Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 1, 1980

Bücherecke Veröffentlichungen zum Steyrer Stadtjubiläum Jubiläen sind willkommene Anregungen für Auto ren und Verleger. So sind auch zur 1000-JahrFeier der alten Eisenstadt Steyr im heurigen Jahr interessante Publikationen zu erwarten. Derzeit liegen zur Ankündigung und Besprechung drei Ti tel vor, die als Herausgeberden OD. Landesver lag, die Molden-Edition und den Verein ,,1000 Jahre Steyr" haben. Helga Litschei ist mit ihrem liebenswürdigen Geschenkbändchen ,.Grüße aus Steyr, eine Aus wahl alter Ansichtskarten" der ,,erste Gratuiationsbote" gelungen. DerOÖ. Landesveriag Linz setzt mit diesem Verlagswerk seine photogeschichtiiche Serie fort. Die Autorin erweist sich einmal mehr als eine geschickte heimatkundliche Erzählerin. In ihrer Einführung gibt sie einen ge rafften Abriß der Stadtgeschichte. Die Daten und Fakten werden journalistisch gewürzt, so etwa mit dem Hinweis auf die 4. Auflage von Meyers Konversations-Lexikon aus dem Jahre 1890, in der Steyr als Stadt an der Bahnlinie St. Valentin-Pontafel, das heutige Pontebba, angeführt wird (Grenzdorf gegen Italien in der Geographie der Monarchie). Der Niedergang der mittelalter lichen Stadt im Zeitalter der Gegenreformation wird bildhaft deutlich, wenn wir erfahren, daß 1652 von 600 Bürgerhäusern lediglich noch 198 steuerfähig, 402 bankrott waren. Davon standen 141 leer, 17 waren verödet. Die Auswahl der alten ,,Correspondenz-Karten" umfaßt den Zeitraum von 1885 bis 1914. Als Quelle stand der Autorin die Sammlung von Karl Weberndorfer zur Verfügung, der nach seinem Tode am 23. April 1944 sein Material mit 5009 Nummern dem Museum seiner Heimatstadt übergab. Ergänzungen nahm Helga Litschei aus der Ansichtskartensammlung des 00. Landes museums vor. Selbstverständlich geht sie auch auf die Ge schichte der Photographie in Steyr ein, wobei vor allem auf die Leistungen von Emil Prietzei ver wiesen wird. Mit den wiedergegebenen ,,Grüßen aus Steyr" und den Biidbeschriftungen der Autorin können wir einen reizvollen kulturgeschichtlichen Spa ziergang durch die jubilierende Stadt machen. Auch Kenner des Steyrer Stadtbildes werden Neues entdecken. Prunkvoll ist die Festgabe der Molden-Edition, für die der bekannte österreichische Photograph Franz Hubmann die Aufnahmen und Carl Hans Watzinger neben einem einleitenden Essay die Textauswahi besorgten. Die Farbtafein von Franz Hubmann sind eine Augenweide. Sie vermittein eine neue Sicht des Steyrer Stadtbildes. Mit Liebe und Spürsinn durchforschte er die alten Gassen, Höfe, Fassa den und Kirchen der Stadt. Das Heimathaus im Innerbergerstadel wurde für ihn zu einer Fund grube. Die Anordnung der Farbtafeln erfolgte in zwei Biidblöcken, eine Schwarzweißserie setzt sich aus Aufnahmen von Franz Hubmann sowie von Preisträgern eines Wettbewerbes zusammen, den die Stadt Steyr und der Molden-Verlag ver anstaltet haben. Die Mitte des Buches nimmt eine Abbildungsserie ,,Steyr in alten Photographien" ein. Die Urheber dieser historischen Aufnahmen, die nostalgische Stimmung vermittein, sind im irhpressum ange führt. Erwähnung verdienen auch die knappen, stets treffenden Bildtexte von Christian Brand stätter und Hans-Peter Übieis, die als Heraus geber des Werkes zeichnen. Eine graphische Bereicherung, typisch für die Bedeutung des Eisens im Steyrer Kuiturbiid, sind im Text eingestreute Schwarzweißabbiidiungen mit Schmiedeeisenmotiven (Gitter, Türbeschiäge, Gasthaus-Ausleger u. a.). Viel Mühe gab sich Carl Hans Watzinger, der aus der reichen stadtgeschichtlichen Literatur über Steyr 109 Texte auswählte. Die einzelnen Kapitel lauten: Die Sage; Im Licht der Geschichte; Her zog Otakar IV.; Abschied von der Stiraburg; Der Name; Das Wappen; Prosaische Topographie der Altstadt; Dichterische Topographie der Stadt und ihrer nächsten Umgebung; Die Babenberger; Die Habsburger; Das große Priviiegium; Horo skop der Stadt Steyr; Alte Burgen, Schlösser, Kir chen; Die Stadtpfarrkirche; Die Michaelskirche; Die Dominikanerkirche; Bürgerspitalskirche und Bürgerspitai; Bruderhauskirche; Der Friedhof; Das Rathaus; Das Bummerihaus; Wirtshaus schilder; Der Innerbergerstadel; Das Steyrer Kripperi; Von der Ennsschiffahrt; Hans Gasteiger, der Erbauer des Treppelweges und des Neu tores; Inschrift am Neutor; Schiffarten; Die Schiffmeister; Eisen für immerdar; Herzog Ernst der Eiserne; Auch Steyr sieht sich vor; Der be schwerliche Weg zur Innerberger Hauptgewerk schaft; Vom ehrsamen Handwerk; Die Messerer; Die Steyrer Meistersinger; Die Tabakmacher; Ka tastrophen; Waffenkönig Josef Werndl; Musik und Musiker; Ein anderer Steyrer Freund Franz Schuberts; Literarische Gäste; Enrica von Handel-Mazzetti; Krankenhausbau; Die ,,Neue" Fa brik; Das Ennstai; Die Wasserkraftwerkskette der Enns; Das Steyrtal; Burg Altpernstein; Die blauen Sensen; Die Kulturlandschaft der ,,Eisenwurzen"; Frauenstein; Noch ein neues Museum; Der Kreis schließt sich; Geburtstagsbrief an eine Stadt (von Irene Mitter). Diese Zusammenstellung erforderte sicherlich viel Mühe. Ein Wunsch bleibt allerdings offen! Es wäre günstig gewesen, die Autoren vorzustellen. Wer kann schon mit Namen wie Franz Xaver Pritz oder Anton Rolieder etwas anfangen, wenn er in der Landeskunde Oberösterreichs und der Stey rer Stadtgeschichte nicht bewandert ist? Alles in allem ist dieser Prachtband als eine ex klusive veriegerische Leistung anzuerkennen. Die Stadtgemeinde Steyr wollte sich offensicht lich auf private initiativen nicht allein verlassen und bereitete ihrerseits die Herausgabe einer Festschrift vor. Die Auftragserteilung erfolgte an einen eigens gegründeten Verein ,,1000 Jahre Steyr", das Copyright liegt Jedoch bei der Stadt, die Textredaktion wurde, wie beim Bildband der Molden-Edition, Professor Carl Hans Watzinger übertragen, Bildautor ist ausschließlich der Stey rer Photograph Alois Kranzmayr. Aufmachung und Gestaltung dieser Festschrift, also ihr äußeres Kleid, wirken zunächst überra schend. Das Layout ist konservativ: keine abfal lenden Bilder, breiter Satzspiegelrand, Verzicht auf typographische Experimente. Nach längerer Betrachtung dieses festlichen Buches wandelt sich die erste Skepsis jedoch bald in Zustim mung. Die Texte, die 69 Farbbilder, aber auch der saubere Druck wirken überzeugend. Alois Kranzmayr hat einen anderen Photostil als Hans Hubmann. Er kann mit seinem berühmten Wiener Kollegen jedoch jederzeit Schritt halten. Seine Bilder sind in Phototechnik und Bildauffas sung vorzüglich, manche Photos sind Kostbar keiten, wie etwa Nr. 2 Renaissance-Hof am Stadtpiatz, die Aufnahmen aus dem Heimathaus (Nr. 7 bis 12), Nr. 31 Taufbecken in der Stadt pfarrkirche aus 1569, Nr. 36 Mesnerstiege u. a. Interessant und abwechslungsreich sind die Tex te. Kommen im Molden-Buch in erster Linie histo rische Autoren zu Wort, so ist in dieser Festschrift vor allem die literarische Gegenwart vertreten. Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger, der sich in liebenswürdiger Weise an seine Steyrer Bürgerschuljahre erinnert, und Bürgermeister Franz Weiß schrieben Einklang und Auskiang. Carl Hans Watzinger bewährt sich als kenntnis reicher Kulturhistoriker: Tabor-Totenstadt inmit ten neuen Lebens; Der innerbergerstadel; Erin nerung an das alte Barocktheater; Kunsthand werk, bildende Kunst, Musik, Literatur und Wis senschaft; Christkindi - Wallfahrtsort und Weit postamt; Die großen eisenverarbeitenden Fabri ken; Liebe kleine Steyrtai-Bahn. Mit weiteren kuiturgeschichtiichen Beiträgen assistieren ihm der Leiter des Steyrer Kuituramtes Dr. Volker Lutz (im Anfang war die Styraburg, Bauten aus einem hal ben Jahrtausend, Das Schulwesen Steyrs bis zur Neuordnung unter Maria Theresia), Stadtbau direktor Dipl.-Ing. Otto Ehier (Flußbrücken einst und jetzt. Neue Wohn- und Siedlungsgebiete), der bewährte Heimatforscher Hofrat i. R. Dipl.- Ing. Hermann Goidbacher mit seinem Beitrag ,,Denkmäler, Gedenktafeln, Inschriften", Fritz Weidinger (Die Stadt und das Werk), Walter Kerbi (Sport und Spiel), Heimut Berger (Schuistadt Steyr - Das Schulwesen in unserer Zeit). Dank bar erinnern wir uns am Beispiel des Mundart gedichtes ,,Da aitö Hof" und des Aufsatzes über ,,Die alte Schwimmschule am Wehrgraben" an den verdienstvollen Heimatdichter und Lokal historiker Gregor Goidbacher. Erfreulich ist die starke Vertretung der Dichtkunst mit Heinrich von Ofterdingen, dem sagenhaften Minnesänger, Veronika Handigruber-Rothmayer (Ode an das Steyrer Bummerihaus), Waltraud Oser (Tausend Jahre), Enrica von Handel-Mazzetti (Die Heimat meiner Kunst), Eva Lubinger (Kurzer Besuch in der Vaterstadt), Dora Dunki (Loblied auf den Mostbirnbaum), Albert Mitringer (,,Die Gegend um Steyr ist ülser allen Begriff schön" und An die Musik Anton Bruckners), Hugo Schanovsky (Stadt der Kindheit). Veronika HandigruberRothmayer schrieb auch einen kulturgeschicht lichen Beitrag über das Steyrer Kripperi und Carl Hans Watzinger steuerte neben Herausgeber schaft und den schon angeführten Abhandlungen zwei eigene Gedichte bei: Meinem verstorbenen Bruder und Übertragung des Straßburger Meisteriiedes aus dem Jahre 1597, in dem Steyr un ter den deutschen Meistersingerstädten genannt wird. Neben dem Prachtband der Molden-Edition kann diese stadteigene Festschrift durchaus beste-

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