Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 1, 1980

Abb. 5: Funde vom Beginn der Ausgrabungen Ramsauers, Bleistiftzeichnung von Johann Zierler aus einem Erzherzog Franz Carl gewidmeten Heft, 1847. T»h: 1. Grte/se. /Öl Fünfzigerjahren dann endlich den von der Fachwelt schon lange geäußerten Wunsch nach der umfassenden Publikation der Hallstätter Gräber. Er stützte sich dabei vor al lem auf die einzige von Ramsauer eigen händig geschriebene Textfassung und be trachtete die anderen, teilweise abweichen den Grabungsprotokoiie als Abschriften von geringerer Bedeutung. Aus dem Briefwech sel Ramsauers konnte er zwei weitere Gra bungsberichte (für den Großherzog von Mecklenburg und für eine russische Gräfin) nachweisen. Bei der Aufteilung der Fund stücke auf die einzelnen Gräber hielt sich Kromer an die Inventarisierung von 1888/ 1895. Durch seine verdienstvolle Arbeit waren die Hallstätter Gräber nun allgemein zugänglich geworden, und wer wollte, konnte an ihnen chronologische, soziologische Fragen usw. studieren. Es gab allerdings auch kritische Stimmen, die die wissenschaftliche Aus wertbarkeit des Materials nach hundert Jah ren Forschungsgeschichte in Frage stellten. Ein 1972 in München aufgetauchter kleiner Bericht Ramsauers über fünf Gräber aus dem Jahr 1861, der in manchem von den bisher bekannten Fassungen abweicht und die Problematik der alten Inventarisierung aufzeigt, bot dieser Skepsis neue Nahrung und führte zu der Forderung, das Hallstätter Material bloß als große Fundmasse ohne verläßlich erkennbare Grabzusammen hänge zu betrachten. Diese pauschale wissenschaftliche Bank rotterklärung des Gräberfeldes blieb nicht unwidersprochen. Jedenfalls war es nun aber klar, daß der gesamten Grabungs-, Dokumentations- und Sammlungsge schichte von Grund auf nachgegangen wer den mußte, wollte man den tatsächlichen wissenschaftlichen Wert der weltberühmten Nekropole bestimmen. So begann auf Initiative des Wiener Prähi storikers Fritz Eckart Barth Hallstatts zweite Ausgrabung: diesmal nicht mit dem Spaten, sondern in Archiven, Bibliotheken und Mu seen. Der Fonds zur Förderung der wissen schaftlichen Forschung finanzierte ein drei jähriges Forschungsprojekt am Naturhisto rischen Museum, Fachleute im In- und Aus land boten ihre Mitarbeit an. Noch vor Pro jektbeginn konnte die Prähistorische Abtei lung den Tafelband zum eigenhändig ge schriebenen Grabungsprotokoll Ramsauers und eine zeitgenössische Kopie der Illustra tionen aus Privatbesitz erwerben; zwei wei tere Berichte tauchten in Oxford und London auf. Systematische Suche förderte dann die hundert Jahre lang verschwunden gewe sene Dokumentation für Wien und einen weiteren Tafelband in Zürich zutage. Es zeigte sich auch bald, daß verschiedene Ar chive - vor allem das Oberösterreichische Landesarchiv - eine Fülle von bisher unbe kannten Akten über die Hallstätter Ausgra bungen und einige wichtige kleinere Be richte aus den ersten Grabungsjahren be wahrt haben. Ramsauer forschte ja als kai serlicher Salinenbeamter und nicht als Pri vatmann, und die Grabung behielt auch nach 1848 eine Art halbamtlichen Charak ter; daher waren Salinenoberamt und Hof kammer, Traunkreisamt und oberösterrei chische Statthalterei, Oberstkämmereramt und verschiedene Ministerien immer wieder mit den Funden vom Salzberg, ihrer Doku mentation und ihrem musealen Schicksal befaßt. Zusammen mit der Privatkorrespon denz Ramsauers sind es Hunderte von Schriftstücken, die wichtige Fragen klären und teilweise zu einer völlig neuen Bewer tung der von Kromer herangezogenen Quel len führen. Als ebenso wichtig erweist sich die syste matische Durchforschung der gedruckten und ungedruckten zeitgenössischen Litera tur über die Hallstätter Ausgrabungen. Zei tungsmeldungen, Aufsätze in den ,,Illu strierten" der damaligen Zeit, Tagebücher prominenter Besucher enthalten oft er staunlich detaillierte Angaben über Ram sauers Arbeitsweise und bieten durch die genaue Beschreibung einzelner Gräber die Möglichkeit, die Angaben in seinen Berich ten zu kontrollieren. Ein Abschluß der Forschungsarbeiten ist noch lange nicht in Sicht, doch lassen sich bereits jetzt einige wesentliche Aussagen machen. 1847 legte Ramsauer dem Salinenoberamt in Gmunden erste offizielle Berichte in Form von drei Heften vor, in denen alle wichtigen Funde-und Befunde der Jahre 1846 und 1847 grabweise durch Bleistiftzeichnungen illustriert sind. Bereits diese Hefte wurden teils in Hallstatt selbst, teils in Linz mehr mals kopiert; eine Fassung erhielt Erzher zog Franz Carl, einer der ersten prominen ten Besucher der Grabung, zum Geschenk (Abb. 5). Eigene Aufzeichnungen Friedrich Simonys und des vom Linzer Museum zur Beratung Ramsauers nach Hallstatt ent sandten Georg Weishäupl bieten eine ge wisse Kontrollmöglichkeit für diese frühe Dokumentation. Von 1848 bis einschließlich 1854 verfaßte Ramsauer zunächst für das Linzer Museum, später dann auch für Wien jährliche Berichte mit ebenfalls grabweiser Bilddokumenta tion: auf jeweils einem oder zwei Blättern wurden die aus einem Grab stammenden Funde und oftmals auch die Grabsituation in Aquarellen festgehalten. Die Grabungs jahre 1846 und 1847 sind - um eine ausführ liche Einleitung erweitert - nochmals darge-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2