Obwohl, wie schon erwähnt, in Venedig selbst keine Sgraffiti vorhanden waren, dürfte aber doch der Venedighandei die Ausbildung der Sgraffiti in Steyr begünstigt haben, da man diese wohl durch italienische Maurer vermittelte bzw. lediglich ,,visuell" aufgenommene Technik, ebenso wie Hofar kaden etc., offenbar als italienische Mode aufnahm. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Handelsweg, der sowohl über den Pyhrnpaß, als über das Ennstal ins Murtai und von dort über den Neumarkter Sattel nach Fries ach, St. Veit, Viiiach, Tarvis, Gemona, Aquilea, Treviso nach Venedig führte. Beson ders in Kärnten, im Raum St. Veit - einer Mautstation der Venedigstraße - haben die Sgraffiti früh Fuß gefaßt, weshalb auch von dort Einflüsse wahrscheinlich sind. Der itaiienhandei zog auch italienische Maurer und Handwerker nach Norden. So ist in Steyr nach 1572 der italienische Bau meister Marconi nachweisbar, um 1580 be saßen italienische Bauleute das Bürger recht. Es dürften um diese Zeit so viele wel sche Steinmetzen und Maurer in Steyr ge arbeitet haben, daß die heimischen Hand werker Konkurrenz fürchteten und Be schwerde bei der Stadtobrigkeit einbrach ten. im Ratsprotokoii 1580 ist vermerkt: es ,.solle verrer khainem Weichischen oder frembten Stainmezen (außer deren schon berait das burgerrecht bewilligt ist) ainiche Arbeit aihie, so doch sie die hirigen verrich ten khunnen, Zuegeiassen oder gestattet, sonder iederzeit auf ir der Stainmezen und Maurer anhalten, eingestellt und abge schafft werden". Eine ungeklärte Frage ist noch, inwieweit das Sgraffitoeine vom reformierten Bürger tum bevorzugte Art der künstlerischen Re präsentation gewesen ist. Jedenfalls fällt die größte Verbreitung der lutherischen Lehre in Steyr mit dem Auftreten der Sgraffitodekoration zusammen. Die erhaltenen Sgraffitofassaden im einzelnen: Angeführt werden alle derzeit sichtbaren Sgraffiti in der alphabetischen Reihenfolge der Straßen: 1 Bergerweg 1, ,,Schiffmeisterhaus": Kastenhaus der Innerberger Hauptgewerk schaft, die den 1611 bis 1613 von der Stadt Steyr auf dem gegenüberliegenden Ennsufer errichteten Speicherbau (,.Innerberger Stadel", Grünmarkt 26) im Jahr 1628 über nommen hat. Zwischen dem ,.Schiffmei sterhaus" und dem ,, Innerberger Stadel" besteht somit ein enger historischer Zu sammenhang. Die Sgraffiti des verwinkelten zweigeschossigen Baus, der durch den au ßen liegenden Stiegenaufgang besonders reizvoll ist, sind 1617 bezeichnet. Die Kan ten sind durch Quader mit abgerundeten Binnenfeidern besetzt, zwischen Erdge schoß und erstem Stock, sowie unter dem Dachgesimse laufen Horizontalbänder mit Schneckenmotiv und stilisierten Lilien. Die Fenster des Obergeschosses sind von Rahmungen mit seitlichen Säuichen auf gerauteten Sockein umgeben. Wiederhergestellt 1954. 2 Berggasse 28: zweigeschossiger, drei achsiger Giebelbau des 16. Jhdts. Im ersten Stock schwarz geschlemmte Steingewände der Fenster. Die Kanten sind durch Quader besetzt, zwischen den Geschossen hori zontale Bänder mit liegenden Tulpen. Um die Fenster scheinarchitektonische Rah mungen mit getreppten Gesimsen und geometrisch besetzten-Seiten. Wiederhergestellt 1979. 3 Berggasse 48: am Eingang zur Berg gasse von der Stadtpfarrkirche her gelegen. Zweigeschossiger, zweimal vier Fenster achsen umfassender Bau mit 1586 be zeichneten Sgraffiti. An den Ecken Fugen quader, um die Fenster scheinarchitektoni sche Rahmungen, zwischen Erdgeschoß und erstem Stock Horizontaiband mit ,,Laufendem-Hund"-Motiv. Das Dachgesimse wird von einem Biattrankenfries begleitet. Wiederhergestellt 1960. 4 Berggasse 55: zweigeschossiger, re naissancezeitlicher Giebeibau mit einmal drei Fensterachsen und quaiitätvolien stei nernen Fenstergewänden. Die Sgraffiti be schränken sich auf Eckquader und einfache Rahmungen um die Fenster. Wiederhergestellt 1979. 5 Berggasse 73: zweigeschossiges, ein achsiges Giebelhaus. Eckquader mit abge rundeten Binnenfeidern. Jahrzahi undeut lich, möglicherweise aus verschiedenen Be fundungen wiedergegeben. Wohl Ende 16. Jhdt. Wiederhergestellt 1979. 6 Berggasse 75: zweigeschossiger, vierachsiger Giebeibau mit 1587 bezeichnetem Sgraffitodekor: Eckquader; steinernes Rundbogenportai und Fenster scheinarchi tektonisch gerahmt. Nicht restauriert. 7 Enge 2: An der Schmalseite, der Front zwischen Enge und Aufgang zum Schloß Lamberg, sind bemerkenswerte Sgraffiti und Architekturmalereien zum Vorschein gekommen. Wiederherstellung (eventuell auch Abnahme) nach Befundung vorgese hen. 8 Enge 4: viergeschossiger, fünfachsiger Bau mit horizontalem Fassadenschiuß. Die Qbergeschosse kragen vor und werden von Konsolen gestützt. Über dem Mitteifenster des ersten Stocks die Jahrzahi 1654. Die Fenster des ersten Qbergeschosses besit zen schwarz geschlemmte Steingewände. Die Fassade ist seitlich von sgraffitierten Diamantquadern gerahmt, die Fenster be sitzen geometrisch besetzte Architekturrahmungen und im ersten Stock voiutenartige Bekrönungen durch axial gespiegelte Delphine mit Liiienkeichen in der Mitte, im zweiten Stock Fensterbekrönungen durch halbkreisförmige Fächerrosetten, die von Liiienkeichen flankiert werden. Die er wähnte Jahrzahi 1654 weist möglicherweise bereits auf eine erste Fassadenerneuerung hin, da das Qbjekt nach der überlieferten Baugestait unter dem Gastgeb- und Han delsmann Hanns Thaiiinger entstanden ist, der von 1574 bis 1635 das Haus besaß und um Erhöhung des Baus angesucht hat. Wiederhergestellt 1970. 9 Enge 6: viergeschossiger, dreiachsiger Bau mit geradem Fassadenabschiuß, die Qbergeschosse leicht vorkragend. Bauge stait wohl 1. Hälfte 17. Jhdt. Der reiche Fas sadendekor nicht in Sgraffito, sondern in Grisailletechnik. Die manieristische Maierei zeigt ein allegorisches Programm mit Fabel tieren (Adler, Lindwurm) und der Darstel lung der Tugenden. Im ersten Stock von links Glaube, Gerechtigkeit, Liebe, im zwei ten Stock Beständigkeit, Tapferkeit, Hoff nung. in den Sturzfeidern des 3. Stockes Putten auf Lindwürmern reitend. Beispiel ei ner manieristischen Fassadendekoration, Verbindung allegorischer und grotesker Elemente. Wiederhergestellt 1968/69. 10 Enge 11: dreigeschossige, vierachsige Schauseite (siehe auch Ennskai 6) vermut lich vom Anfang des 17. Jhdts., als der ve nedigische Handeisherr Thomas Winkhier (1597-1610) Besitzer des Hauses war. Die Sgraffitierung des Fassadenspiegeis der Obergeschosse umfaßt: seitliche Ein fassung durch vertikale vegetabile Ranken bänder, sowie drei horizontale Bänder zwi schen den Geschossen, von denen das mittlere vegetabilisch ornamentiert ist, das obere und untere fischieibige Einhörner zie ren. Die Fenster besitzen profilierte Steinrahmungen und werden von geometrisch besetzten Sgraffito-Architekturrahmungen umgeben. Wiederhergestellt 1954 und 1979. 11 Enge 17: dreigeschossiger, vierachsiger Bau mit durchfensterter Vorschußmau er, im Kern ins 16. Jhdt. datierend. Die Sgraffitodekoration umfaßt Eckquader mit halbkreisförmig abgerundeten Binnenfei-
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