Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

Dr. Wirers, die er in seinem Buch ,,Ischl und seine Heilanstalten"^ genauest darlegt, wa ren auch die entsprechenden Einrichtungen notwendig geworden. Es wurden sowohl Bade- als auch Trinkkuren verordnet. Die neue Badeanstalt am Kalser-FerdlnandsPlatz" verabreichte In 20 Kabinetten sowohl reine als auch gemischte Sole in Form von Wannen-, Voll-, Dusch-, Spritz-, Regenund Wellenschlagbädern. Das Gebäude wurde vom Wiener Architekten Franz Xaver Lössl® 1836 errichtet®. Es handelte sich um eine sehr einfache, klare und nobel ausge führte, längsrechteckige, symmetrische An lage, auf einer niedrigen Sockelzone ste hend, die Hauptfassade an der Schmalseite gegen den Platz orientiert, eine Kombina tion aus Bad, Wandelhalle und Konversa tionssalon. Die Badezimmer reihten sich an den beiden Längsseiten aneinander, sie wa ren von der Wandelhalle aus betretbar. Diese umlief, von korinthischen Säulen ge tragen, das ganze Gebäude, öffnete sich an den Längsseiten in Gartenanlagen mit Spa zierwegen, wo künstliches Karlsbader Was ser geboten wurde, stellte an der Fassade die Verbindung zum Salon her, der sich in einem Rundbogenfenster und drei Parapetttüren zum Platz hin öffnete. Seitlich waren von korinthischen Säulen getragene Durch fahrten vorgelagert. Das Innere des Salons war durch zwei freistehende Säulen, welche die Orchestergalerie und zwei Wandpfeiler, welche die Gewölbegurte trugen, geglie dert. Die Wände scheinen im Salon marmo riert, in der Gewöibezone eine Kassette nachahmend gefärbelt gewesen sein; au ßen waren sie verputzt, wobei glatte und ge bänderte Mauertelle abwechselten. Da sich die Kolonnaden als unzweckmäßig und der Witterung zu exponiert erwiesen haben, wurden sie entfernt und 1851 bis 1853 die Seitenflügel In ihrer jetzigen Ausdehnung angebaut, wobei der westliche Flügel als Badehaus, der östliche als (Molken-)Trinkhalle verwendet wurde. Der Längstrakt wurde erst 1936'' nach Erbauung des Kur mittelhauses abgerissen. Zur Verabreichung von Soledampfbädern und Inhalationen, die ursprünglich direkt im Sudhaus, an der Pfanne oder im Dampf raum genommen wurden, wurde 1829 das Rudolfsbad® errichtet. 1841 wurde dem Ti roler Sudhaus® das von Reglerungsrat Karl von Plenzer entworfene sogenannte ,,K. K. Salinen-Dampfbad" angeschlossen. 1903 wurde vom renommierten Wiener Ar chitekturbüro Fellner und Helmert® ein den neuesten Erkenntnissen des Münchner Arz tes Dr. Bulling folgendes Inhalatorium" in einer vom Jugendstil inspirierten, in ihrer Üppigkeit aber noch dem Späthistorismus verhafteten Formensprache errichtet. Wirer empfahl für bestimmte Erkrankungen auch kalte Flußbäder im Ischlfluß und rich tete dafür eine Schwimmschule bei der Jo hannisbrücke ein. Seinen Vorschlägen folg ten Dr. Heinrich Hertzkas Kaltwasserheilan stalt In der Kaltenbachau und Dr. Wieners Kaltwasserheilanstalt in der Kaltenbach straße. Unter den verabreichten Trinkkuren wurde der Molke und den helmischen Mineralwäs sern besondere Bedeutung zugemessen. Seit 1842 gab es einen eigenen ,,Molkensieder"^®, wo die Molke ständig frisch berei tet und bei mäßiger Bewegung in der ge deckten Wandelbahn getrunken wurde. Maria-Louisens Salzquelle in Pfandl und die Wirerquelle im Gries erhielten 1840 eigene Überbauungen, sogenannte Quellenhäu ser. ad 2) Die am Beginn des Aufstiegs von Ischl zum Bade- und Kurort vorhandenen Beher bergungsbetriebe waren weder zahlenmä ßig noch komfortmäßig ausreichend. Vor al lem die Unterbringung der vornehmen Gä ste, die mit eigenem Wagen und allem, was für eine standesmäßige Wirtschaft notwen dig war, anreisten, stellten ein Problem dar. Zunächst waren es die geräumigen Häuser der Salzfertiger, die seit dem Rückgang der Kufenerzeugung leer geworden waren, die von den Sommergästen bezogen wurden. Auch die kaiserliche Familie nahm privates Quartier, u. a. im Seeauerhaus an der Esplanade^®, Erzherzog Franz Karl stieg hier von 1844 bis 1877 ab. Alte Gasthäuser wurden verbessert, neue entstanden. Und schon bald kann K. Baede kers Handbuch für Reisende zahlreiche Ho tels mit ★ versehen, obwohl die meisten von ihnen keineswegs etwas gemeinsam hatten mit den üppigen Hotelpalästen des Histo rismus, die in den Kurorten Europas üblich waren, sondern von zurückhaltender Schlichtheit und Behaglichkeit geprägt wa ren: der Posthof an der Landstraße, die Neue Plaßmühle, Kreuz", Stern am Kreuz platz, Goldene Krone an der Salzburger Straße, Bayrischer Hof am Marktplatz. Der Luxusklasse gehörten lediglich das Ho tel Tallachlnl (später Kaiserin Elisabeth) und Bauer an. Letzteres wurde 1862 von Andreas Bauer auf halber Höhe zum Kalvarlenberg im gän gigen Stil der ,,Neorenaissance" begonnen; es war vor allem durch ein besonders schö nes Panorama ausgezeichnet. Von erlese nerer Eleganz und Originalität war wohl das Hotel Tallachlnl. Selbst die brutalen Einund Umbauten der heutigen Erscheinung haben den alten Glanz nicht ganz brechen können und lassen einen Besucher, wenn er die Treppen an den abblätternden Mauern entlang nach oben steigt, abermals an Felix Saltens Bericht aus Ischl aus dem Jahr 1915 denken: ,,Vor dem Hotel Elisabeth war im mer etwas los gewesen in all den Jahren. Wenn es keine fremden Fürstlichkeiten zu sehen gab, konnte man österreichische oder ungarische oder gemeinsame M Inister bestaunen, und wenn auch sie eben nicht vorhanden waren, gab es doch die Anfahrt und die Abfahrt der reichen Leute, ihre herr lichen Koffer, die auf und ab geladen wur den, ihre noch viel schöneren Automobile, die zu Ausflugsfahrten bereit standen, und ihre oft sehr schönen, jedenfalls fabelhaft eleganten Frauen." Nachdem 1841 das alte Rathaus an der Traunbrücke, das alte Schulhaus, das alte Salinenamt und das Siegmund-Seeauer-Haus abgerissen wor den waren, war ein geeignetes Gelände für ein großräumiges Hotel vorhanden, um das sich Dr. Wirer bewarb. Intrigen von ver schiedenen Seiten verhinderten diesen Kauf und das Grundstück ging in den Besitz des Mailänder Unternehmers Francesco Tallachlnl^® über. Dieser beauftragte Anto nio MartinettP® mit der Planung eines Ho tels; es wurde von den Baumeistern Ternutti und Brusatti ausgeführt und bereits 1845 eröffnet. Die Silhouette nimmt die Form der Vorgän gerbauten auf und gibt trotz des gewaltigen Volumens einen ähnlichen städtebaulichen Akzent; das Gebäude wirkt wie eine Angel an einem neuralgischen Punkt des Qrtes, wo die Grazer Straße die Traun und die Esplanade überquert und in den ehemaligen Marktplatz einmündet und die schmale Pfarrgasse abzweigt. Der Grundriß wird von den das Grundstück begrenzenden Straßen bestimmt und ist un regelmäßig. Drei Flügel lagern sich wie ein rechtwinkeliges Dreieck mit zwei abge schrägten Spitzen um den offenen Innenhof, der für den Wagenpark bestimmt war. Der der Traunbrücke zugekehrten Spitze ist ein halbrunder zweigeschossiger Vorbau vor gelagert, in dem sich im Erdgeschoß ein Kaffeehaus befand, dahinter schlössen sich der von einer Glaskuppel überwölbte, runde Speisesaal mit Galerie und die Geseilschaftsräume an. Die Zimmer und Apparte ments befanden sich in den Qbergeschossen. Eine Schwemme war, wie bei allen gro ßen Hotels des 19. Jahrhunderts, auch hier vorhanden und vor allem bei der Künstler schaft sehr beliebt. Drei Qbergeschosse über einem Sockelgeschoß werden von ei nem flach geneigten Walmdach abge schlossen. Die Fassaden, gegen die Pfarr29

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