Kunst der Gegenwart Gertrude Stöhr und ihre Emaiikunst Eine oberösterreichische Künstlerin von Weltruf Theo KIhs Rechts: Prälatenkelch (Vorderansicht), Bene diktinerstift Admont. Darstellungen zur,,Ge heimen Offenbarung" des Apostels Johannes (Apokalypse), Zellenschmelz Unten: Bibeleinband, Bundesministerium für Unterricht. Darstellung: Altes und Neues Te stament, Cloisonneemail und Silber mit Halbedelsteinen Beide Aufnahmen: M. Schlager Die Email- und Schmelzkunst ist minde stens 3500 Jahre alt. Ihre Erfindung wird auf die alten Ägypter zurückgeführt. Sie teilt sich in den Grubenschmelz und den Zellen schmelz. Im Oströmischen Reich (Byzanz) kam später noch die Schmelzmalerei hinzu. Beim ersten handelt es sich um einen farbi gen Glasfluß, der in Metallvertiefungen oder Metallrähmchen geschmolzen wird. In der Schmelzmalerei hingegen wird die Metall fläche mit einer Grundemaillierung überzo gen und darauf mit farbvermengtem Glas pulver gemalt. In allen diesen Techniken wird das Werk erst durch Brennen in hohen Temperaturen vollendet. In Osterreich ist die Emailkunst erst wieder seit dem Zweiten Weltkrieg im Aufblühen begriffen. Die hoch gradig aufgeschmolzene dünne Emailober fläche ist zwar hart, aber spröde und da durch stoßempfindlich. Durch ihre leuch tende Farbigkeit übt sie auf den Beschauer einen mit nichts zu vergleichenden edlen Reiz aus. In Österreich wird diese Kunst nur von weni gen ausgeübt; Gertrude Stöhr ist eine von ihnen. Vor allem in der Emailtechnik hat sie sich in Europa und Amerika (USA) einen Namen gemacht. Zu ihrem Metier gehören aber auch Treibarbeiten in Metall, mit denen sie, wo es nötig ist, ihre Schmelzarbeiten er gänzt. Die Künstlerin stammt aus der alten Familie Forstinger-Stöhr, die seit 1803 Eigentüme rin des Schlosses und der Brauerei Eggen berg bei Vorchdorf ist. Sie absolvierte die Hochschule für angewandte Kunst in Wien, war dort Schülerin der Professoren Franz Cizek, Albert Paris Gütersloh und Lore Zanoska, sowie Kollegin des späteren Profes sors Otto Nedbal, der den Verduner Altar im Stift Klosterneuburg, das berühmteste Schmelzkunstwerk Österreichs, vorbildlich restauriert hat. Ihr Atelier besitzt Frau Stöhr im dritten Wiener Gemeindebezirk. Sie hat sich nahezu ausschließlich der sakralen Kunst verschrieben. In ihr, sagt Friedrich Knaipp, vereinigen sich ,,künstlerische Selbstzucht, handwerkliche Gewissenhaf tigkeit und innerlich verwurzelte Frömmig keit". Diese Eigenschaften befähigen sie dazu, außerordentlich schöne und kostbare Kirchengeräte zu schaffen. Ihr Ruf verbrei tete sich schnell. Nicht nur österreichische Klöster, Bischöfe und Pfarren, sondern auch solche der Vereinigten Staaten (z. B. in Ne vada, Oregon) bestellten Kelche, Kreuze, Taufbecken, Ziborien, Leuchter, Meßkännchen, Haus- und Reisealtäre sowie einen Bischofsstab. In den fünfziger Jahren schuf Gertrude Stöhr zahlreiche Kirchengeräte für Vorarlberg, Niederösterreich und Ober- ^ Österreich (Marul, Hohenems, Bregenz, i Buch; Wiener-Neudorf, Gießhübl bei Mödling; Linz, Kremsmünster und Scharnstein). Kremsmünster besitzt ein Reliquiar von ih rer Hand. Weitere Werke befinden sich in Privatbesitz (und sind dadurch unzugäng lich). Für die Kirche St. Berthold In Scharn stein - deren Ausstattung überwiegend von Sepp Moser stammt - hat die Künstlerin ei nige wichtige Geräte mit Emailschmuck ge ziert und eine Treibarbeit für die Türe der Unterkirche geschaffen. Das Heimatmu seum Vorchdorf zeigt während der Som mermonate einige sakrale Gegenstände von ihr und die Ausschmückung der Fami liengruft Forstinger-Stöhr stammt gleich falls von der Künstlerin. Zu all diesen künstlerisch und vom Material her kostbaren Dingen hat nun Frau Stöhr ein Gesamtkunstwerk geschaffen: die neue Ausstattung der Schloßkapelle von Eggen berg bei Vorchdorf. (Als Privatkapelle ist sie nur am Tag des hl. Karl Borromäus, am 4. November, und während der Familien taufen und -hochzeiten zugänglich.) Mit der Umwandlung des neugotischen, um 1889 eingebrachten Kapelleninventars wurde 1973 begonnen. Es besteht aus ei nem Emailkreuz, dem Antependlum, vier zehn Kreuzwegtäfelchen und einer großen (186 X 155 cm) Darstellung des hl. Borro-
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