bauverwaltung, das Verfahren zur Voll streckung des seit 1963 bestehenden Demolierungsbescheides gegen die Austria-Tabakwerke AG. einzuleiten. Unterrichtsministerium und Bundesdenkmalamt stehen dem Auftrag, bis 12. März die Demolierung zu beginnen, hilflos ge genüber. Am 5. März 1968 ermächtigen die AustriaTabakwerke die Baubehörde der Stadt Linz, von mehreren Bauunternehmen Angebote über die Höhe der Demolierungskosten einzuholen. Ein Team von Professoren der Akdemie der bilden den Künste und von Vertretern des Bundesdenkmalamtes besichtigt nochmals die Woll zeugfabrik, um eventuell den Magistrat aufzufor dern, auf Bundeskosten das Gebäude zu sanie ren. Am 9. März 1968 schreibt ,,Die Presse" in Wien: ,,Wird die barocke Wollzeugfabrik ein weiteres Opfer der städtischen Selbstzerstörung?" Am 13. März 1968 reist ein dreiköpfiges Verhand lungsteam des Magistrates Linz auf Einladung des Unterrichtsministeriums zu Besprechungen über die Wollzeugfabrik nach Wien. Minister Dr. Piffl-Percevic will als erste Rate acht Millionen Schilling für die Sanierung zur Verfügung stellen. Am 1 8. März 1968 faßt der Betriebsrat der Tabak fabrik Linz eine Resoiution, die sich gegen die Er haltung der Fabrikskaserne wendet. Am 26. März 1968 bringen die Vertreter der Ta bakwerke beim Verfassungsgerichtshof einen Einspruch gegen den Sanierungsbescheid des Unterrichtsministeriums ein. Im April 1968 will eine Notgemeinschaft ver schiedener kultureller und wissenschaftlicher Verbände in Linz, unterstützt von Architekten, für die Erhaltung der Wollzeugfabrik eintreten. Im Mai 1968 verfaßt der Verband Sozialistischer Studenten Österreichs eine Resolution gegen die Absicht, die Linzer Wollzeugfabrik angesichts des Mangels an Bildungsinvestitionen zu erhal ten. Das 22. Mitteilungsblatt des Vereins Denkmal pflege in Oberösterreich (Mai/Juni 1968) ist der Linzer Wollzeugfabrik gewidmet. Im August 1968 wird der Gehsteig bei der Woll zeugfabrik wegen der baulichen Gebrechen ge sperrt. Im November 1968 will das Bauzentrum die Woll zeugfabrik als Ausstellungshalle benützen. Im Juli 1969 macht ein Urteil des Verwaltungs gerichtshofes den Abbruch der Wollzeugfabrik möglich. Der Verwaltungsgerichtshof erkiärt den baupoiizeilichen Abbruchbescheid für die Woll zeugfabrik für gültig. Unterrichtsminister Dr. Mock teilt der Stadt Linz mit, daß er von einer Sanierung des Objektes Abstand nimmt. Die Notgemeinschaft Wollzeugfabrik sendet im September 1969 ein Telegramm an Bundesprä sident Jonas, um in letzter Minute den Abbruch der Wollzeugfabrik zu verhindern. Am 15. September 1969 vergibt der Gemeinderat die Abbrucharbeiten fürdie Wollzeugfabrik an die Fa. Universale um den Betrag von rund 1,5 Millio nen Schilling. Die Vertreter der Freiheitlichen Partei stimmen dagegen. Ab 22. September 1969 beginnt der Abbruch der Wollzeugfabrik. Entgegen den veröffentlichten Plänen erfolgt bis zum Jahr 1980 keine Erweite rung des Fabriksareals. In den ersten Novembertagen 1969 werden noch die Steinteile der Portale für das Stadtmuseum Linz bzw. einen privaten Interessenten geborgen. Die positiven Beispiele Neben der Fassadenaktion sind es für Linz doch einige Beispiele, die ais gelungene Revitalisierungen anzusprechen sind. Das Linzer Schloß, seit dem 19. Jahrhundert ais Arbeitshaus und Kaserne verwendet, war nach der Räumung durch die Gendar merie in einem trostlosen Zustand. Den ge-

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