Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 4, 1980

Denkmalpflege Linz und die Denkmalpflege 1945 bis 1980 Georg Wacha Bei der ersten Besprechung über diesen Aufsatz war als Arbeitstitel gewählt worden „Der Wandel des Denkmalbegriffes am Bei spiel Linz." Es wird sich im Laufe der Ab handlung zeigen, daß tatsächlich ein Wan del im Begriff des Denkmals eingetreten Ist, daß dies auch in gewissem Maße an dem Beispiel Linz exemplifiziert werden kann. Trotzdem wurde die nüchterne Fassung des historischen Berichtes gewählt und dies auch im Titel zum Ausdruck gebracht. Schwere Entscheidungen Bei Kriegsende stand Linz mitten in einer Phase der Umgestaltung. Der nationalso zialistische Städtebau hatte Im Auftrag Adolf Hitlers unter einer eigens dazu eingesetzten Bauleitung große Projekte für die Neuge staltung in Angriff genommen. So sollten der Bahnhof verlegt, die bisherige Bahntrasse und das Gelände des Hauptbahnhofes zu neuen Monumentalbauten herangezogen werden. Im Zuge der neuerrichteten Nibe lungenbrücke sollte der Ausgang des Hauptplatzes, also die Schmidtorstraße, wesentlich erweitert und zur Gewinnung ei ner breiteren Verkehrsfläche die westliche Front der Landstraße zurückversetzt wer den. Auf den Zeichentischen waren die Aus führungspläne schon entstanden, der fort schreitende Verlauf der Kampfhandlungen bis zum totalen Krieg hatte aber diese Pro jekte nicht ins Stadium der Verwirklichung treten lassen. Im Jahr 1945 lag der Bahnhof In Trümmern, weite Teile der Stadt waren durch den Bom benkrieg schwerstens beschädigt. Die Ent scheidung mußte fallen, ob man diese na tionalsozialistische Planung aufgreifen, die Bundesbahnwerkstätten nach Wegscheid verlegen und eventuell sogar die Elsenbahntrasse verkürzen und den Bahnhof hin ausschieben wollte. ,,Dle damalige Leitung der Bundesbahn direktion entschied sich aus finanziellen und betrieblichen Gründen für die Beibehaltung des alten Standortes, der alten Fundamente und der nicht zerstörten Teile des Auf nahmsgebäudes (des Linzer Bahnhofes) sowie für zwei Personentunnels unter Bei behaltung der schon vorhandenen Insel bahnsteige." In der Begründung zu dieser Entscheidung heißt es, daß es damals nicht möglich gewe sen wäre, auch nur das Schienen- und Schwellenmaterial für eine Verlegung des Bahnhofes aufzubringen. ,,Nur am alten Platz und ohne neue Gleisanlage war der Wiederaufbau des Bahnhofes In den Jahren 1946-1949 unter den gegebenen Verhält nissen gerade noch möglich." Über den Wiederaufbau der Hauptwerk stätte der Bundesbahnen war zuerst in Ge sprächen mit den Leitern der ,,Göring-Werke" verhandelt worden. Eine Unterbringung in den zerstörten Werksanlagen war aller dings wegen der ungeklärten Besitzverhält nisse damals nicht möglich. Es bestand durchaus der Wille der Bundesbahnen, die Hauptwerkstätte Linz aus dem Stadtbild herauszunehmen. Allerdings mußte, um 1946 einen bescheidenen Sommerverkehr zu ermöglichen, mit ungeheurem Einsatz ein Wiederaufbau vorangetrieben werden. Bereits Ende 1945 wurde in zehn Werkstät tenhallen wieder gearbeitet. Bald darauf war für die Elektrifizierung der Bundesbahnen eine Ausdehnung des Geländes erforder lich, was eine geringfügige Umlegung der Unionstraße zur Folge hatte. Dies blieb aber die einzige Veränderung im großräumigen Gefüge der Bundesbahnverwaltung in Linz. Irgendwelche Änderungen im Gebiet der Altstadt konnten in der Nachkriegszelt nicht berücksichtigt werden. Zuerst war die Frage des Wiederaufbaues der zerstörten Woh nungen zu lösen, es blieb allerdings auf dem Papier eine Entlastungsstraße zur Land straße quer durch die Häuserblöcke der Bi schofstraße und Spittelwiese als Planung bestehen. An eine Verbreiterung der Land straße durch Verlegung der Westfront dachte niemand mehr. Die Behebung der Schäden Die erste Sorge der Denkmalschützer nach dem Krieg galt den kirchlichen Objekten. Die Kirche der Barmherzigen Brüder in Linz war in der nationalsozialistischen Zeit als Thea terdepot verwendet worden. Unmittelbar nach dem Krieg wurde die Kirche gereinigt. Verglasung und Wiedereinrichtung erfolg ten. Ferner waren Kriegsschäden - meist Dach- und Glasschäden - Im Bombengebiet von Linz zu beheben. Zu den Kirchenbauten Oberösterreichs gibt Landeskonservator Franz Juraschek folgende Übersicht: ,,Völ lig zerstört vor allem In Linz Don Bosco, die Kirche der Karmeliterinnen und St. Theresa in Untergaumberg; schwer beschädigt der Neue Dom, Kleinmünchen, die Friedenskir che in Urfahr." Von der Dreifaltigkeitssäule in Linz waren die Steinteile und die Bekrönung abgenom men worden, nur die Wolkensäule war auf dem Hauptplatz verblieben. Nach Plünde rungen in den Kellerdepots im Bauernberg hatten die dort eingelagerten Teile schwer gelitten, doch noch 1947 konnten die Wie derherstellungsarbeiten abgeschlossen und dieses stadtgeschichtlich bedeutende Denkmal wiederum vervollständigt werden. Juraschek gab 1947 folgende Übersicht über kriegsbeschädigte, denkmalge schützte Gebäude in Oberösterreich: Durch Bomben zerstört waren in Linz das Haus Altstadt 3, ein Renaissancebürgerhaus mit wertvollem Granitportal, Runderker und Stuckplafond, um 1600 erbaut (,,Töpfer haus"); das Haus Altstadt 22, ein einfache res Renaissancebürgerhaus mit Runderker, Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut (Gast hof ,,Schwarzer Bock"); endlich das Haus Hofgasse 7 mit den Renaissancearkaden Im Hof aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhun derts. Durch Bomben schwer beschädigt waren ein kleines Barockschlößchen in der Bergschlößigasse 1 mit rundem Mittelsaal aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (,,Bergschlößl"), in Kleinmünchen, Dauphinestraße 30, ein ehemaliger Vierkanter mit schönen Stuckverzierungen außen und in nen aus dem zweiten Viertel des 18. Jahr hunderts. Weiter heißt es: ,,ln Linz ist durch Zerstörung mehrerer Häuser in den ge schlossenen Straßenzeilen das alte Stra ßenbild einiger einheitlicher Straßenzüge des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, ge schlossener Siedlungsplanungen der Ba rock- und Biedermeierzeit, verlorengegan gen (Hafnerstraße, Stockhofstraße, Schweizerhausgasse)". Im Jahr 1948 gab der Magistrat einen ersten Bildband unter dem Titel ,,Linz baut auf - Linz 1945-1948", bearbeitet von Hanns Kreczi, heraus. Den Erläuterungen zu den zahlreichen Abbildungen lassen sich einige Angaben entnehmen. In den ersten drei Jahren nach dem Krieg mußte die Wiederherstellung der Wohnun gen an der Spitze stehen. Die Stadt Linz selbst als Hauseigentümerin (Wohnungs gesellschaft, Wohnbauförderungsgenossenschaft, Harbachsledlung, Gebäudeverwaitung) stand (nach der zitierten Schrift) im Wohnungswiederaufbau mit über 1100 Wohnungen an der Spitze. Insgesamt wur den in diesen drei Aufbaujahren 4470 Woh nungen wiederaufgebaut. 426 mittlere, 333 schwere und 50 totale Häuserschäden wur den behoben, das sind 809 wiederaufge baute Wohngebäude. Dazu kam der Wie deraufbau von Amtsgebäuden, Schulen, des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Linz, auf dessen Gelände nicht weniger als 125 Bomben gefallen waren. In 19wöchiger geräuschvoller Arbeit wurden die noch sichtbaren Überreste aus der Kriegszelt auf dem Hauptplatz, nämlich die beiden Ein gangsbauten des Luftschutzbunkers, abge tragen. Manches altgewohnte Bauwerk ver schwand: auf dem Hessen platz wurde das

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2