Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 4, 1979

Viktor Tilgner, mit dem er befreundet war, ein Grabdenkmal auf dem Steyrer Friedhof schaffen: zwei Frauengestalten trauern über seiner letzten Ruhestätte innerhalb ei ner Berggalerie,auf der ein einfaches Kreuz die Auferstehung symbolisiert, die auch ihm zuteil werden möge.Ob erje daran geglaubt hat, ist wohl zu bezweifeln. Er war kein Gläubiger im Sinne der katholischen Kirche. Gott liebt jedoch Menschen, wie Josef Werndl einer war. Er liebt die Tüchtigen, die sich für andere mit ihrer ganzen Kraft ein setzen, es müssen nicht immer diejenigen sein, die sich ins Rampenlicht der Gegen wart drängen. Menschliches Flandeln geht allerdings oft seltsame Wege. So hat sich um dieses Grabmal des Waffenkönigs und Steyrer Ehrenbürgers Josef Werndl nach dem Zweiten Weltkrieg (!) eine Groteske entwickelt,die man den Bürgern von Schiida zuschreiben könnte. Nach so vielen Jahren der Grabruhe für Werndl fand man heraus, daß seine letzte Ruhestätte eigentlich kein Ehrengrab sei, und verlangte die Nachzah lung der Grabgebühr seit 1889. Es ist nie ganz in die Öffentlichkeit gelangt, wer diese Forderung erfunden hat. Ein Großneffe des Toten, der nun auch schon verstorben ist, nahm die Sache energisch in die Hand und fegte die Forderung nach ein paar Verhand lungen vom Tisch. Eine Gebärde des Stey rer Waffenkönigs auf dem hohen Sockel des Denkmals auf der Promenade, diese nach vier Arbeitern (Schmied, Büchsenmacher, Grüßender mit gezogener Kappe in der Hand und Rentner, der das Bildnis Leopold Werndls hält) ausgestreckte Rechte,so,als wolle sie die Werndier über den Tod hinaus immerzu grüßen, könnte es gewesen sein, die einen der Initiatoren der Grabgebühren nachzahlung in einer guten Stunde zur Ein sicht gebracht hat, mit dem Grab alles so zu belassen, wie es seit sechzig Jahren gewe sen ist. Das Werndl-Denkmal auf der Handei-Mazzetti-Promenade ist das einzige in die Au gen stechende Monument, das Steyr be sitzt, sieht man von dem Bruckner-Denkmal ab, das, freilich bescheidener, nicht sehr günstig am Rande des Bruckner-Platzes aufgestellt ist und als Erklärung für diesen Standort nur die historische Tatsache an führen kann,daß Anton Bruckner hier gerne seine Morgenspaziergänge gemacht hat. Dabei mag Ihm so manche Melodie einge fallen sein,die uns heute beglückt, und insoferne ist der Ort für sein Denkmal wieder gut gewählt. Josef Werndl ist oft in seiner Kutsche über den Platz gefahren, auf dem sein Denkmal steht. Sein Spruch ,.Arbeit ehrt" scheint heutzutage in den Hintergrund gedrängt. Er soll aber für uns Menschen einen morali schen Antrieb geben, dann erst kommt die Prosperität, oft sogar in seinem Gefolge, wie bei Josef Werndl. Daß sich Werndls Leben in Verbindung mitder Waffenerzeugung und dem Waffenhandel, beides für die Kriegsrü stung bestimmt, aus einfachen bürgerli chen, wenn auch nicht ärmlichen Verhält nissen zu Reichtum und Wohlstand hin ent wickelt hat, überschattet im Rückblick auf zwei schreckliche Weltkriege sicherlich sei nen Nachruhm. Werndl ist aber im Grunde kein Großindustrieller gewesen, dessen Charakter sich etwa als der eines Ausbeu ters und Geidraffers erwiesen hätte. Er wahrte immer seine Menschlichkeit,obwohl gerade er das Doppelgesichtige im irdi schen Dasein und Erleben an sich nicht ausschalten konnte. Ehrengrab der Stadt Steyr für Josef Werndl am Stadtfriedhof. Foto: Fr. Gangl

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