Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 1, 1980

Kunst der Gegenwart Basis Haiistatt — die Biidhauerkiasse der BFS Haiistatt Hallstatt, im südlichsten Salzkammergutgelegen, ist weltbekannt durch seine 4500jährige Geschichte. Wie wir aus Grabungsfun den wissen, siedelten am Salzberg bereits Menschen der jüngeren Steinzeit, Bronze zeit und Eisenzeit sowie die Römer im Orts teil Lahn. Prähistorische Funde gaben einer europä ischen Kulturstufe den Namen Hallstattzeit bzw. Hallstattkultur. Ebenso weltbekannt aber ist Hallstatt durch seine landschaftliche Schönheit. In der romantischen Stilepoche und im Bie dermeier war Hallstatt ein beliebter Treff punkt von Malern und Dichtern. Ferdinand Georg Waldmüller und Rudolf von Alt z. B. malten des öfteren in Hallstatt und Adalbert Stifter machte hier Studien zu seiner Erzäh lung ,,Bergkristall". Der norddeutsche Dich ter Wilhelm Raabe kam wegen der prähisto rischen Funde eigens hierher und schilderte in der humorvollen Erzählung ,,Keltische Knochen" die eindrucksvolle Begegnung mit den Gräberfunden im Hallstätter Salz berg-Hochtal. Und hier in Haiistatt steht auch die weit über unsere Landesgrenzen bekannte Bundes fachschule für Holzbearbeitung mit ihrer äl testen Abteilung, der Hoizbiidhauerei. Diese Schule wurde 1873 als k. k. Fach schule für Holzschnitzerei und Marmorbe arbeitung - so lautete die damalige Be zeichnung - gegründet. Die Biidhauerkiasse besteht somit seit mehr als 100 Jahren und kann mit Recht als Keimzeile der heutigen Schule bezeichnet werden, aus der zu allen Zeiten, seit ihrem Bestehen, ausgezeichnete Talente hervor gegangen sind. Die Schule war von 1873 bis 1905 im Gebäude des ehemaligen Gemein deamtes von Haiistatt am malerischen Marktplatz untergebracht. Wie kam es zur Gründung dieser Schnitz schule und warum gerade in Hallstatt? Nun, im Salzkammergut - und besonders im in neren Bereich dieser Region - gab es im 18. und 19. Jahrhundert eine ausgeprägte Heimindustrie für das holzverarbeitende Gewerbe, unter anderem auch für Holz schnitzerei, Drechslerei und auch für Stein bearbeitung. in der zweiten Hälfte des vori gen Jahrhunderts verdrängte die indu strielle Entwicklung immer mehr diese Heim industrie, wodurch der Absatz der heim erzeugten Holzwaren ins Stocken geriet. Wollten die Handwerker dieser Entwicklung standhalten können, mußten sie sich den Anforderungen der neuen Fertigungsme thoden gewachsen zeigen. Die Notwendig keit einer besseren Schulung bzw. Ausbil dung der im Saizkammergut zahlreich an sässigen, talentierten jungen Menschen Georg Zauner dürfte auch an höherer Stelle erkannt wor den sein und so wurde eben im Jahre 1873 auf Anordnung des k. k. Handeisministe riums diese Schule ins Leben gerufen. Hallstatt bot sich als Standort für die Erler nung eines künstlerischen Berufes durch seine bedeutende kulturelle Vergangenheit, seine ruhige Lage sowie seine Naturschön heiten und Sehenswürdigkeiten geradezu in idealer Weise an. Der Lehrplan an dieser Schule wurde im Hinblick auf die Erzeugnisse der Industrieso erstellt, daß die Schüler nicht nur eine aus gezeichnete künstlerische, technische und materialgerechte Ausbildung erhielten, sondern ebenso in fachtheoretischen sowie betriebswirtschaftlichen und auch in allge meinbildenden Gegenständen unterrichtet wurden. Die Ausbildung war also schon da mals umfassend und von hohem Niveau. Damit wurde talentierten, jungen Menschen eine Förderung und Entwicklung ihrer Fä higkeiten auf dem Gebiet der Holzschnitze rei und Steinbearbeitung geboten, um sie für kommende Aufgaben ihres Berufslebens optimal vorzubereiten. In den Anfängen dieser Schnitzschule wur den aber nicht nur junge Menschen ausge bildet. Es gab damals auch unter fachlicher Anleitung öffentliche Zeichenkurse für Ge werbetreibende und künstlerisch Interes sierte, die regen Zuspruch fanden. Von welch hohem Rang die Ergebnisse der Ausbildung schon damals waren, zeigt die Beteiligung an diversen Weitausstellungen mit Medaiiiengewinnen in Gold, Silber und Bronze. 1878 beispielsweise - also fünf Jahre nach ihrer Gründung - wurde der Schule für ihre künstlerische Leistung auf der Pariser Weltausstellung die große gol dene Medaille zuerkannt. Auf Grund dieser hervorragenden Leistun gen wurden an die Schnitzschule auch öf fentliche Aufträge vergeben. So kam es 1887 zur Ausführung eines neugotischen Flügelaitares für die katholische Pfarrkirche in Hallstatt und dadurch in weiterer Folge zur Gestaltung von anderen Altären und sakra len sowie profanen Gegenständen. Diese ausgereiften künstlerischen Ergebnisse dürften wohl der Grund gewesen sein, daß der Schule nunmehr neben der bereits be stehenden Schnitzerei auch eine Abteilung für Holzbildhauerei zuerkannt wurde. Die Biidhauerkiasse hatte durch die rege Auftragstätigkeit wesentlichen Anteil an der Verbreitung der Neogotik zu Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Oberösterreich. Absolventen der Schule gründeten z. B. in Linz und Ottensheim große Werkstätten, in denen quaiitätsvolie Arbeiten ausgeführt wurden. Wir können heute mit einer objektiveren und daher ge rechteren Beurteilung - weil wir den Zeit geist von damals berücksichtigen müssen - die künstlerischen Leistungen aus dieser Periode auch als Pluspunkte für diese Schule gelten lassen. Erwähnenswert erscheint mir auch die Re stauriertätigkeit an der Biidhauerkiasse, weil die Berufssparte des Restaurators viel fach das Bildhauerhandwerk voraussetzt und im gewerblichen Bereich Aufträge die ser Art anfallen können. Von den vielen Aufträgen, die in dieser Art ausgeführt wurden, sollen als besondere Beispiele die Restaurierungen des alten go tischen Flügelaltars in der katholischen Pfarrkirche von Hallstatt und des berühmten Kefermarkter Altars angeführt werden. Aus all dem Ist zu ersehen, daß die Biidhau erkiasse der Bundesfachschule Hallstatt immer eine starke Ausstrahlung hatte. Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß die Steinbearbeitung, im Gegensatz zur Holzbildhauerei, in Hallstatt keine beson dere Entwicklung erfuhr. In Anbetracht der damals äußerst hohen Transportkosten bei Zubringung von Marmor wurde die Steinbe arbeitung im Jahre 1898 aufgelassen. Heute muß man diese Maßnahme als Fehlent scheidung bezeichnen, weih die Arbeit im Material Stein Möglichkeiten für weitere künstlerische Ausdruckformen bietet. Der eingeschlagene Weg der Ausbildung erwies sich im allgemeinen jedoch richtig. Die Schule war in einer ständigen Aufwärts entwicklung begriffen, so daß im Jahre 1905 ein größeres Schulgebäude errichtet wer den mußte, um den neu hinzugekommenen Abteilungen und dem vermehrten Schüler andrang Rechnung tragen zu können. Hatte die Biidhauerkiasse früher nur Platz für ca. zehn, so stieg mit dem Neubau die Kapazität auf mehr als zwanzig Schüler an. Das neue Schulgebäude wurde im Ortsteil Hallstatt-Lahn, direkt am See gelegen, als dreistöckiges Gebäude errichtet und gibt heute noch, mit dem inzwischen auf zwei Trakte angewachsenem Haus, diesem Orts teil sein Gepräge. Der Weltkrieg 1914-1918 und die darauffol gende wirtschaftliche Stagnation der zwan ziger Jahre wurden für die Schule wohl spürbar, konnten jedoch ihren Bestand kaum beeinträchtigen. Es leben z. B. heute noch Absolventen der Biidhauerkiasse aus diesem Zeitraum, die den Beruf des Bild hauers und Künstlers ausüben. Es wird spä ter davon noch die Rede sein. Der Ruf der Schule als qualitätsvolle Ausbil dungsstätte nahm ständig zu und als Folge davon stiegen auch die Schülerzahlen. Die Anstalt wurde daher 1938-1941 mit dem

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