Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 4, 1980

moderner Kunst, um deren Allgemeinver ständnis in Linz, wie anderswo, noch gerun gen wird. Vielleicht war es als erzieherischer Akt gedacht, als man sie mit sanfter Gewalt im Linzer Donaupark beheimatet hat. Ob er ihnen tatsächlich Heimat geworden ist, wird die Zukunft weisen. Hinter dem Grün des Parks und den Silhou etten der Skulpturen wölbt sich die Fassade des Brucknerhauses gegen den Strom hin, flankiert vom Turm des Tourotels. Gegen über liegt Urfahr, vor allem dessen Jahr marktgelände, auf dem es zweimal im Jahr hoch hergeht in den Buden, Bierzelten und erst recht im Vergnügungspark. Im Hinter grund laufen die Hügelketten des Mühlvier tels in sanften Hängen aus, reckt die ba rocke Wallfahrtskirche auf dem Pöstlingberg ihre Türme wie zwei Finger in die Luft. Grüne Matten säumen beiderseits die Ufer des Stromes, eine ausgedehnte Erholungs landschaft für die Linzer mit Spielplätzen, Spazierwegen, Radfahrwegen und schließ lich dem Pleschinger Badesee, dessen Um gebung in diesen Jahren zu einer groß artigen Freizeitanlage umgestaltet wird. Rechtsufrig heben sich Kranfinger aus der Uferlandschaft, erkennt man die Aufbauten von Schiffen hinter dem Hochwasserdamm. Dort liegen die Anlagen derSchiffswerft, des Stadthafens, des Tankhafens und schließ lich des Hafens der VOEST-Alpine. Hier herrscht geschäftiges Treiben, pulsiert die Lebensader der Stadt, der Warenfluß in alle Welt. Von hier aus ziehen die Schiffe mit ih ren Frachten bis ans Schwarze Meer, wer den sie nach Fertigstellung des RheinMain-Donau-Kanals bis an die Nordsee ge langen. Hier liegt also auch ein Stück Zu kunft für Linz. Hoffnungen verbinden sich auch mit der weiter stromabwärts liegenden VÖESTAlpine, überhaupt dem vorgelagerten Indu striegebiet und jenen Industriegründungen, die man für den Bereich zwischen Pichling, Asten und Enns erwartet. Dort hemmt das neue Kraftwerk den Strom und liefert wert volle Energie. In seinem Bereich hat sich die Donaulandschaft am stärksten verändert, sind mächtige Auwälder der modernen Technik zum Opfer gefallen. Aber kann man alles haben? IJnberührte Natur und Indu strie? In Linz weiß man, daß gewisse Zuge ständnisse an Zivilisation und Technik not wendig sind, wenngleich gerade in dieser Stadt ein stark ausgeprägtes Umweltbe wußtsein vorherrscht und die Forderung nach biologisch einwandfreiem Lebens raum schon seit langem erhoben wird. Seit 26 Jahren tragen wissenschaftliche Luft kontrollen und das Bemühen der Stadt um wachsende Grünlandanteile diesen Bedürf nissen Rechnung. So kommt es, daß na hezu 60 Prozent des Stadtgebietes als Grünland bewahrt werden konnten, zumal die Stadtverwaltung seit 1973 mehr als eine Million Quadratmeter Grünland zugekauft hat. Indem die Linzer zunehmend ihre Stadt ent decken, legen sie auch immermehrWertauf Lebensqualität. Umweltbewußtsein, Alt stadtverschönerung, Verkehrsentflechtung, Fußgeherzonen, kulturelle Aktivitäten und Festlichkeiten sind ein deutlicher Hinweis dafür. Der Linzer ist ein Mensch, der neben seiner Arbeit auch jene Dinge nicht missen möchte, die das Leben erst lebenswert ma chen. Er versteht es, hart zu arbeiten, ist fleißig und unverdrossen, wenn es darum geht, Leistungen zu erbringen. Er liebt aber auch seinen Feierabend. Vielleicht hat er dieses Feierabendgefühl von seinen Vätern und Vorvätern übernommen, die doch zum größten Teil aus ländlichen Gemeinschaften kamen, wo es auch heute noch dazugehört, daß man nach vollbrachtem Tagewerk be schaulich und geruhsam auf der Hausbank sitzt und in der sinkenden Abendsonne den Tag ausklingen läßt. Ganz so beschaulich geht es in Linz freilich nicht mehr zu, aber der Linzer will seinem Arbeitstag auch ei nige Stunden für sich und fürs Menschsein abgewinnen. Da ist natürlich die Familie mit eingeschiossen. Saure Wochen, frohe Feste . . . könnte man in Erinnerung an ein Dichterwort sagen. Sauer werden die Arbeitswochen freilich nicht empfunden. Sie müssen sein, gehören dazu, bilden das Salz in der Suppe, sie erst erfüllen die Stadt mit geschäftigem Leben, mit jener Klang-Wolke, wenn man will, die über allen Städten schwebt, in denen Häm mer schlagen, Maschinen stampfen, Moto ren dröhnen und Autos durch die Straßen rollen. Wenn man in den Abendstunden auf derTerrassse des Pöstlingberges steht und auf die Stadt hinabblickt, dann hört man die ses undefinierbare Rauschen über der Stadt ganz deutlich. Eine Melodie der Geschäftig keit, Klang-Wolke der Arbeit, sicheres und beruhigendes Zeichen dafür, daß in Linz et was los ist. Erst wenn entlang des Stromes die Lichter aufflammen und die Dämmerung herabzu sinken beginnt, wird es auch über Linz allmähiich stiller. Nur über dem Gelände des Hüttenwerkes flammt es bisweilen auf in rotdunstigen Wolken, sieht man zwischen dem Stahlgeäst der Fabriksanlagen Flam men züngeln. Dort kennt auch die Nacht keine Muße, gibt es die Stille des Feier abends nicht. Das verhilft der übrigen Stadt zu einem umso beruhigenderen Schlaf. . . WACHAUi Wer kennt die vielen stillen Altstadtwinkel von Linz? Blick auf das Haus Domgasse 2 bzw. Pfarrgasse 20, ehemaliges Garstener bzw. Mondseer Stiftshaus, heute ,,Wachauer Weinstube". Aufnahme: W. Entlicher

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