Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 2, 1980

Der Bauernkasten Bauernballade In der Kammer, in der meine Großeltern ins Ausgedinge gingen und starben steht noch immer ihr Kasten. Er ist über und über mit Blumen bemalt und unter dem Giebel steht ein frommer Spruch mit Namen und Jahr versehen. In der Kammer, in der meine Geschwister in einem unverständlichen Kindertod verdarben hör ich des Nachts manchmal leise Tritte den Kasten sich öffnen und ich schrecke auf bin atemlos stül bis es wieder vorbei ist. Dann dreh ich das Licht an: Die Kastentüre ist zu Die Blumen blühn durch die Zeiten Und aus dem Spruch ist kein Buchstabe kein Wort herausgefallen und der Name blickt mich leserlich an und das Jahr ist unauslöschbar verzeichnet. Und der Schlüssel steckt auch noch Und auch ich zieh ihn nicht ab für den der nach mir die Kammer bezieht. Und als der Altbauer das Ausgedinge verließ und vors Haus trat um noch einmal mit dem Krug zum Brunnen zu gehn sah er daß das Wasser versiegt war Da ließ er den Krug in den Schacht fallen und sagte zum Jungbauer: Jetzt magst du meinetwegen den Brunnen zuschütten zuvor aber streif mir den Ring noch vom Finger und schick ihn mit in die Tiefe hinab Den Rosenkranz aber laß aufgefädelt mir in den Sarg legen Und dann schickte er noch einmal seine zwei rundäugigen Vögel aus hin über die Felder ging zu Bett und erhob sich nicht mehr Wie sah alles auf einmal wie nach Buchstaben aus die jemand über den Boden warf um daraus vielleicht einen Spruch zu lesen

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