Porträtphoto von August Strindberg 1902, aus: August Strindberg, Entzweit Einsam. Mit der nachgeiassenen Einleitung. Aus dem Schwedischen übertragen von Emil Schering. München: Georg-Müiier-Veriag 1921. Daneben: Titelseite dieses Buches AUGUST STRINDBERG ENTZWEIT EINSAM MIT DER NACHGELASSENEN EINLEITUNG AUS DEM SCHWEDISCHEN ÜBERTRAGEN VON EMIL SCHERING 19 2 1 GEORG MÜLLER VERLAG MÜNCHEN eingehändigt hat, nach Rügen, wo er Freunde hat. Sie bleibt in London zurück. Aber auch auf Rügen geht es nicht mit Au gust Strindberg. Jetzt gibt es keinen andern Weg mehr, als an die Eltern der Frau heran zutreten und um Aufnahme in Mondsee, wo sie jeden Sommer eine Zeit auf Urlaub sind, zu bitten. Es mag der jungen Frau leichter gefallen sein, als man annimmt; denn in die sen Wochen war Hofrat Uhl noch in Wien, nur die Mutter lebte in der Villa an dem herr lichen Salzkammergutsee, und eine Mutter verzeiht meist früher oder lieber als ein Va ter, dessen Rat und Besorgnis von dem leib lichen Kind achtlos übergangen worden sind. So schreibt auch Frau Melanie Uhl, der Tochtermann möge nur kommen. Und er kam in die Uhlsche Villa. Es ist jenes Haus in Mondsee, das seit 15. Juni 1952 eine Gedenktafel trägt, deren Inschrift auf die Einkehr des Dichters in jenem Sommer 1893 hinweist. In seiner Erzählung ,,Entzweit" hat August Strindberg seinen Einstand in Mondsee be schrieben . . . ,,Als der Zug auf einer kleinen eleganten Station hielt, sah er sich ganz natürlich nach Gesichtern um, die sein Gesicht suchten. Eine junge Dame mit einem feinen Kind an der Hand näherte sich auch, fragte nach seinem Namen und stellte sich als französiche Gouvernante bei seinem Schwager vor; sie habe den Auftrag, ihn abzuholen. Ein schönes weißes Dorf, dessen Häuser hohe Zeltdächter und grüne Läden hatten, lag in einem Talkessel, der von kleinen Hö hen umgeben war und einen anmutigen See umschloß. Außerhalb des Dorfes am See ufer lag die Villa. Auf der Landstraße unter den Linden kam eine weißhaarige Frau in bloßem Kopf ihm entgegen, nahm ihn in die Arme und hieß ihn willkommen. Es war die Mutter seiner Frau. Augenblicklich fühlte er, welch wunderbare Übertragung von Gefühlen derfür ihn so ein fache Akt einer Ehe hervorbringen konnte. Es war seine Mutter und er war ihr Sohn." Aber das ging nicht lange gut. Schwager und Schwägerin, die erst nach dem Brief von Mutter Uhl nach Mondsee gekommen wa ren, ließen von Anfang an merken, daß sie mit ihm nichts zu tun haben wollten. Sie wa ren ihm ausgesprochen feindlich gesinnt. Der Schwiegervater mußte noch in Wien bleiben. Oder kam er seinetwegen nicht? Ein Mann wie er, Strindberg, sah sich immer und überall und von jedem verfolgt, die Krankheit vieler geistig Schaffenden, die, wie man weiß, in den Irrsinn führen kann. Zu heilen ist sie selten. Auch Frida will nicht kommen, sondern in London bleiben. Da droht er ihr, sich von ihr scheiden zu lassen, wenn sie nicht binnen vierzehn Tagen in Mondsee eintreffen sollte. Ihr zusagendes Telegramm bringt ihm den noch keine Beruhigung. Er liest nur Miß trauen gegen ihn aus dem Depeschentext. Mit Friedrich Uhl, der nun endlich aus Wien gekommen ist, gerät er sofort in Streit, und dabei ereifert er sich und erhitzt sich so, daß er ohne Abschied, Hut, Mantel und Gepäck davonläuft und - nach Berlin abreist. Bald nachher taucht Frida Strindberg in Mondsee auf. Die Flucht ihres Gatten ver wirrt sie, und da ihr sämtliche Anverwand ten, die Mutter ausgenommen, ordentlich zusetzen, weiß auch sie nichts Besseres zu unternehmen, als ebenso nach Berlin zu flüchten. Von Berlin geht es dann mit dem Gatten, immer ruhlos und in Geldsorgen, zu Verwandten der Frau nach Brünn, und am Ende landet das Paar in Dornach bei den Großeltern Reischl. Wenn man auf der Donau im Schiff von Linz nach Grein oder mit der Donauuferbahn von St. Valentin nach diesem reizenden Städt chen fährt, das heute an dem für das Was serkraftwerk Ybbs-Persenbeug gestauten Strom wie an einem großen See liegt, sieht man, ein gutes Stück nach Baumgarten berg, dessen breiter Klosterbau herüber grüßt, das Schlößchen Dornach knapp an der Straße stehen, eines jener österreichi schen Landschlösser, die eigentlich nicht mehr sind als größere gepflegte Landgüter, ja oft nicht viel größer als eine der soge nannten Herrschaftsvillen von einst, wie man sie auch im Salzkammergut und im Wienerwald sehen kann, ganz im Gegen satz zu einer angestammten Burg wie etwa Burg Klam, die 1149 erbaut wurde und, seit 1454 im Besitz der Familie Glam-Martinic, die sie umgestaltet hat, heute noch mit ih rem gotischen Kern und dem einmaligen, so anheimelnden Renaissancearkadenhof nicht nur eine der reizvollsten österreichi schen Burgen (oder Schlösser) ist, sondern auch, wie beispielsweise Altpernstein im oberösterreichischen Kremstal nächst 43
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