Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 2, 1980

Denkmalpflege Die Juwele der Kiosteriandschaft Spital am Pyhrn in neuem Glanz Erich Widder Der uralte Paßweg und die sich im Wechsel der Jahreszeiten immer wieder erneuernde Schönheit der vielgestaltigen Gebirgsland schaft zwischen der Talsperre Klaus und dem Übergang in das steirische Ennstal for derten die Gestaltungskraft des Menschen heraus: Das Lebensbedürfnis der Siedler auf diesem Wege und in den Talbecken hatte früh seine geistig-religiöse Überhö hung und in der Gründung des Hospizes weitreichende soziale Wirkung erfahren, die sich im Laufe der Jahrhunderte als ideale Faktoren der materiellen Kultur erweisen sollten. Nach den Kelten, Römern und Slawen, die noch im Ortsnamen Windischgarsten ver ewigt sind, hat sich die bayrisch-österreichi sche Kultur am nördlichen Zugang zum Pyhrn (der keltische Wortstamm bedeutet einfach Berg) in der Gründung des,,Spitals" einen Stützpunkt geschaffen, der Kreuzfah rern und Pilgern nach Rom dienen sollte; Stifter war Bischof Otto II. von Bamberg im Jahre 1190, neun Jahre später konnte das Hospiz mit seiner Kirche geweiht werden. Nach dem Ende der Kreuzzüge und der Ver legung der Papstresidenz von Rom nach Avignon wandelte im Jahre 1418 Bischof Al brecht von Bamberg das Pilgerhospital in ein Weltpriester-Kollegiatstift um. Die Chor herren führten unter der Leitung eines Dechanten ein klösterliches Gemeinschaftsle ben und betreuten die Seelsorge in diesem Gebiet. Der erste Kirchenbau, eine dreischiffige Basilika mit Nordturm, wurde 1434 nach dem gotischen Umbau neu geweiht. Bischof Friedrich von Aufseß, der nach sei nem Verzicht auf den Bamberger Bischof sitz seine letzten Lebensjahre in Spital am Pyhrn verbrachte, kann mit Fug und Recht als zweiter Stifter bezeichnet werden. Ihm sind auch der Bau der St.-Leonhards-Kirche beim Friedhof sowie die Kirchenbauten in Vorderstoder und St. Pankraz zu danken, die die Ausstrahlung der Seelsorge weit über Windischgarsten hinaus bis heute do kumentieren. Die Zeit der Bauernunruhen und Reforma tionswirren kann hier übergangen werden, obwohl sich Franz Xaver Pritz in seiner ,,Geschichte des einstigen Collegiatstiftes" die Bemerkung nicht verkneifen konnte, daß es unter Dechant Wolfgang Pruggner, der sich als einziger Stiftsvorsteher der neuen Lehre und der damit verbundenen Disziplin losigkeitverschrieb, ,,. . . gar sonderbar zu ging, aber auch die Geschichte des Stiftes interessanter wird"! Kaiser Maximilian II. setzte als Nachfolger dieses Dechanten, der von ihm entlassen Hofseitige Portalarohitektur des Osttraktes des ehemaligen Stiftsgebäudes Spital am Pyhrn vom Ende des 17. Jahrhunderts Sämtliche Aufnahmen vom Verfasser wurde, einen Wiener ein: Johann Jakob Gienger von Grünpühel. Dieser hatte von 1570 bis 1606 die Hauptlast jener unruhigen Zeit durchzustehen und wurde 1 605 durch eine Breve des Papstes Paul V. der erste Propst des Kollegiatstiftes. Im 17. Jahrhun dert wirkten über kaiserliche Bestellung Abte des Stiftes Kremsmünster als Admini stratoren und gaben bei den Propstwahlen den Ausschlag für erfahrene Männer der Seelsorge, deren einer, Propst Damian inama, 1642 als Dechant von Enns nach Spital ging und auch den Stiftsneubau be gann. Für das Gebäudegeviert südlich der Kirche werden als Baumeister zunächst Antonio Canevale für den westlichen Bibliotheks trakt (1841 abgebrannt!) genannt, Caspar Schoiswohl und Gipriano Novo erbauten die nördlichen und südlichen Langseiten des Rechteckhofes, der dann erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts durch die architekto nisch reicher mit Portalarchitektur und hof seitigem Arkadengang gestaltete Haupt fassade abgeschlossen wurde. Neben dem Stiftsneubau, der 1713 fertiggestellt war, gab es in diesem Jahrhundert Wirkungen bis nach Micheldorf, wo 1660 der Pfarrhof zu Heiligenkreuz errichtet wurde, im nachfol genden Jahrhundert die Ausstattung vieler Kirchen, sowie die Errichtung und Sanie rung von Schulbauten zu wesentlichen Auf gaben des Stiftes wurden. Last not least wurde der letzte Bauherr des Stiftes der be deutendste: Propst Heinrich Fürsten (1693-1732) begann im Jahre 1714 mit dem völligen Neubau der Stiftskirche, deren Lage wesentlich verändert wurde. Die goti sche Kirche war geostet und von unterge ordneten Stiftsbauten umschlossen; durch den Haupteingang gelangte man in den gro ßen Arkadenhof und erst durch den Nord trakt in den südlich der Kirche gelegenen Kreuzgang. Nach dem neuen Plan sollte die aus mächtigen Quadersteinen erbaute Fas sade zum Besuch des Gotteshauses einla den, diese ist bündig in die östliche Front der Stiftsgebäude gestellt, eine großzügige Stiegenanlage gestaltet den Vorplatz. Der Chorschluß des Neubaues, der bis 1730 fer tiggestellt war, liegt nun im Westen. 1736 wurde die neue Stiftskirche durch den Pas sauer Fürstbischof und späteren Kardinal Josef Dominikus Graf Lamberg eingeweiht. In den anschließenden vier Jahren schuf Bartolomeo Altomonte den Fresken schmuck des Chores. Die Frage des Bau meisters ist durch stilistische Merkmale so wie durch Rechnungen für das Freihaus in Linz gesichert, die der vielbeschäftigte Lin zer Johann Michael Prunner laufend gelegt hat. Auf Prunner weist vor allem die Gestalt der Emporen- und Giebelbildungen, auch die Materialwahl des Bodens, die mit jener der Dreifaltigkeitskirche in Stadl-Paura übereinstimmt, hin. Bruno Grimschitz danken wir die Charakte risierung des Bauwerks, die auch die Be gründung für den vor der Restaurierung be stehenden Kontrast zwischen Chorgestal tung und Langhaus beinhaltet: ,,lm Jahre 1841 vernichtete ein schwerer Brand die Dächer, die Turmhelme, die Orgel auf der Westempore und beschädigte die maleri sche Ausstattung des Langhauses, das seither statt der ursprünglichen farbigen Er scheinung das nüchterne Weiß einer Über malung aller Architekturglieder (bis auf die graue Steinfarbe der Pilastersockel und Ka pitelle) trägt. Die dreischiffige Langhausbasilika, zugäng lich durch die querrechteckige, von einem Platzigewölbe eingedeckte Vorhalle zwi schen den quadratischen Turmhäusern, schließt an die drei hohen, von vollen Platzlgewölben überdeckten Joche zwischen ge stelzten und abgetreppten Gurtbogenpaaren das quadratische und querrechteckige Joch des in halber Ellipse geschlossenen Chorraumes. Die querrechteckigen Joche

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