Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

Landeskunde August Strindberg im Strudengau Carl Hans Watzinger Am 10. September 1950 wurde in Klam eine Gedenktafel für August Strindberg enttiüllt, die an die Einkehr des großen schwedi schen Dichters im Strudengau erinnert. Diese Tafel am Haus, das seinerzeit dem Schneidermeister Grillenberger gehörte, löste manches Nachforschen aus. Strind berg, der rastlose Wanderer, hat auch im Strudengau mehrmals die Wohnung ge wechselt, er war zunächst in Dornach, dann in Saxen und schließlich in Klam zu Gast. Grein hat er oftmals besucht. Die Stadt Grein hat nach ihm einen Weg benannt. Wie ist Strindberg in den Strudengau ge kommen? Das ist nicht so leicht zu erraten. Ihn, den eine sonderbare Haßliebe mit Frauen verband, zog eine Frau in diese ro mantische Gegend unserer Heimat - Frida Uhl. Erlernte sie zu Beginn des Jahres 1893 in Berlin bei der Uraufführung von Hermann Sudermanns ,,Heimat" im Lessingtheater kennen, war von ihrem Charme sofort ent flammt und erzwang schließlich mit der ihm eigenen Tatkraft und Unerbittlichkeit die Verlobung und zuletzt auch die Heirat. Frida Uhl war Schriftstellerin und Journali stin, Tochter des Hofrates Dr. Friedrich Uhl, seines Zeichens Chefredakteur der ,,Amt lichen Wiener Zeitung". Man könnte sie als österreichische Lou Andreas-Salome be zeichnen. Diese Frau, Tochter des russi schen Generals Salome, verheiratet mit dem Orientalisten Fr. C. Andreas, Freundin von Nietzsche und Rilke, dem geistigen Kreis von Sigmund Freud nahe, war eine der interessantesten Frauen um die Jahrhun dertwende, Globetrotterin und Verfasserin von Romanen, Erzählungen, essayistischen Büchern und auch Memoiren, die ihre Zeit, sie lebte von 1861 bis 1937, und deren gei stige Kapazitäten mit großer Einsicht in Dinge und Menschen schildern. Frida Uhl war gewiß nicht so bedeutend, und am 7. Jänner 1893, da ihr August Strindberg im Berliner Lessingtheater als ein auch in sei nem Äußern nicht zu übersehender Mann gegenübertrat, mochte sie sich sogar zum erstenmal ihrer Macht über Männer bewußt geworden sein. Das Lessingtheater in der reichsdeutschen Hauptstadt leitete um diese Zeit Oskar von Blumenthal, der lang jährige Stammgast Bad Ischls und Besitzer einer Villa in Kaltenbach, später Autor des Lustspiels ,,lm weißen Rößl". August Strindberg war, da er Frida Uhl ken nenlernte, noch mit der Schauspielerin Siri von Essen verheiratet, seiner ersten Ehe frau, stand aber bereits in Scheidung, das mag die Tochter des Wiener Chefredakteurs vorsichtig gemacht haben. Sie ließ sich von dem Dichter in den folgenden Wochen wohl umwerben, widerstrebte jedoch seinem Drängen nach Heirat. Zu Wintersende wil ligte sie endlich in eine Verlobung ein. Die Brautzeit der beiden mag für Frida Uhl nicht gerade fröhlich verlaufen sein. Zwei mal gibt sie dem Manne den Verlobungsring zurück. Dazu wird auch der Umstand beige tragen haben, daß Hofrat Dr. Uhl und seine Gattin Melanie, geborene Reischl aus Dorn ach bei Grein, von einer Heirat ihrer Tochter mit dem Schweden nichts wissen wollten. Frida Uhl hat sich schließlich von der Macht der Persönlichkeit Strindbergs nicht zu lö sen vermocht. So fahren die beiden im Früh jahr 1893 nach Helgoland, um sich dort trauen zu lassen - ohne Scheidungs urkunde des Dichters. Auf Helgoland be stand noch englisches Eherecht, das kein Aufgebot vorschrieb. Die Insel war ja erst 1890 im Tausch gegen Sansibar von Eng land an Deutschland abgetreten worden. Das Paar, das heißt Strindberg, hatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht: man verweigerte ihm die Trauung. Im letzten Au genblick trifft die Scheidungsurkunde ein und sie werden vor dem Gesetz Mann und Frau. Die Flitterwochen verbringen sie in London. Der bittere Leidensweg eines Avantgardi sten, der als Dichter, vor allem-als Dramati ker, überall abgelehnt wird, führt ihn in die Metropole des britischen Empire, er erhofft sich dort Erfolge für seine Bühnenstücke. Aber diese Hoffnung trügt. Frida muß ihre Habseligkeiten verkaufen, damit sie ihren Unterhalt bestreiten können; Strindberg selbst besitzt ja nichts. Sie wagt es nicht, nach Hause zu schreiben und um Geld zu bitten. Denn ihre Eltern sind nun böse we gen ihres, wie sie glauben, unüberlegten Schrittes in die Ehe mit einem Mann, von dem man bis jetzt mehr verrückte Dinge ge hört hatte, als einem einzigen Menschen guttun könnten. Grillenberger-Haus In Klam, Bezirk Perg, mit Gedenktafel für August Strindberg, die am 10. September 1950 enthüllt worden Ist. Aufnahme: Franz Gangl 41

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