Der Wundarzt Matthias Steppich, inhaber der ersten Badeanstait im Bad Haiier Raum um 1 830. Aufnahme: A. C. Kranzmayr Aite Ansicht des Marktes Haii aus 1 842. Aufnahme: A. C. Kranzmayr Der 20. Mai 1855, an dem Bischof Rudigier von Linz das Badehaus und den Queiltempel feierlich weihte, ist der eigentliche Ge burtstag des Landesbades Hall. Die wesent liche erste Ausbaustufe der im Stil des österreichischen Neuklassizismus gestalte ten Kuranlagen war mit Fertigstellung der Trinkhalle im Jahr 1857 vollendet. Das Land hatte hiefür 450.000 Gulden österreichi scher Währung aufgewendet und es fehlte nicht an Stimmen, die den Behörden des halb Vergeudung öffentlicher Gelder vor warfen. Seit Aufnahme des Betriebes in den ersten Kuranlagen ist alles Geschehen in dem ab 1878 die Amtsbezeichnung ,,Bad" führen den Marktflecken Kurgeschichte und in sei nen wesentlichsten Zügen durch die Lan desverwaltung bestimmt. Das Land hat in den folgenden 125 Jahren immer wieder zieigebende Initiativen gesetzt und damit eine Entwicklung gesichert, auf die der Kur ort heute mit Stolz zurückblicken kann. Bad Hall wurde so zu einem der bedeutendsten Heilbäder der Monarchie und zugleich zum wesentlichsten Fremdenverkehrsort im öst lichen Oberösterreich. Die in dem aufstrebenden Ort gebotenen Bade- und Trinkkuren wurden zu einer Son derform der zu dieser Zeit hoch geschätzten medikamentösen Jodtherapie. Sie schien berufen, bei vielen Krankheitsformen nicht nur die medikamentöse Behandlung durch den Hausarzt, sondern auch die stationäre Versorgung in den wenigen unzureichend ausgestatteten Krankenhäusern der Städte zu ersetzen. Wie umfangreich das Aufga bengebiet Halls in diesen Jahrzehnten war, belegt eine vom ersten Badearzt Dr. Josef Netwald 1862 veröffentlichte Liste der Heil anzeigen. Sie umfaßt ,,die Skropheln in ih ren vieien Erscheinungsformen einschließ lich der Knochen- und Gelenkskropheln, Knochenfraß (Caries), Rachitis, Tuberkulo se, - letztere nur im Anfangsstadium -, chronische Hautkrankheiten, dabei skrophulöse und syphilitische Hautausschläge, Ekzeme, Flechten, Gicht und chronisches Rheuma, Leiden der Harn- und Ge schlechtswerkzeuge und manche Nerven erkrankungen". Mit einem so umfassenden Aufgabenbe reich mußte Hall bald europäische Bedeu tung gewinnen. Rasch vertireitete sich der Ruf des jungen Bades in ganz Europa. In Abständen von wenigen Jahren wurde das Badehaus immer wieder durch neue Kabi nentrakte erweitert. Schon nach kurzer Be triebszeit mischten sich unter die aus dem Umland als Kurgäste gekommenen Bürger und Bauern immer mehr Vertreter des Adels, des Großgrundbesitzes, des Offi zierskorps und des wohlhabenden Bürger tums der Monarchie. Viele Gäste stammten aber auch aus den deutschen Bundesstaa ten, aus dem Südosten Europas, aus Ruß land, der Türkei, Ägypten und vereinzelte auch aus Westeuropa und Übersee. Sie kamen mit großer Familie, da meist skrophulöse Erkrankungen ihrer Kinder eine Be handlung erforderten, und mieteten nicht selten zum Erstaunen der Markteinwohner ganze Zimmerfluchten in Gasthöfen und Gästehäusern. Die Gäste gebrauchten die Trink- und Badekur, weil chronische oder auch akute Leiden eine Behandlung unauf schiebbar erscheinen ließen und wollten zugleich das gewohnte gesellschaftliche Leben nicht missen. Man traf sich bei den täglichen Kurkonzerten vor dem Badehaus oder am Marktplatz - Hail hatte schon 1855 sommersüber ein Kurorchester engagiert, das im Jahr 1860 auf zwölf Mann verstärkt wurde -, auf den Tennisplätzen oder bei der Schießstätte neben dem Badehaus. Man er freute sich an den wöchentlich einmal abge haltenen Tombolas-deren Reingewinn den Sozialeinrichtungen des Heilbades zufloß -, genoß die Sommerfeste im Kurpark, die Reunions in den Kursälen und die Ballver anstaltungen in den immer luxuriöser aus gebauten Hotels des Kurortes. Im Jahr 1859 war auf Landesgrund nahe der Tassilo-Trinkhalle sogar ein Schwimmbad mit einem Becken im Ausmaß von 19 X 7,6 m entstanden, das von da an in Ab ständen weniger Jahre weiter ausgebaut und vergrößert wurde. Ab 1870 wurde das vom Badeverwalter Josef Herrmann Hilli scher auf eigenem Grund errichtete höl zerne Theatergebäude mit dem an fünf Nachmittagen der Woche gebotenen Re pertoire an Voiksstücken, Lustspielen, Ope retten und vereinzelt auch Opern zu einem neuen Mittelpunkt des geselligen Treffens. 86
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