Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 1, 1980

Innere Landschaft (Für Karl Rössing, 1979) Trauern ist Ausruhn - und wenn alles vorbei ist: wieder beruhigt und zuversichtlich zurück auf den Weg gehn, über die Hügel hinauf in das Haus der vielen Fenster. Vielleicht ist nun ein anderer dort, der auf dich wartet. Von deinen Träumen sollst du keinen nennen. Sie dürfen nicht - von Namen zugedeckt - zu Asche werden. Sie müssen vielmehr ihre Flügel breiten und ohne Grenze, ohne Fesseln, fliegen und singen können - lautlos und ohne Wort. Denn das ist Sein. So schaut die Freiheit aus. Als die Vergangenheit beschloß, unsere Zukunft zu werden - Horns über dem kahlen Land - begannen die Engel, neue Gewänder über die Erde zu legen und die Wüste zu färben: damit das Zeichen gesetzt sei für die drei Lämmer. Die Kraft weitergeben, das Leben verschwenden, die Fülle hinein werfen in die Weite bis sie zurück kommt: im Kreis, in der Vollendung der Freiheit, im Sein. Sum Sumus Jahve. Erwarte die Adler, die als Herrscher kommen, und erschrick nicht, wenn für die tabula rasa Geier in ihrem Gefolge sind: die Tische zu säubern von den Skeletten. Erst wenn alles rein ist, ausgeräumt, offen, kann sich der Engel, der kommen will, niederlassen auf deiner Hand.

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