Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 1, 1980

forschte durch Abräumung von einigen Quadrat Klaftern Erdreich, und sorgfältige Gewinnung des Erdreichs und Schotter mit allem Fleiße nach, wie und auf welche Weise diese Antiken vorkommen, wobei sich durch das Erscheinen von Menschen knochen und Verfolgung derselben bald zeigte, daß in der Tiefe von 2 bis 3 Fuß ganze Skelette sich befinden, aus der or dentlich und gleichen Lage derselben deut lich zu erkennen ist, daß hier ein Leichenbe gängnis bestanden haben muß . . Hier kommt ein durchaus wissenschaftlich zu nennender Forschungsdrang zum Aus druck. Ramsauer war sich von Anfang an bewußt, daß er es nicht bloß mit Bronzen, Tonscherben und Knochen, sondern mit Quellen historischer Erkenntnis zu tun hat te. Dieser Respekt vor Bodenfunden, sein an bergmännischen Problemen geschulter aufmerksamer Blick, seine gründliche Aus bildung im Vermessen und Zeichnen, sein Fleiß und nicht zuletzt auch sein Ehrgeiz verbanden sich in ihm in glücklicher Weise und machten aus ihm einen Pionier der mo dernen Feldarchäologie, der in vielem sei nen akademisch gebildeten Fachkollegenzumindest in Österreich - weit voraus war. Im Sommer 1847 setzte Ramsauer seine Forschungen planmäßig fort. Seinen Vorge setzten gegenüber berief er sich dabei auf zwei Dekrete der Wiener Hof kanzlei überdie Behandlung von Altertumsfunden. Er be trachtete die Funde als Eigentum des Sali nenärars und wollte die Weiterführung der Ausgrabungen als dienstliche Angelegen heit verstanden wissen. Die k. k. Hofkam mer in Münz- und Bergwesen war damit zu frieden, solange ihr aus Ramsauers Tätig keit keine besonderen Kosten erwuchsen, und schaltete sich sogar als eine Art Ober aufsicht in die Grabung ein. Mit der Revolu tion von 1848 änderte sich diese Situation freilich grundlegend. Die Behörden hatten nun anderes zu tun, als Grabungsanwei sungen zu geben, und gleichzeitig gewann Ramsauer mit seinem zähen Arbeite- und Lerneifer zunehmend Sicherheit als selb ständiger Ausgräber. Interessanterweise unternahm er dabei aber nie den nahelie genden Versuch einer historischen Interpre tation seiner Funde. Hier kannte er seine Grenzen und überließ das Feld dem um die oberösterreichische Landesgeschichte hochverdienten Schulrat Joseph Gaisberger, Chorherr in St. Florian, beziehungs weise seinem Freund Friedrich Simony, dem bekannten Alpenforscher. Simony war es auch, der Ramsauer 1850 den Rat gab, die bisher gemachten Funde sozusagen als seinen Privatbesitz nach Wien zu verkaufen und diesen Verkauf dann auch vermittelte. Ramsauer erhielt damals für seine Samm lung den ansehnlichen Betrag von 1000 Gulden; die folgenden Fundsendungen kaufte ihm das Münz- und Antikenkabinett nicht ab, sondern vergütete mit Hilfe von kaiserlichen Sonderdotationen seine Aus lagen für das Freilegen, Restaurieren, Zeichnen und Beschreiben der Funde. Bereits 1847 hatte Ramsauer von dem jun gen, ambitionierten Linzer Musealverein Anweisungen für die Dokumentierung sei ner Grabungen erhalten: in einem Gra bungstagebuch jede Auffindung zu vermer ken, jede Grabstätte einzeln zu beschrei ben, Skelett- und Fundlagen genau festzu halten und jedes Fundstück mit einer fort laufenden Nummer zu bezeichnen. Ram sauer hielt sich auch getreu an diese für die damalige Zeit erstaunlich fortschrittlichen Richtlinien und sicherte damit den Hallstätter Gräbern erst ihren eigentlichen wissen schaftlichen Wert als geschlossene, gut be obachtete Funde. Es ist ein österreichisches Schicksal, daß gerade diese Leistung von berufener Seite kaum anerkannt, ja sogar teilweise zunichte gemacht wurde. Im Münz- und Antikenkabi nett freute man sich über den Zuwachs an publikumswirksamen Schaustücken, hatte aber keinen Blick für den historischen Aus sagewert eines geschlossenen Grabfundes. So legte man in der Sammlung Fibel zu Fi bel, Armring zu Armring und dürfte Ram sauer eines Tages empfohlen haben, die bereits bei der Freilegung zerfallenden und daher nicht übersendbaren Fundstücke, wie etwa stark korrodierte Eisenobjekte, doch nicht mehr in die laufende Numerierung der Funde aufzunehmen. Auch die illustrierten Grabungsberichte, die Ramsauer als wichtigen Bestandteil der Sammlung ansah, wurden in Wien nicht sonderlich hoch geschätzt. Als Ramsauer 1858 ein Majestätsgesuch um unentgeltli che Drucklegung seiner Dokumentation in der Staatsdruckerei einreichte, wurde es dem Direktor des Münz- und Antikenkabi netts zur Begutachtung vorgelegt und von ihm negativ beurteilt; daß der am Kabinett beschäftigte Freiherr Eduard von Sacken damals schon eine eigene Hallstatt-Publi kation plante, mag dazu beigetragen haben. Im Qktober 1863 schloß Ramsauer die Gra bungen ab: nahezu 1000 Gräber mit etwa 2500 Fundnummern waren nun freigelegt und dokumentiert, das Gräberfeld schien weitgehend erschöpft. Mit Jahresende trat er in den wohlverdienten Ruhestand und übersiedelte nach Linz. In den nächsten Jahren durchwühlten Be fugte und Unbefugte das Gelände nach wei teren Bestattungen - nicht ohne Erfolg, wie Abb. 2: Johann Georg Ramsauer (1795-1875). Foto; Prähistorische Abteilung im Naturhistori schen Museum Wien die Bestände vieler Museen in aller Welt zeigen. Erst ab 1871 kam es wieder zu sy stematischen, gut dokumentierten Grabun gen. Hier ist eines ebenso fleißigen wie be scheidenen Mannes zu gedenken, der für seine Verdienste nur wenig Dank erhielt: Isidor Engl, ebenfalls Salinenbeamter in Hallstatt (Abb. 3). Seine Rolle bei den Gra bungen Ramsauers wurde bisher über schätzt - so stammt keineswegs, wie oft mals behauptet, die gesamte bildliche Do kumentation zu Ramsauers Berichten von Engl -, seine Bedeutung als selbständiger Ausgräber in der Ära nach Ramsauer hin gegen unterschätzt. Unermüdlich grub, schrieb und zeichnete er (Abb. 4) und blieb doch im Schatten seiner Vorgesetzten be ziehungsweise der Musealbeamten, die of fiziell seine Grabungen leiteten. - Von spä teren Grabungen seien noch jene der Groß herzogin von Mecklenburg (1907) und die von Friedrich Merten (1937 bis 1939) er wähnt. Aberzurückzu Ramsauer. Nach dem Schei tern seiner eigenen Publikationspläne freute er sich über die Nachricht, daß Edu-

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